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Witten: Haushaltsentwurf 2022: Corona-Isolation überdeckt wahre Situation

08.10.2021: Der neue Haushaltsentwurf...

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Ein nur flüchtiger Blick in den neuen Haushaltsentwurf der Stadt Witten könnte zu der – vermeintlichen – Erkenntnis führen, dass die Lage doch ganz in Ordnung wäre. Die Einnahmen („Erträge“) scheinen die Ausgaben („Aufwendungen“) zu übersteigen. Das funktioniert allerdings nur mit einem Trick: der Corona-Isolation. Diese sorgt nämlich de facto dafür, dass die enormen Schäden, die die Pandemie dem städtischen Haushalt zugefügt haben, voraussichtlich noch für Jahrzehnte die Zahlen belasten werden. „Ich habe den letztjährigen Haushalt als einen ‚mehr als außerordentlichen Haushalt‘, als ‚Krisenhaushalt‘ bezeichnet. Das gilt uneingeschränkt auch für den Haushaltsentwurf 2022“, so Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt.

Mit Isolierung und unter Berücksichtigung von Maßnahmen des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) rechnet Kleinschmidt für 2022 mit einem Überschuss von etwa 730.000 Euro (2023: rund 160.000 Euro, 2024: rund 1,8 Millionen Euro, 2025: rund 5 Millionen Euro). Ohne Isolierung aber kippen die Zahlen massiv in die andere Richtung. Demnach wäre für 2022 mit einem Verlust von mehr als 19 Millionen Euro zu rechnen. In den Folgejahren würden die Zahlen zwar kleiner, blieben aber negativ: 2023 liegt das Minus bei über 13,7 Millionen Euro, 2024 bei etwa 7,6 Millionen Euro, 2025 bei 2,9 Millionen Euro.

Gewerbesteuer bleibt auf Jahre hinaus unter Erwartungen

Besonders stark trifft Witten dabei der Rückgang der Gewerbesteuer. Im Corona-Jahr 2020 hatte sie sich fast halbiert (von knapp 60 Millionen Euro auf gut 30 Millionen Euro). „Sie hat sich zwar etwas deutlicher erholt, als letztes Jahr noch befürchtet. Dennoch bleibt sie deutlich hinter den Prognosen zurück, die wir vor der Krise aufgestellt hatten“, erklärt Matthias Kleinschmidt.

Ein Unsicherheitsfaktor für das Jahr 2024 ist die Grundsteuer. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Ausgestaltung als verfassungswidrig eingestuft. Wie aber nun Grund und Boden zukünftig bewertet werden sollen und welche Steuereinnahmen daraus für die Kommunen entstehen, ist aktuell noch immer unklar.

Kurzfristig unklar ist zudem, ob die Schlüsselzuweisungen (Gelder aus dem kommunalen Finanzausgleich) des Landes Nordrhein-Westfalen wie geplant steigen und ob sie zurückgezahlt werden müssen.

Ausgaben steigen weiter

Während die Einnahmen durch die Pandemie deutlich gesunken sind, haben die Ausgaben sich konstant entwickelt. Die Ausgaben für Betriebskostenzuschüsse für Kitas und weitere Ausgaben besonders im Bereich des Amtes für Jugendhilfe und Schule sind erneut angestiegen – so, wie es schon seit einigen Jahren zu beobachten ist. Auch die Kosten für den Personalaufwand sind weiter gestiegen. Das liegt an den relativ hohen Gehaltssteigerungen und daraus folgend auch am höheren Versorgungsaufwand (Aufwendungen für Pensionen).

Neue Stellen für Verkehrsplanung, Tiefbau und Bürgerservice

Mit dem Haushaltsentwurf ist auch ein neuer Stellenplan verbunden. Demnach sollen 43 neue Stellen geschaffen werden. Schwerpunkte dieser Aufstockung sind im Baudezernat (10 Stellen, vor allem für Verkehrsplanung und Tiefbau) und 8,5 Stellen im Bürgerservice. „Diese Stellen resultieren aus Aufgaben, die wir jetzt schon haben und die neu hinzugekommen sind“, erklärt Matthias Kleinschmidt.

Schwierige Sachentscheidungen erwartet

Die finanzielle Lage der Stadt Witten bleibt also schwierig – und das wohl auf Jahrzehnte hinaus. Kurzfristig bedeutet das: „Wir werden Prioritäten setzen und auch schwierige Sachentscheidungen treffen müssen“, so Kleinschmidt. Zugleich wird Witten, wie auch viele andere Städte, Unterstützung brauchen. Deshalb appelliert der Kämmerer auch an die Landes- und die Bundesregierung: „Aus Sicht der überschuldeten Städte muss ein Element darin eine echte Entschuldung sein. Die Städte als Keimzelle aller staatlichen Organisation sind, wie die Pandemie gezeigt hat, höchst systemrelevant. Das muss finanziell unterlegt werden.“

Haushaltsentwurf und vollständige Haushaltsrede von Stadtkämmerer Matthias Kleinschmidt unter https://www.witten.de/rathaus-service/verwaltung/haushalt/haushalt-2022/.