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Hattingen

Welt-Alzheimertag am 21. September: Leben mit Demenz

IMAGE zu Besuch bei der Alzheimer Gesellschaft Hattingen-Sprockhövel. Das sind die Angebote.

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Elke Vohwinkel, Vorstand Alzheimer Gesellschaft Hattingen-Sprockhövel, Brita Janzen, Staatl. anerkannte Erzieherin, zertifizierte Gedächtnistrainerin mit Zusatzmodul Demenz BVGT und zertifizierte Fachtherapeutin für Hirnleistungstraining BVGT, und Christina Hövels-Henrichs, Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Hattingen Sprockhövel.

Heute leben in Deutschland bereits 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Die Mehrheit von ihnen leidet an einer Demenz vom Typ Alzheimer, aber es gibt viele weitere dementielle Erkrankungen. Bis 2050 – so schätzen Fachleute – wird die Zahl der Betroffenen auf 2,4 bis 2,8 Millionen Menschen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt. Genau genommen liegen die Zahlen sogar weit höher, denn betroffen sind von einer Demenz nie nur die Erkrankten selbst, sondern auch ihre Angehörigen. Deshalb ist die Demenz eine gesellschaftliche Herausforderung. Der Welt-Alzheimertag wurde 1994 ins Leben gerufen und begeht damit in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Begangen wird er am 21. September. Er steht 2024 unter dem Motto „Demenz - Gemeinsam. Mutig. Leben“. Auch die Alzheimer-Gesellschaft Hattingen-Sprockhövel wird an diesem Tag auf die Krankheit und die Angebote zur Hilfe mit einem Stand am Reschop-Carré von 10 bis 14 Uhr aufmerksam machen.

Eine Demenz ist so verschieden wie jeder eigene Mensch
„Es ist wichtig, dass die Würde eines jeden Menschen Grundlage unseres Engagements ist“, betonen die drei Expertinnen Elke Vohwinkel, Brita Janzen und Christina Hövels-Henrichs. Bei ihrer Beratung in der Hattinger Oststraße treffen sie zunächst fast immer auf Angehörige. Und die sind nicht selten ziemlich verzweifelt und überfordert mit der Alltagssituation. „Für einen Demenzerkrankten geht die Sicherheit verloren und zwar in allen Bereichen“, erklärt Brita Janzen, die drei Angebotsgruppen in der Alzheimer Gesellschaft leitet. „Das betrifft die räumliche Orientierung, aber auch die Wortfindung, die schriftlichen Fähigkeiten und viele weitere Aspekte. Das ist für alle Beteiligten eine große Herausforderung.“
Die Familie, die mit dem erkrankten Menschen zusammenlebt, steht vor einem 24/7-Job. 365 Tage im Jahr. „Wer die Betreuung daheim stemmen möchte, muss sich in jedem Fall ein Netzwerk aufbauen und sich Hilfe holen. Es ist sehr wichtig, sich nicht selbst als Angehöriger zu verlieren und seine persönlichen Ressourcen gut einzuschätzen. Dabei helfen wir“, sagt Elke Vohwinkel.
Nach einem Beratungsgespräch gibt es die Möglichkeit einer ärztlichen Gedächtnissprechstunde und eines intensiveren Gesprächs. Es gibt Selbsthilfegruppen wie die „Atempause“ und Angebote für Betroffene mit einer vertrauten Betreuungsperson (siehe Kasten). „Viele Angehörige vernetzen sich auch untereinander und bauen so weitere wichtige Kontakte auf“, ergänzt Christina Hövels-Henrichs.
Die Betreuung zuhause kann lange funktionieren. Betroffene haben oft gerade im Anfangsstadium viel Übung darin, aufkommende Defizite zu verbergen. „Funktionieren aber irgendwann die Nächte nicht mehr, dann wird es schwierig.“ Auch können Demenzerkrankte ein sehr herausfordendes Verhalten an den Tag legen. Nicht selten brechen sich im Leben nicht verarbeitete Konflikte Bahn. Das soziale Umfeld zieht sich zunehmend von der betroffenen Familie zurück. „Viele wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen oder können. Neue Kontakte gibt es aber auch kaum. Deshalb sind unsere Angebote so wichtig. Bei MITTENDRIN beispielsweise kommen die Betroffenen mit einer vertrauten Begleitperson. Es gibt neben Gesprächen Kaffee und wir singen Lieder. Ich arbeite auch gern mit Sitzgymnastik und Gedächtnistraining“, berichtet Brita Janzen über ihre Arbeit. Seit Anfang des Jahres gibt es die neue Gruppe „Raus in die Natur“. Auch hier ist der Erkrankte gemeinsam mit einer vertrauten Betreuungsperson dabei. In der Natur spazierengehen und sich bewegen, tut allen gut und fördert die noch vorhandenen Fähigkeiten.
Eine Entlastung der Angehörigen ist nicht nur über die stundenweisen EVA-Einsätze möglich, sondern auch über Angebote der Tagespflege. Bei Bedarf kann für eine Beratung auch ein Hausbesuch vereinbart werden. Wenn ein Mensch mit Demenz zu Hause versorgt wird, hat er bei Vorliegen eines Pflegegrades Anspruch auf häusliche Beratungsgespräche. Diese Kosten trägt die Pflegekasse.
Doch wie nimmt ein Demenzkranker seine Umgebung wahr? Stellen Sie sich vor, die Menschen in Ihrer Umgebung sprechen ständig von Dingen, die Sie nicht verstehen. Jeder tut aber so, als sei alles ganz selbstverständlich. Wie würden Sie reagieren? Verstört? Verärgert? Eingeschüchtert? Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten, wissen Sie, wie es Demenzkranken sehr häufig geht.
Angehörige müssen sich daher auf ihr demenzkrankes Familienmitglied einstellen – denn umgekehrt geht es nicht mehr. Sinnlos ist es beispielsweise, einen demenzkranken Menschen darauf hinzuweisen, dass Sie ihm eine Frage vor fünf Minuten schon einmal beantwortet haben. Vielmehr löst dies unter Umständen Aggressionen und Konflikte aus. Anghörige lernen quasi eine neue Art der Kommunikation: Sie müssen Anschuldigungen und Vorwürfe überhören, denn diese sind oft Ausdruck von Hilflosigkeit und Frustration und richten sich nicht gegen jemanden persönlich. Sie müssen lernen, langsam und deutlich zu sprechen. Kurze Sätze sind genauso hilfreich wie Formulierungen, auf die mit ja oder nein geantwortet werden kann. Fragen wie „Welchen Saft möchtest du trinken?“ sind nicht hilfreich. Besser ist es, zwei konkrete Säfte zur Auswahl zu stellen. Der Erkrankte hat auch nichts davon, wenn man ihn mit der Brille im Kühlschrank konfrontiert. Doch im täglichen Alltag sind diese kleinen Beispiele oft große Hürden, die nicht immer überwunden werden können. anja