Stefan Berg wohnt in Sprockhövel. 2019 kaufte er ein Haus in zweiter Reihe. Obwohl er ordnungsgemäß beim Amtsgericht Erkundungen zu Teilungserklärungen und Wegerechten einholte, droht jetzt Ärger. Denn das Wegerecht fehlt ihm für einen Teilbereich.
Ein Blick auf die Flurkarte. Im Vordergrund die Hattinger Straße. In Nachbarschaft zum Ärztehaus befinden sich die Grundstücke, um die es geht. Deutlich erkennbar ist in zweiter Baureihe das kleine Haus und die Zuwegung. Neben dem Haus befindet sich eine Wiese, die sich ebenfalls im Besitz von Stefan Berg befindet.
Die frühere Eigentümerin des Hauses, mittlerweile schwer gehbehindert, wohnt heute als Mieterin in dem Objekt. Sie hat einen unkündbaren Mietvertrag - das war die Voraussetzung für den Eigentümerwechsel. Und der macht dem neuen Eigentümer Stefan Berg mächtig Ärger.
„Es handelt sich um Flur 22, Parzelle 1703/88, Gemarkung Niedersprockhövel. Diese Parzelle war einmal Bestandteil der Bundesstraße 51“, erzählt Stefan Berg. „Es gibt eine lange Geschichte dieser Parzelle, die ich recherchiert habe. Es gibt Eintragungen von 1834 über Kutschenverkehr. Eine Schmiede soll es auch mal gegeben haben. Ich habe umfangreich mit dem Katasteramt des Kreises recherchiert. Das heutige Flurstück 84 der Flur 22, Gemarkung Niedersprockhövel wurde 1971 im Kataster mit der Nutzungsart ‚Hofraum‘ nachgewiesen. Es ist entstanden durch die Teilung aus dem Flurstück 32 mit der Nutzungsart ‚Bundesstraße 51.‘ Und dieses wiederum ist entstanden 1955 durch Um-Nummerierung aus der Parzelle 1703/88. Man kann die Geschichte dieser Parzelle zurückverfolgen bis 1834. Entscheidend ist, dass es im Laufe der Jahre zu einer Privatisierung von öffentlichen Flächen gekommen ist. Die Stadt Sprockhövel sagt, dass die Zuwegung zu meinem Haus weder privat noch öffentlich-rechtlich gesichert ist. Denn entweder muss eine Straße von zuständigen Stellen bestimmungsgemäß dem öffentlichen Verkehr gewidmet sein oder sie müsste im Laufe der Zeit entwidmet worden sein. Mehrere Ämter bis hin zu Bundesbehörden sind mit Prüfungen beschäftigt, denn es geht ja um teilweise weit zurückliegende Zeiten. Wir haben es hier mit einem ähnlichen Fall zu tun wie seinerseits bei der Löhener Egge in Obersprockhövel.“
Fakt ist: Stefan Berg muss sich mit Fragen nach einer eingetragenen oder eben nicht eingetragenen Baulast herumschlagen. „Die Stadt Sprockhövel hat im März 2020 erklärt, die Grundstücke seien nicht erschlossen. Nachdem ich den Kaufvertrag vom Bund angefordert habe, habe ich nochmal angefragt. Im August hat mir die Stadt dann geantwortet, die Parzellen 49 und 72 seien nicht erschlossen. Dass die Wegebaulast nicht eingetragen wurde, ist bis heute eine für mich nicht abschließend geklärte Frage.“
Möglich wäre auch die Variante, dass die Baulastübernahmeerklärung gar nicht erst abgegeben wurde. Stefan Berg hat mittlerweile einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Er weiß in der Zwischenzeit auch, dass sogar Leitungsrechte im Hinblick auf einen Kanal von der Misere betroffen sind. Und dass mehrere Anlieger bei dem Thema ebenfalls mit im Boot sitzen. Eine komplizierte Sachlage.
Mit dem aktuellen Eigentümer gab es bislang über das Wegerecht keine Einigung. „Dabei habe ich wirklich alles versucht“, versichert Berg. „Ich habe die Befürchtung, dass die schriftliche Androhung der Straßensperrung Realität werden könnte. Das bedeutet, niemand kann mehr zu dem Haus den bisherigen Weg herunterfahren. Mit einem Notwegerecht nach 917 BGB wäre mir auch nicht wirklich geholfen. Zum einen müsste es durch ein Gerichtsverfahren entschieden werden. Außerdem besteht das Problem, dass dieses nur für die jetzigen Eigentümer der Häuser bindend ist. Bei einem Eigentümerwechsel beginnt alles wieder von vorne. Hinzu kommt, dass ich bei einem Notwegerecht die geplante Garage nicht errichten darf und bei einem möglichen Brand des Hauses in zweiter Reihe keine Baugenehmigung für beispielsweise ein neues vergleichbares Haus bekomme.“
Hinzu kommt noch etwas: Stefan Berg ist auch Eigentümer einer angrenzenden Wiese. Auf diese Fläche blicken nicht nur die Mieter des Hauses von Stefan Berg, sondern auch fünf weitere Eigentümer eines angrenzenden Gebäudes an der Hattinger Straße. Stefan Berg könnte sich vorstellen, diese Wiese zu verkaufen, doch die ungeklärte Zuwegung hat natürlich direkte Konsequenzen auf den Kaufpreis. Zu klären wäre auch die Frage, ob die Wiese Bau- oder Ackerland ist. Sehr entscheidend bei der Frage des Kaufpreises. Denkbar wäre für Stefan Berg auch die Schaffung eines Naturareals oder einer Obstbaumwiese. „Mir geht es in erster Linie um die Klärung der Frage, wie man in Zukunft zu meinem Haus und der Wiese kommt. Ich habe diese Situation nicht verschuldet. Ich habe mich beim Erwerb meines Eigentums ordentlich erkundigt und wäre niemals darauf gekommen, dass die Privatisierung von Straßenflächen diese Probleme nach sich zieht. Wer welche Fehler gemacht hat – und da ist die Stadt Sprockhövel miteinzubeziehen – ist für mich nicht relevant. Ich möchte eine Lösung des Problems und dafür kommt aus meiner Sicht nur ein Runder Tisch aller Betroffenen in Frage. Niemandem kann doch an einem aufwändigen Rechtsverfahren gelegen sein.“
Auch Sprockhövels Beigeordneter Volker Hoven und die neue Bürgermeisterin Sabine Noll kennen den Fall. Stefan Berg hofft auf Vermittlung und einen Runden Tisch vor dem Hintergrund einer bürgernahen Verwaltung.