IMAGE im Gespräch mit dem AVU-Vorstand über Energieformen, Preisentwicklung und Zukunft...
Uwe Träris vor der sunflower-Anlage vor dem AVU-Gebäude in Gevelsberg.
Diplom-Volkswirt Uwe Träris (57) ist seit dem 1. Januar 2015 Allein-Vorstand der AVU AG in zweiter Amtszeit. Der Chef des heimischen Energieversorgers ist sich sicher: „Die Zukunft ist grün.“ IMAGE hat ihn bei der AVU besucht.
IMAGE: Die wichtigste Verbraucherfrage zuerst: Müssen die Kunden der AVU im Winter frieren? Müssen die hohen Ein- kaufspreise für Gas an die Kun- den weitergegeben werden?
TRÄRIS: Nein, natürlich muss niemand frieren. Wir sind für Hattingen in der Stromversor- gung und für Sprockhövel in der Strom- und Gasversorgung zur Grundversorgung gesetz- lich verpflichtet. Richtig ist aber: Seit über einem Jahr steigen die Großhandelskonditionen. Weil wir auf eine langfristige und kei- ne marktnahe Beschaffung set- zen, können wir die steigenden Preise etwas abfangen und müs- sen sie deshalb nicht in voller Hö- he an die Kunden weitergeben. Eine Preisanpassung ist aller- dings notwendig. Hier darf man aber nicht vergessen, dass wir als Energieversorger die Preisgestal- tung nur etwa zur Hälfte beein- flussen können.
IMAGE: Wie setzen sich die Gas- und Strompreise überhaupt zu- sammen?
TRÄRIS: Der Gaspreis setzt sich aus verschiedenen Teilen zusam- men. Der einzige Bereich, den der Versorger, in diesem Fall die AVU, selbst beeinflussen kann, ist der Preis für Beschaffung und Ver- trieb.
Staatlich festgelegt sind Steuern und Abgaben, die zusammen mit der neuen CO2-Belastung rund 30 Prozent betragen. Hinzu kommen gesetzlich regulierte Netz- und Messentgelte. Das macht auch etwa 25 Prozent des Gesamtpreises aus. Beim Strompreis sieht es ähnlich aus. Steuern, Abgaben, Umlagen sowie gesetzlich regulierte Netzentgelte sind der Löwenanteil beim Strompreis. Von uns beeinflussbare Faktoren – Stromeinkauf, Service und Vertrieb – liegen bei etwa 40 Prozent. Auch hier gehen die Handelspreise zurzeit nur nach oben. Der Strompreis wird zum Jahreswechsel von uns nicht erhöht. Die EEG-Umlage (Anm.: EEG steht für Erneuerbare Energien Gesetz) soll im kommenden Jahr sinken. Für den Endpreis ist das aber nur ein dämpfender Faktor.
IMAGE: Liegt die Zukunft also in erneuerbaren Energien?
TRÄRIS: Die Zukunft ist grün. Wir werden einen Energiemix haben. In der Übergangszeit wird die- ser aus fossilen und erneuerba- ren Energien bestehen. Später wird es ein Mix aus erneuerbaren Energien sein. Hinzu kommen Importe, denn wir werden den Bedarf sonst nicht decken kön- nen. Unsere fossilen Brennstof- fe Kohle, Öl und Gas sind end- lich. Bei den erneuerbaren Ener- gien müssen wir aber die Heraus- forderungen in der kontinuierli- chen Leistung, im Transport und in der Speicherung lösen.
Und wir haben hier eine hohe Stromintensität: Vergleicht man beispielsweise den Pro-Kopf-Verbrauch pro Jahr im Ennepe-Ruhr-Kreis mit Berlin, so ergibt sich für den EN-Kreis ein Wert von 6000 Kilowattstunden im Vergleich zu Berlin mit 3600 Kilowattstunden. Das liegt unter anderem daran, dass wir hier noch relativ viel produzierendes Gewerbe haben. Der Bedarf an Strom ist groß und wird nach den Prognosen weiter steigen. Das liegt auch an Projekten wie der Digitalisierung oder der E-Mobilität. Auch deshalb müssen die erneuerbaren Energien und ihre Infrastruktur ausgebaut werden.
IMAGE: Was macht die AVU denn in diesem Bereich?
TRÄRIS: Mit der AVU Serviceplus, einer 100prozentigen Tochter der AVU, betreiben wir an sechs Standorten in ganz Deutschland Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Außerdem ist die AVU an der Tri- anel Erneuerbare Energien (TEE) beteiligt. Mit dem Fördermodell Grünstrom bieten wir unseren Kunden be reits seit zwanzig Jahren eine Möglichkeit, selbst aktiv für das Klima tätig zu werden. Der Strom wird aus Wasserkraft erzeugt und viele umweltfreundliche Projekte vor Ort wurden dadurch möglich gemacht. Welche das sind, entscheidet ein Kundengremium vor Ort.
IMAGE: Im Moment heizen wir aber in der Regel noch mit fos- silen Energieträgern?
TRÄRIS: Ja, das ist so. Beim Altbe- stand der Gebäude wird zu fast 50 Prozent mit Gas geheizt. Bei den Neubauten haben wir aber schon fast 30 Prozent, die sich für eine Wärmepumpe entschieden haben. Auch der Einsatz von grü-nem Wasserstoff wäre ein konse- quenter Weg, den Gebäudesek- tor klimaneutral zu machen. Er wird mit Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen aus Wasser CO₂-neutral erzeugt und verbrennt ohne klimaschädliche Emissionen. Hier im Kreis werden wir zwar nicht ausreichend grünen Wasserstoff produzieren können. Unser Ziel ist es aber, in den nächsten Jahren die passende Infrastruktur zum Transport von hier erzeugtem und importiertem Wasserstoff zu schaffen. Wichtig ist aber auch, Verfahren für erneuerbare Energien zu beschleunigen. Die Inbetriebnahme eines Windrades dauert in der Regel sieben Jahre.
IMAGE: Als heimischer Energie- versorger engagiert sich die AVU auch für soziale Projekte. Warum?
TRÄRIS: Unser Ziel ist eine ho- he Lebensqualität in unserer Hei- mat. Dazu gehört auch das soziale Engagement. In den letzten zehn Jahren haben wir 2710 Projekte gefördert. Besonders hervorheben möchte ich unseren Engagementwettbewerb AVU Krone und den Vorläufer Junges EN, den es übrigens schon seit 2005 gibt. Über 400 Vereine profitierten von einer Fördersumme von rund 300.000 Euro. Die Jury vergibt auch Sonderkronen für besondere Vereinsarbeit, Nachhaltigkeit oder Breitenwirkung. Bei unseren Sommerfesten veran- stalten wir regelmäßig ein Tipp- Kick-Turnier als Benefizturnier für demenzielle Einrichtungen in der Region. Die Veranstaltung war in der Corona-Pandemie leider nicht durchführbar. Wir hoffen auf 2022. In der Pandemie haben wir gemeinsam mit dem Filmriss das Projekt Autokino veranstaltet und würden das gerne fortführen. Wir sind ein Unterstützer unserer Heimat. anja