Für den Schulsozialpädagogen und Triathleten ist es die erste Amtszeit. Die Bürger wollten einen Quereinsteiger in Politik und Verwaltung, der frischen Wind ins Rathaus bringt. Doch wie sieht sich Ulli Winkelmann selbst in dieser Aufgabe?
Seit 2014 Bürgermeister der Stadt Sprockhövel: Ulli Winkelmann.
IMAGE: Die Bürger empfinden den Job als Stadtoberhaupt nicht selten als eine Mischung zwischen Sekt und Selters, Häppchen und Konferenzen. Hinzu kommen ebenfalls nicht selten Online-Anfeindungen und manchmal auch persönliche Attacken. Ist der Job als Stadtoberhaupt ein schöner Job?
WINKELMANN: Es gibt viele schöne Momente in diesem Job. Ich kam ja als Quereinsteiger aus dem Sport und der Schulsozialarbeit in Verwaltung und Politik. Da bringt man eine andere Perspektive mit. Ich habe immer versucht, mit Menschen in den Dialog zu kommen und das mache ich jetzt auch. Ich habe die feste Überzeugung, dass man in Gesprächen vor dem Hintergrund von gegenseitigem Respekt viel bewegen kann. So sehe ich mich auch im Amt des Bürgermeisters – gegenüber Verwaltung und Politik, vor allem aber auch gegenüber dem Bürger. Denn dieser hat mich gewählt und dabei den Blick bewusst auf die Perspektive „Quereinsteiger“ gerichtet.
IMAGE: Der neue Regionalplan richtet seinen Blick verstärkt auf die Industriebrachen im Ruhrgebiet, die mit Leben gefüllt werden sollen. Die ländlichen Regionen und die Gebiete am Rande des Ruhrgebietes scheinen eine Freizeitrolle zu spielen. Gibt es eine Chance, die Regionalplaner umzustimmen?
WINKELMANN: Sprockhövel ist eine grüne Stadt und das ist gut so. Wir leben mitten in der Natur und wollen das auch erhalten. Allerdings müssen auch kleine Städte eine Wachstumsperspektive haben. Diese findet aus meiner Sicht im Regionalplan zu wenig Berücksichtigung und das haben wir in unserer Stellungnahme auch deutlich gemacht. Insbesondere für die Bereiche Wohnen und Gewerbe brauchen wir die Möglichkeit, Flächen auszuweisen, um wachsen zu können. Das dies im Blick auf die Natur geschieht, ist selbstverständlich.
IMAGE: Welche Herausforderungen hat die Stadt 2019 zu meistern?
WINKELMANN: Entscheidend ist die weitere Konsolidierung der Finanzen. Hier sind die Umlagefinanzierungen des Kreises ein Problem.Ein großes Projekt ist die Umgehungsstraße, die in diesem Jahr nach jahrzehntelanger Planung nun gebaut wird. Während der Bauphase werden logistische Herausforderungen zu bewältigen sein. Wir müssen uns auch Fragen der Digitalisierung an Schulen stellen und sicherlich die Frage beantworten, welche Infrastruktur wir hier schaffen wollen. Wir haben die Verwaltung gerade neu geordnet und aufgestellt und glauben, für die Zukunft gut gerüstet zu sein.
IMAGE: Auf welche Highlights freuen Sie sich als Bürgermeister in 2019?
WINKELMANN: Auf die vielen Veranstaltungen, die in Sprockhövel stattfinden und zeigen, wie lebendig diese Stadt ist. Viele Bürger sind in Vereinen aktiv – oft in Sportvereinen, was uns ja auch den Namen „Sporthövel“ eingebracht hat. Ich freue mich, wenn wir unser schönes Freibad eröffnen können. Ich freue mich auf die Feste in den einzelnen Stadtteilen, die alle ihren besonderen Charme haben. Ich bin gerne dabei und unterhalte mich mit den Menschen.
IMAGE: Wie ist die Stadt in den Bereichen Bildung und Wohnen ausgerichtet? Gut aufgestellt oder eine zu lösende Herausforderung?
WINKELMANN: Bei der Bildung müssen wir die Herausforderungen der Schulen immer wieder neu in den Blick nehmen. Ich bin hier in engem Kontakt mit Schulleitern und Lehrern. Sprockhövel hat durch die Mathilde-Anneke-Schule eine Schule, die auch Schüler aus anderen Städten aufnimmt. Die intensive Praxis, die an dieser Schule neben dem klassischen Unterricht gelebt wird und die guten Aussichten der Schüler auf einen Ausbildungsplatz zeigen, dass dieser Weg richtig ist. Mit einer Ausbildungsbörse und den Kontakten zur heimischen Wirtschaft gelingt es uns, die jungen Menschen zu motivieren und vielen von ihnen einen Weg aufzuzeigen. Die Grundschulen in den Stadtteilen sind nah an den Wohnorten der Schüler und das ist gut so. Im Wohnungsbereich haben wir in der Vergangenheit gezeigt, dass wir Wohnraum für alle vorhalten wollen. Hier in Sprockhövel ist jeder willkommen - gleich, ob er als Flüchtling aus einem fernen Land zu uns kommt oder aus einer anderen Stadt.
IMAGE: Ein immer wieder neu diskutiertes Problem ist die gefühlte Ferne zwischen Politik und Bürgern. Sehen Sie das auf der kommunalen Ebene auch als vorhandenes Problem oder überwiegt hier die Bürgernähe?
WINKELMANN: Das Problem ist mir natürlich bekannt, aber ich hoffe, es trifft nicht auf mich zu. Jedenfalls nehme ich mich nicht so wahr. Ich spreche gern mit den Menschen und höre auch zu, wenn sie mir ihre Sorgen und Probleme schildern.
IMAGE: Was sagen Sie als Bürgermeister zur gerade heiß diskutierten Straßenausbaugebühr? Gehört sie abgeschafft? Und wie sähe eine Gegenfinanzierung aus?
WINKELMANN: Klar ist, dass wir als Stadt die Einnahmen brauchen. Klar ist auch, dass niemand durch diese Gebühr in den Ruin getrieben werden darf. Mindestens eine Reform muss sein. Ob mehr geht, ist abhängig von der Gegenfinanzierung für Kommunen.
IMAGE: Fünfzig Jahre Neugliederung EN-Kreis 2020: Ist das ein Grund zum Feiern oder ist der Kreis ein kommunales Zwischengebilde auf dem Weg in eine größere Struktur, weil er in dieser Form aufgrund der strukturübergreifenden Probleme mittel- bis langfristig nicht überleben kann?
WINKELMANN: Sprockhövel feiert und wir laden alle Bürger zum Mitmachen ein!