Krankenkassen wollen Kosten für Fehlfahrten nicht mehr übernehmen.
Rettungswagen an der Henrichshütte Hattingen Foto: UvK/ Ennepe-Ruhr-Kreis
Rettungsdienstbedarfspläne und Rettungsdienstgebühren: Darüber hat der Kreistag des Ennepe-Ruhr-Kreises in den letzten Jahrzehnten immer wieder entschieden. Im Juni standen neue Beschlüsse an – doch anders als in der Vergangenheit könnten damit erhebliche Konflikte mit den Krankenkassen verbunden sein. Denn bei den Verhandlungen über die Gebührensatzung für den Rettungsdienst des Kreises teilten die Krankenkassen überraschend mit, dass sie nicht mehr für die sogenannten „Fehlfahrten“ des Rettungsdienstes aufkommen wollen.
„Ich finde es unverantwortlich von den Krankenkassen, eine seit Jahrzehnten bewährte Übernahme der Kosten von Fehleinsätzen plötzlich einzustellen“, ärgert sich Landrat Olaf Schade über den Kurswechsel der Krankenkassen, der sich auch schon bei anderen Kreisen und Städten in Nordrhein-Westfalen gezeigt hat.
Die sogenannten Fehlfahrten entstehen, wenn ein Rettungswagen alarmiert wird, anschließend aber kein Transport der Patientin oder des Patienten in ein Krankenhaus erfolgt. Das kann verschiedene Gründe haben: zum Beispiel, wenn die betroffene Person den Transport verweigert, vor Ort medizinisch versorgt wird, ohne dass eine Weiterbehandlung in einer Klinik notwendig ist, oder am Einsatzort verstirbt. Im Ennepe-Ruhr-Kreis machen diese Fehlfahrten ungefähr 20 bis 25 Prozent der Einsätze im Rettungsdienst aus.
Sollten die Krankenkassen die anfallenden Kosten für Fehlfahrten nicht mehr übernehmen, muss der Kreis als Träger des Rettungsdienstes die finanziellen Mittel zunächst vorhalten. Der Kreis ist aber gesetzlich verpflichtet, den Rettungsdienst kostendeckend zu organisieren. Sollten die Krankenkassen demnach bei ihrem Vorhaben bleiben, bliebe der Kreisverwaltung keine andere Möglichkeit, als die offenen Beträge direkt bei den Patientinnen und Patienten einzufordern.
Hintergrund des Handelns der Krankenkassen ist, dass sie erstmals eine bundesgesetzliche Regelung des SGB V neu interpretieren, wonach die Übernahme der Kosten für Fahrten des Rettungsdienstes nur dann für die Krankenkassen verpflichtend sei, wenn auch ein Transport stattgefunden habe. Dem steht allerdings das Rettungsgesetz auf Landesebene entgegen, welches Fehlfahrten ausdrücklich als ansatzfähige Kosten einordnet. Um die Problemstellung mit den Krankenkassen in NRW zu lösen, wurde bereits durch das Landesgesundheitsministerium ein Gesprächsformat gemeinsam mit den Spitzenverbänden von Landkreis- und Städtetag sowie Vertretern der der Krankenkassen geschaffen. „Ich erwarte, dass sich die Krankenkassen jetzt auf Gespräche mit den Kreisen einlassen, um zumindest eine vorübergehende Lösung zu finden, bis eine Reform der Gesetzeslage auf Bundesebene erfolgt ist“, appelliert Schade an die Krankenkassen.
Stichwort Rettungsdienstbedarfsplan und Gebührensatzung
Kreise und kreisfreie Städte sind als Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, die bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransportes sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt die Kreisverwaltung einen Bedarfsplan auf. Darin werden insbesondere Zahl und Standorte der Rettungswachen sowie die Zahlen der erforderlichen Krankenkraftwagen und Notarzt-Einsatzfahrzeuge festgeschrieben.
Da die Krankenkassen die Kosten des Rettungsdienstes tragen, erfolgt das Aufstellen und Abstimmen des Bedarfsplans in Zusammenarbeit mit diesen. Um die jeweils aktuelle Situation objektiv bewerten zu lassen, greift der Ennepe-Ruhr-Kreis beim Erstellen des Bedarfsplans auf einen Gutachter zurück. Die zu erwartenden Kosten für den Rettungsdienst erlässt der Ennepe-Ruhr-Kreis in einer Gebührensatzung. Diese Kostenplanung wird üblicherweise für jeweils ein Jahr vom Kreis kalkuliert und durch Beschluss der entsprechenden Gebührensatzung vom Kreistag festgesetzt. Quelle: pen