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Hattingen

Stromtrassen-Ausbau macht den Menschen Angst

IMAGE vor Ort in Sprockhövel unterwegs.

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Sorgen sich um ihre Gesundheit und um den Wertverlust ihres Eigentums: v.l. Frank Lindstrot, Ute Wolter sowie Ulrike und Markus Robbe.

Rund 25 Kilometer Trasse zwischen den Umspannwerken an der Isenbergstraße in Hattingen sowie Linde bei Wuppertal will der Netzbetreiber Amprion, einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland, von 220- auf 380-Kilovolt-Leitungen aufgestocken. Die Pläne sind gesetzlich im Bundesbedarfsplangesetz verankert. Windparks an der Nordsee sollen demnächst einen großen Teil des Stroms in Deutschland erzeugen. Für den Transport vom Norden in den Süden Deutschlands reichen die vorhandenen Leitungen nicht mehr aus. Die bestehenden Strommasten müssten für die geplante Höchstspannungsleitung knapp doppelt so hoch und auch wesentlich breiter gebaut werden. Bis zu 80 Meter hohe Masten sollen insgesamt dann 24 Leiterseile tragen, doppelt so viele wie bisher. Auch neue Masten wird es geben müssen - bis zu 90 Stück entlang der geplanten Stromtrasse.
Betroffen von den Plänen sind auf Hattinger Gebiet die Bereiche Wodantal, Eggendahl, Raffenberg, Am Geitling, Elfringhauser Straße, In der Porbecke/Porbecker Hof und Oberstüterstraße. In Sprockhövel sind es die Ortsteile Gennebreck, Haßlinghausen und Obersprockhövel. IMAGE war an der Schmiedestraße und hat mit Anwohnern gesprochen, die sich sorgen.  
Frank Lindstrot hat mit seiner Familie 2022 hier ein Haus mit Garten gekauft. Der Strommast steht gleich neben seinem Garten. Jetzt ist er 40 Meter hoch, soll aber doppelt so hoch werden. Er sorgt sich nicht nur um die Gesundheit, sondern auch um einen Wertverlust des Hauses. Das Ehepaar Ulrike und Markus Robbe hat eine Eigentumswohnung in unmittelbarer Nähe. Sie leben hier seit drei Jahren und auch sie verfolgen die Planungen mit Sorge. Alarmiert ist auch Ute Wolter. „Man macht sich um Strommasten eigentlich keine Gedanken - erst dann, wenn solche Planungen anstehen”, sagt sie.
Schon weiter ist man in Schwelm. Aus einer Bürgerinitiative entstand im Frühjahr 2024 der gemeinnützige Verein „Energievernunft Schwelm“. Hier ist man nicht prinzipiell gegen den Ausbau der Stromtrasse, aber aus Sicht des technischen Beirats gäbe es Alternativen zur geplanten, oberirdischen Hochspannungsleitung. Der Beirat verweist auf Regelungen im Landesentwicklungsplan NRW, wonach bei einer Unterschreitung des Abstandes zwischen einer Höchstspannungsleitung und der Wohnbebauung von 400 Metern, was in Schwelm der Fall ist, die bundesrechtlichen Möglichkeiten einer (Teil-) Erdverkabelung auszuschöpfen seien. Ein Erdkabel beeinträchtige dabei die Umwelt deutlich weniger. Schon ab einem Abstand von ca. 30 Metern zur Trassenmitte sind kaum noch magnetische Felder zu messen. Elektrische Felder werden komplett abgeschirmt und ein störendes Brummen und Knistern sei auch nicht zu vernehmen. Allerdings: Die Verlegung von Erdkabeln ist deutlich teurer. Außerdem verweisen die Netzbetreiber auf mangelnde Erfahrungen bei der Verlegung von leistungsstarken und großen Höchstspannungs-Erdkabeln im Vergleich zu den Stromkabeln auf niedriger und mittlerer Spannungsebene. Weitere Probleme seien die Tiefbauarbeiten im Hinblick auf Bodenverdichtungen und Sauerstoffarmut im Boden. Ein technisches Problem stelle außerdem die Wärmeentwicklung von Erdkabeln dar: Am Kabel selbst seien es 35 Grad. Wenn Einzelstränge abgeschaltet werden müssten, könne die Temperatur auf bis zu 50 Grad steigen. Zur Wärmeabfuhr würden die Kabel in Flüssigerde mit Erdaushub und Zementanteil eingebettet. Mit einem wissenschaftlichen Begleitprojekt und zahllosen Temperaturfühlern im Boden wird derzeit geprüft, ob durch die Wärme die Ernte der Bauern leiden könnte.
Bürgerinfotermine seitens des Netzbetreibers Amprion gab es schon. „Doch die Infotafeln sind klein und es ist nicht so einfach, Fragen zu stellen. Wir haben einfach Informationsbedarf und davon ziemlich viel auch noch nach ersten Infoveranstaltungen“, sagt das Ehepaar Robbe. Deshalb will man jetzt verstärkt Kontakt zum Schwelmer Verein suchen und sich in Sprockhövel mit betroffenen Bürgern besser vernetzen. Wer dabei sein will, kann sich per E-Mail an Markus Robbe wenden unter markusrobbe@gmx.de
Überlegt wird auch ein Termin mit Bürgermeisterin Sabine Noll, um die Ängste und Sorgen auch der Stadtspitze zu Gehör zu bringen. Und wie geht es bei Amprion weiter? Im Frühjahr werden Flora und Fauna untersucht. Diese Angaben braucht der Netzbetreiber zwingend, wenn die Baustellen angelegt werden. Dann wird entschieden, ob Vorkehrungen zum Vogelschutz getroffen werden müssen, indem man beispielsweise Warnkugeln montiert. Wenn alle Untersuchungen und technischen Planungen zum Abschluss gebracht wurden, folgt das Planfeststellungsverfahren. Bis 2028 sollen die rechtlichen Grundlagen geschaffen sein, um mit dem Bau beginnen zu können. Wenn alles glatt läuft, soll die Trasse 2033 ans Netz gehen. anja