Für ganze Generationen von Sekretärinnen, Protokollanten bei Bundestags-Sitzungen oder Studenten, die sich Inhalte einer Vorlesung notieren wollten, gehörte die Stenografie zum täglichen Handwerkszeug. Sie waren dadurch in der Lage, das gesprochene Wort in gleicher Geschwindigkeit zu erfassen.
Stenografie hat eine lange Geschichte
Die Bezeichnung „Stenografie“ oder kurz „Steno“ stammt aus dem Griechischen und steht für „enge Schrift“. Als Erfinder gilt Marcus Tullius Tiro mit der Schaffung der Tironischen Noten im ersten vorchristlichen Jahrhundert. In Deutschland kamen Kurzschriften ab dem 17. Jahrhundert in Umlauf, in den 1920er Jahren vereinheitlicht wurden. Der Vorteil von Steno: die Buchstaben sind deutlich kürzer und damit schneller zu schreiben als unsere gewohnte Langschrift. Selbstlaute werden nicht geschrieben, sondern ergeben sich aus unterschiedlichen Abständen zwischen Konsonanten. Für geläufige Wörter wird jeweils nur ein Zeichen, ein sogenanntes Kürzel verwendet. Für „ist“ ist es ein Punkt, bei „und“ ein kleiner flacher Strich und für das Wort „nicht“ reicht ein senkrechter Strich. Weitere Vorteile, die einen deutlichen Zeitgewinn gegenüber der Langschrift versprechen: es gibt keine Großschreibung und doppelte Konsonanten, wie beim Wort „Stamm“, werden nur einmal geschrieben. Auch als Geheimschrift bietet Steno seine Vorteile, wie auch ein Mitarbeiter aus der Image-Redaktion zu berichten weiß: er schreibt seit vielen Jahren Tagebuch in Steno und kann seine Aufzeichnungen relativ unbesorgt offen liegenlassen - die Zahl der Stenokundigen ist heute überschaubar.
Eil- und Redeschrift – es geht noch kürzer
Der Einstieg in die Stenografie läuft über die Verkehrsschrift mit den Zeichen für Konsonanten und einer Reihe von Kürzeln. Mit etwas Übung können so 120 Silben in der Minute geschrieben werden. Zum Vergleich: bei der Langschrift, also der normalen Handschrift, liegt das Maximum bei 40 Silben.
Bei der Eilschrift wird die Verkehrsschrift weiter verkürzt. Wort-Endungen, wie das „en“, entfallen, weitere Kürzel kommen hinzu. Die höchste Stufe erreichen die Menschen, die die Redeschrift beherrschen. Sie können so 500 Silben in der Minute schreiben. Zu ihnen zählen die Parlaments-Stenographen im Bundestag. An sich ist die Stenografie nicht schwer zu verstehen und zu erlernen, aber es erfordert schon eine Menge Übung, bis diese kurze Schreibweise auch in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Schnell, aber veraltet?
Mit dem technischen Fortschritt übernahmen zuerst Diktiergeräte und Personal Computer die Erfassung des gesprochenen Wortes. Heutzutage schafft es jedes Smartphone, gesprochene Wörter sofort als Druckschrift zu erfassen. Damit einhergehend ging die Bedeutung der Kurzschrift zurück, der Kurzschriftunterricht an Berufs- und Realschulen wurde seit den 1990er Jahren zurückgefahren und schließlich ganz eingestellt. Heutzutage bieten Stenografenvereine und Volkshochschulen gelegentlich noch Kurse. dx