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Hattingen

Stadtwächter

Projekt Stadttore: Der „Wächter” wacht nicht mehr...

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Das Hattinger Heggertor, eines der fünf Stadttore, wurde „Wächter“ genannt. Drei Jahre stand er am Alten Rathaus, bevor er 1996 zur Heggerstraße an den Ort des mittelalterlichen Nordtores, umgesetzt wurde. Nach 25 Jahren rammte ihn am 27. April 2021 ein Lastwagen und zerstörte ihn. Jetzt soll eine Kopie entstehen. Fotos: Stadtarchiv Hattingen

Zusammen mit Stadtarchivar Thomas Weiß blicken wir auf die Hattinger Stadttore zurück. Eine steinerne Ringmauer mit fünf festen Stadttoren sicherte die Stadt. Erster Teil: Das Heggertor.

Alles begann 1993. Damals gab es im Alten Rathaus eine Ausstellung des tschechischen Künstlers Jan Koblasa. Vor dem Alten Rathaus stand seine Skulptur „Der Wächter“. Sofort wurde die Figur - wie so oft beim Thema Kunst im öffentlichen Raum - ein heißes Diskussionseisen. Ein Schwergewicht von fünf Tonnen, drei Meter hoch, gebaut aus Sandstein und Marmor und schlicht nicht zu übersehen. Die einen fanden sie spannend, die anderen hofften auf das Ende der Ausstellung und das damit verbundene Verschwinden des steinernen Kolosses. Doch es sollte anders kommen.

Zunächst hatte Architekt Wolfgang Rauh die Idee: Man könnte doch Hattingens Stadttore künstlerisch nachbilden und dadurch die Eingänge zur mittelalterlichen Stadt Hattingen wieder sichtbar machen. Den Anfang könnte jener steinerne Koloss vor dem Alten Rathaus machen und als Heggertor im Norden seinen Wachdienst versehen. Für die anderen vier Stadttore wollte Rauh sogar einen finanziellen Beitrag leisten, falls es einen Künstlerwettbewerb geben würde und das Land NRW sein finanzielles Scherflein beitragen sollte. Das 1993 gemachte Angebot zog der Architekt wenige Monate später wegen „stilloser Behandlung“ (so ist es in der Zeitung zu lesen) wieder zurück. Die Idee wurde von Walter Ollenik aufgegriffen - und im Rahmen des 600-jährigen Stadtjubiläums 1996 nahm sie Fahrt auf. Die Stiftung für Kunst, Kultur und Denkmalpflege der Sparkasse Hattingen erblickte das Licht der Welt und damit war eine finanzielle Möglichkeit zur Realisierung gefunden. In einer groß angelegten Aktion wurde „Der Wächter“ 1996 vom Alten Rathaus auf die Heggerstraße gehievt, an jene Stelle, wo einst das Heggertor den Weg in die Stadt ermöglichte.

Hattingen historisch

Pastor Hermann Merker aus dem frühen 17. Jahrhundert gibt an: „Die heggerpfortte hat den namen vom Heggegude, negst an dieser pforten gelegen.“ Ob die Einfriedung des Gutes oder Bürgergärten mit Hecken einen Einfluss auf die Bezeichnung hatte, kann nur vermutet werden. Im Hattinger Stadtarchiv findet man weitere Hinweise auf alte Zeiten - 1635 durchbrachen Truppen an der Stelle des Heggertores die Stadtbefestigung und beendeten eine zehntägige blutige Belagerung. Belagert wurde das Kunstobjekt der Neuzeit auch. Während die Kinder es liebten, durch die steinernen Füße des Wächters zu laufen, Kunst und Politik begeistert vom neuen Wahrzeichen Hattingens waren, sah ein Teil der Bevölkerung das anders: Die Rede war von einem Betonklotz, von Hattingens kleinem Triumphbogen, von Beklopptheit der Entscheidungsträger und Verschwendung von Steuergeldern. Für 30.000 DM hatte man dem Künstler Jan Koblasa die Figur abgekauft, finanziert von der Sparkasse. Die Umsetzung vom Alten Rathaus zur Heggerstraße kostete noch einmal 11.000 DM. Hier waren das Land NRW und und die Sparkasse Finanzgeber. Dann ging es Schlag auf Schlag: ein Künstlerwettbewerb wurde ins Leben gerufen. Die Entscheidung über die Objekte traf eine Jury, zu der auch der damalige Bürgermeister Dieter Liebig gehörte. Die Bürgerschaft wurde jedoch erst nach der Entscheidung für die Künstler informiert - was für starke Kritik sorgte. Die Finanzierung übernahm in weiten Teilen die Sparkassenstiftung. Am 27. April 2021 ging es dem Wächter an den Kragen: Beschmiert und beschädigt wurde er mehrfach, doch diesmal wurde er irreparables Opfer eines Rangierunfalls. Der Künstler Jan Koblasa ist 2017 verstorben. Jetzt soll eine Kopie entstehen. Die Versicherung wird den Schaden wohl zahlen. Walter Ollenik kümmert sich nun um Hattingens offene Stadttorflanke im Norden. Möge sie bald geschlossen werden!