Meditationen, Offenes Singen, Konzerte und Führungen durch die historische Kalkantenstube.
Freuen sich auf die vorweihnachtliche Zeit: (v.l.) Organistin Maria Cristina Witte, Dirigent der beiden Kammer-Ensembles Collegium vocale Bochum und Collegium instrumentale Bochum Hans Jakulsky und Pfarrer Dr. Udo Polenske. Foto: Pielorz
Was wäre Hattingen und seine Altstadt ohne den Kirchplatz und die St. Georgs-Kirche! Besonders zur Zeit des Weihnachtsmarktes bietet die rund 800 Jahre alte Kirche einen Ort der Musik, der Freude, aber auch der besinnlichen Momente.
Seit 1974 laden die St. Georgs-Konzerte die Menschen zu einer musikalischen Darbietung in besonderem Ambiente ein. Unter dem restaurierten Sternenhimmel der Kirche erlebten die Besucher den besonderen Zauber der Musik bei mittlerweile mehr als 500 Konzerten. „Selbst in der Corona-Pandemie haben wir auf Sicht organisiert und wann immer es möglich war, musikalische Veranstaltungen in der Kirche angeboten“, sagt Organistin Maria Cristina Witte.
Für die Konzertreihe, die zehn Termine pro Jahr umfasst, wählt sie die Künstler aus. Mittlerweile gibt es Bewerbungen dafür, in der St. Georgs-Kirche auftreten zu dürfen. Beim diesjährigen Weihnachtskonzert kommt unter anderem die „Weihnachts-Historia“ von Heinrich Schütz zur Aufführung - der Todestag des Barockkomponisten jährt sich in diesem Jahr zum 350. Mal.
Ein Leckerbissen sind auch die Führungen in der historischen Kalkantenstube, dem ältesten Winkel der Kirche. Während die St. Georgs-Kirche barrierefrei zu besichtigen ist, gilt dies nicht für den Raum, der hinter der bedeutenden Roetzel-Orgel liegt. Die Orgel der St.-Georgs-Kirche wurde 1826/30 von Christian Rötzel aus Alpe bei Eckenhagen erbaut. Für seine Arbeit erhielt er 2800 Reichstaler - das entspricht dem Wert von etwa 280 fetten Schweinen. „Christian Rötzel war ein sehr angesehener und wohlhabender Mann, der auch noch eine Landwirtschaft betrieb und die Pastorentochter heiratete“, berichtet Maria Cristina Witte, seit vielen Jahren die Organistin in St. Georg. Insgesamt baute Rötzel 63 Werke und seine größte Arbeit ist eben diese Orgel in der Hattinger St. Georgs-Kirche. Wenn man die steilen Treppen zur Kalkantenstube erklommen hat, steht man quasi hinter der Orgel. In der Regel weiß man, dass die Orgel nicht nur ein Tasten-, sondern auch ein Blasinstrument ist. Durch Rohrleitungen gelangt die Luft aus dem Blasebalg bis unter die Pfeife. Ein Ton kann nur entstehen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: zum einen muss ein Registerknopf gezogen und zum anderen muss eine Taste gedrückt werden.
Diese beiden Handlungen geben eine Pfeifenreihe frei und öffnen den Verschluss der Pfeife. Zu theoretisch? Na, dann muss man in die Kalkantenstube gehen, denn dort wird das Gesagte höchst anschaulich - mit allen Sinnen - erlebbar. Und man darf sogar selbst den Ton produzieren und sich als „Windmacher“ präsentieren. Drei verschiedene Modelle gibt es zu bestaunen. Die „Kalkanten“ waren übrigens jene, die sich nach dem Erklingen einer kleinen Glocke an die Arbeit machen mussten, um den Blasebalg zu bedienen. Heute gibt es dafür einen Gebläsemotor. anja