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Dies und Das

Serie: Macher der Region: Wolfgang Endemann

Interview mit Wolfgang Endemann, Geschäftsführer der NSG Group.

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Aus Anlass des 200-jährigen Bestehens der Pilkington Automotive Deutschland GmbH sprach IMAGE mit Geschäftsführer Wolfgang Endemann.

Als eines der ältesten in Witten ansässigen Unternehmen begeht die Pilkington Automotive Deutschland GmbH in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen.
Hervorgegangen ist das versteckt am Crengeldanz liegende Unternehmen aus der 1825 von den Brüdern Gustav und Theodor Müllensiefen gegründeten Glasfabrik Gebr. Müllensiefen. Hergestellt wurden damals Fensterglas sowie sogenanntes Mondglas und Mousselinglas. Gearbeitet wurde zu Anfang im Mundblasverfahren, ab 1913 im Maschinenblasverfahren. 1932 beschäftigte die Glashütte rund 650 Arbeitnehmer, später bis zu 3.800.
Heute ist das Unternehmen Teil der Pilkington Automotive Deutschland und gehört seit 2006 zur NSG Group, einem der weltweit führenden Anbieter von Glas und Verglasungssystemen. Weltweit beschäftigt die NSG Group rund 25.300 Mitarbeitende an vielen Produktionsstandorten. Hinzu kommen Vertriebsaktivitäten in über 100 Ländern.
Die Produkte des Konzerns finden Anwendung beispielsweise in der Solarenergie und als Fahrzeugglas-Ersatzteile sowie als Linsen und Lichtleiter für Drucker und Scanner oder auch als spezielle Glasfaserprodukte für Zahnriemen. In Deutschland sind die Geschäftsfelder Architectural Glass und Automotive vertreten, in denen 2.500 Mitarbeitende tätig sind. Am Wittener Standort an der Otto-Seeling-Straße 7 sind ca. 700 Mitarbeitende tätig, die jährlich ca. 2,4 Mio. m² Scheiben für die Automobilindustrie fertigen.
IMAGE sprach mit Geschäftsführer Wolfgang Endemann über den Wittener Standort und die allgemeine wirtschaftliche Situation.

IMAGE: Herr Endemann, das Unternehmen Pilkington, zu dem auch der Wittener Standort gehört, zeigt in der ganzen Welt Präsenz. Was macht für Sie der Standort in der Ruhrstadt aus?
Endemann: Der Standort hat nicht nur eine 200-jährige Tradition und Geschichte, sondern hat auch einen guten Ruf in der Automobilindustrie, wenn es um komplexe, anspruchsvolle Produkte, meist für Premiumhersteller, geht. Vorteilhaft ist auch die gute Verkehrsanbindung in der Mitte von Deutschland.
IMAGE: Sicherlich gehören viele Mitarbeiter schon lange Jahre zu Ihrem Unternehmen. Finden Sie genügend qualifizierte Nachfolger? Bilden Sie selbst am Standort aus?
Endemann: Fachkräftemangel ist natürlich auch bei uns ein Thema, aber wir haben schon immer selbst Ausbildung betrieben. Sowohl im gewerblichen wie im kaufmännischen Bereich bilden wir aus. Wir unterstützen aber auch die Weiterbildung unserer Mitarbeitenden, beispielsweise in Ausbildung zum Techniker und in der Meisterschule etc. Kaufmännische Ausbildung wird auch im dualen Studium angeboten.
IMAGE: Wie erleben Sie heute die junge Generation? Vielfach wird sie als Generation „Z“ bezeichnet, der die Work-Life-Balance und die Vier-Tage-Woche wichtiger sind als die alltägliche Arbeit.
Endemann: Das ist ein sensibles Thema, weil man Verallgemeinerungen aus meiner Sicht grundsätzlich vermeiden sollte. Es gibt nicht „die Generation Z“, aber ein gewisser Trend ist schon ganz klar bemerkbar. Die Möglichkeit, mobil zu arbeiten wie im Homeoffice und klare Aussagen zur Arbeitsbelastung sind meist die ersten Fragen bei Vorstellungsgesprächen. Erst danach geht es um Details der Jobbeschreibung. Das war früher sicherlich anders, aber ich finde, diese Fragen haben absolut ihre Berechtigung. Entscheidend ist doch, was die jungen Leute dann tatsächlich leisten – und da haben wir zahlreiche sehr gute Erfahrungen, auch mit der „Gen Z“, gemacht.
IMAGE: Welche Rolle spielen für Sie als weltweit agierendes Wirtschaftsunternehmen die politischen Rahmenbedingungen, wie aktuell der Ukrainekrieg, die Nahostkrise oder die Zollpolitik der USA?
Endemann: Als Automobilzulieferer hängen wir vollumfänglich „am Tropf“ der Automobilindustrie und die Auswirkungen von Corona, Halbleitermangel, Störungen der Lieferketten, Energiekosten und Handelsbeschränkungen durch Zölle treffen uns direkt, aber auch indirekt. Wenn Autos nicht verkauft werden, dann werden sie auch nicht gebaut – und benötigen somit unsere Produkte nicht.
IMAGE: Bei der Herstellung Ihrer Produkte wird sehr viel Energie verbraucht. Wodurch gleichen Sie die gestiegenen Energiekosten im Vergleich zum internationalen Wettbewerb wieder aus?
Endemann: Ein wirklicher Ausgleich ist nicht möglich und verbleibt als Wettbewerbsnachteil für unseren Standort im internationalen Vergleich. Verbesserungsprogramme und Initiativen zur Effektivitätssteigerung sind ohnehin immer notwendig, aber auch die Mitbewerber stehen hier nicht still. Somit schließen wir diese Lücke nicht.
IMAGE: Haben Sie als Unternehmen Möglichkeiten, mittel- bis langfristig auf erneuerbare Energien zu setzen?
Endemann: Elektromobilität bei Dienstwagen, der Einkauf von „grünem Strom“ und der Betrieb von Photovoltaikanlagen an unseren Standorten sind fester Bestandteil unserer Umweltpolitik.
IMAGE: Wenn Sie drei Wünsche an die Wittener Politik oder an die Bundesregierung frei hätten – welche wären das?
Endemann: Puh, nur drei? Aber ernsthaft – bezogen auf die Wittener Politik kann ich zunächst einmal ein Lob aussprechen, da wir in sehr gutem und regelmäßigem Kontakt miteinander stehen und auf diese Weise schon häufig schnelle Hilfe und Unterstützung bekommen haben. Der Wunsch nach niedrigeren Energiepreisen steht sicherlich ganz oben auf dem Wunschzettel. Bürokratieabbau wird ebenfalls immer und überall genannt, aber fast noch wichtiger ist die Vermeidung neuer Aufwände, die gefühlt monatlich kreiert werden und Ressourcen verbrauchen, die unsere Kosten signifikant belasten. 
Von Matthias Dix