Dirk Sondermann hat nicht nur den grünen Daumen. Bekannt wurde er durch die Sagenbücher.
Dirk Sondermann hat viele Sagenbücher geschrieben. Jetzt hat er promoviert - über ein theologisch-soziales Thema.
Wenn man 62 Jahre ist, dann denkt man nicht unbedingt an den Erwerb des Doktortitels. Schon gar nicht, wenn man als gelernter Landschaftsgärtner seit 1997 eine eigene Firma führt. Arbeit hat man dann eigentlich genug. Zusätzlichen geistigen Input hat sich der Hattinger Dirk Sondermann immer wieder durch das Schreiben seiner Sagenbücher geholt. Jetzt hat der studierte Theologe promoviert und ist vermutlich in Deutschland der einzige Gartenbauunternehmer mit theologischem Doktorhut.
„Ich habe zunächst angefangen mit dem theologischen Studium in Bochum unter dem Arbeitsethiker Günter Brakelmann. Er war bis zu seiner Emeritierung 1996 Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Ruhr-Universität und beschäftigte sich vor allem mit der sozialen Frage im 19. Jahrhundert. Dann habe ich zwischendurch eine Lehre im Garten- und Landschaftsbau gemacht und erstmal in dieser Richtung weitergearbeitet, bis ich dann meine eigene Firma hatte“, erzählt Sondermann. Ganz nebenbei schrieb der Unternehmer, Arbeitgeber und Theologe - sein Studium brachte er dann doch zu Ende - viele Bücher über heimische Sagen aus Hattingen, Bochum, Wattenscheid, in kindgerechter Form... was einem da so aus der Feder fließt.
Und dann? „Irgendwann reizte mich das mit den Sagen nicht mehr so richtig. Also habe ich überlegt, was ich machen kann und da fiel mir die Theologie wieder ein. Ich mag das, wenn der ganze Mensch gefordert ist - durch körperliche und geistige Arbeit. Also habe ich beschlossen, zu promovieren. Eine wissenschaftliche Karriere wollte ich natürlich nicht mehr“, lacht Sondermann. Eher für sich selbst den Anspruch nach geistiger Nahrung realisieren. Dafür heuerte er bei seinem ehemaligen Professor an. Günter Brakelmann, mittlerweile stolze 91 Jahre alt, Theologe, Sozialwissenschaftler und Historiker, freute sich. Der Gründungsrektor des Instiuts zur Geschichte der Arbeiterbildung in Recklinghausen hat viele Vorträge im DGB-Tagungszentrum in Hattingen und bei der IG Metall im Sprockhöveler Bildungszentrum gehalten. Sein Thema war die soziale Frage - vereinfacht gesagt, die Verarmung der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert, entstanden als Folge der Industrialisierung.
Sagenhafter Doktorhut
„Angefangen habe ich mit dem Schreiben der Dorktorarbeit 2014. Am Anfang habe ich gedacht, ich mach das nur im Winter - jeden Tag eine Stunde. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das nicht funktioniert. Also entwickelte sich die Promotion zum zweiten Job - neben meinem Unternehmen.“ Im Rückblick sagt er: „Wenn ich gewusst hätte, dass ich mich auch für die mündliche Prüfung umfasssend vorbereiten muss - inklusive der Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch - da weiß ich nicht, ob ich das durchgezogen hätte. Aber ich habe einfach angefangen und es mit Erfolg abgeschlossen.“ Mit gutem Erfolg, denn „magna cum laude“ steht unter den vielen Seiten wissenschaftlicher Arbeit, die den Titel trägt: „Vorrang für die Arbeit. Die Sozial- und Arbeitsethik Günter Brakelmanns.“
Für Sondermann gibt es zwischen den Sagen und der Theologie auch durchaus Berührungspunkte: „Das Alte Testament und die Sagen sind beides Berichte mündlicher Überlieferung. Sie wurden von Generation zu Generation weitererzählt und aufgeschrieben. Wie ich mit Sagen umgehe, das habe ich durch die Theologie gelernt: der historische Hintergrund inclusive GPS-Daten war mir immer wichtig und Bestandteil meiner Bücher.“
Sozialen Themen gegenüber ist Sondermann stets aufgeschlossen - vor dem Hintergrund der gleichen persönlichen Historie wie sein Doktorvater Brakelmann. Beide kommen aus dem
Bergbau. Beide kennen Malocher, wissen um die Bedeutung der Mitbestimmung bei der Arbeit.
Jetzt kann Dirk Sondermann sich den
Doktorhut der Theologie aufsetzen.
„Jetzt geht es zurück in die Sagenwelt.“anja