Selten kommen die Unterschiede zwischen Mann und Frau so deutlich zutage wie bei Pferden...
Gerd Putz mit dem Deutschen Pony Alfred (31). Seit 1985 betreibt der Wittener mit seiner Frau Regina eine Reitschule an der Lange Straße: „Ein Mädchen liebt ein Pferd als Kuscheltier und großen Freund. Jungs sind eher Seiteneinsteiger, da steht das sportliche Reiten im Vordergrund.“
Selten kommen die Unterschiede zwischen Mann und Frau so deutlich zutage wie bei Pferden. Beide Geschlechter lieben Pferdestärken. Beim Mann sind es heutzutage eher die PS unter der Motorhaube eines Autos mit vier Rädern, während sich die Frau viel lieber um ein richtiges Pferd mit vier Hufen kümmert.
Über Jahrhunderte war das Pferd ein Tier für Männer. Es half als Arbeits- und Lastentier im Handwerk und in der Landwirtschaft. Auch die Helden der jeweiligen Zeit ritten gerne hoch zu Roß. Napoleon saß auf Marengo, bei Karl May ritt Winnetou auf Iltschi und Old Shatterhand auf Hatatitla. Heutzutage inszeniert sich gerade noch Wladimir Putin mit nacktem Oberkörper auf einem Pferderücken in der sibirischen Taiga.
Nach dem letzten Weltkrieg wurde das Arbeitstier zum Freizeittier. Die Männer stiegen um ins Autos, die waren schneller. Dafür entdeckten die Frauen ihre Leidenschaft für die großen Einhufer und dominieren aktuell mit einem Anteil von über 80 Prozent das Bild in Reitställen und Reithallen. Im deutschen Reitsport haben Frauen seit langem eine herausragende Bedeutung: so holten beispielsweise Liselott Linsenhoff auf Piaff, Nicole Uphoff auf Rembrandt und Isabell Werth auf Gigolo mit Dr. Reiner Klimke auf Ahlerich olympisches Gold.
Warum besonders Frauen Pferde lieben
Meist springt der Funke zwischen Pferd und Mädchen bereits in der Grundschulzeit über. An die Schlafzimmerwände werden Pferdeposter geklebt und ein Pferdebuch und Schulbedarf mit Pferdebildern passt immer zu Weihnachten und Geburtstag. Der Wunsch nach einem eigenen Pferd steht ganz oben. Angesichts der hohen Kosten geht der Traum vieler Mädchen nur selten in Erfüllung. Reitstunden, von Freizeit- und Westernreiten bis hin zum Dressur- oder Springreiten oder eine Reitbeteiligung schaffen da einen Ausgleich. Für Jungen ist die Stallarbeit dagegen offensichtlich nur Pflicht statt Erfüllung. Ihnen steht der Sinn meist mehr nach Turnieren, wo sie sich beweisen können.
Harald Euler, Professor für Psychologie, und Helga Adolph vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Kassel erstellten in den neunziger Jahren eine Studie zur Frage, warum Mädchen und Frauen reiten. Demnach kommt es den Mädchen nicht in erster Linie auf das Reiten an. Ein Pferd ist für sie ein großer starker Freund und verlässlicher Partner. Er gibt Geborgenheit und Trost, hört geduldig zu und liebt es, gestreichelt und gepflegt zu werden. Selbst große Pferde lassen sich von einer kleinen und relativ leichten Reiterin geduldig lenken und heben anschließend anstandslos einen Fuß, damit seine Reiterin den Huf freikratzen kann. Ein Erlebnis, das Selbstvertrauen, aber auch Verantwortungsbewusstsein vermittelt. Zusammen mit vielen Reiterfreundinnen lernen Mädchen neben dem Elternhaus eine neue Welt mit seinem typischen Geruch von Stroh und Pferden kennen. Zumindest so lange, bis die Pubertät kommt. Viele Frauen bleiben ihrer Leidenschaft fürs Pferd aber ein Leben lang treu und finden einen Ausgleich zu Familie und Beruf. Warum suchen dann nicht auch Männer das Glück dieser Erde auf dem Rücken von Pferden? Die Frage ist noch nicht beantwortet. Es gibt auch noch Fußball und Autorennen. dx