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Gesundheit

Nostalgische Erinnerung - eine wärmende Kraft für die Seele?

Nichts ist so spannend und bewegt den Menschen so sehr wie sein eigenes Verhalten und das seiner Mitmenschen. Auch in diesem Jahr greift IMAGE gemeinsam mit Dr. med. Willi Martmöller, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie (Tiefenpsychologie) in unserer Serie „Wie tickt der Mensch“ spannende Fragen auf und stellt verblüffende Antworten aus der Psychologie vor.

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Nichts ist so spannend und bewegt den Menschen so sehr wie sein eigenes Verhalten und das seiner Mitmenschen. Auch in diesem Jahr greift IMAGE gemeinsam mit Dr. med. Willi Martmöller, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie (Tiefenpsychologie) in unserer Serie „Wie tickt der Mensch“ spannende Fragen auf und stellt verblüffende Antworten aus der Psychologie vor.
Gerade in der dunklen Jahreszeit mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsfest werden Menschen oft von nostalgischen Gefühlen überwältigt. „Forscher an der Southampton University haben herausgefunden, dass die Nostalgie eine besondere Form der persönlichen Erinnerung darstellt. Zu ihren typischen Merkmalen zählen das Positive und die Beziehungsorientierung an geliebte Menschen“, erzählt Dr. Willi Martmöller. „Nach bisherigem Forschungsstand gibt es die Nostalgie überall auf der Welt. Vor allem dann, wenn es Menschen nicht gut geht, erinnern sie sich auf diese ganz besondere Art und Weise an gute alte Zeiten. Aktuelle Studien von Johannes Seehusen, Kai Epstude, Tim Wildschut und Constantine Sedikides haben gezeigt, dass nostalgische Gefühle durch einen Auslöser, beispielsweise Musik, Gerüche oder Gegenstände aus der Kindheit, hervorgerufen werden können. Ein internationales Forscherteam um Sedikides definierte Nostalgie 2015 als eine bittersüße, positive und soziale Emotion, die ausgelöst wird, wenn man an bedeutsame Erlebnisse zurückdenkt. Der meistgenannte Auslöser in den Studien ist jedoch ein negativer Gemütszustand, häufig infolge wahrgenommener Bedrohung. Die Forscher konnten außerdem zeigen, dass Menschen diese Gefühle verstärkt entwickeln, wenn sie sich in einer kalten Umgebung befinden. Die Metapher einer wärmenden Erinnerung bekommt in diesem Zusammenhang eine praktische Relevanz. Nostalgische Gefühle übernehmen in Zeiten von Kälte und Bedrohung bei vielen Menschen eine besondere Schutzfunktion.
Aber: Vorsicht ist bei Depressionen geboten. So konnte die Psychologin Jutta Joorman (Universität Miami) zeigen, dass positive Erinnerungen Depressive oft nur noch trauriger stimmen. Offenbar können despressive Menschen ihr aktuelles Ich nicht mit dem glücklicheren Ich der Vergangenheit zusammenbringen. Sie vergleichen nur und empfinden ihre Lage dann als umso aussichtsloser.“  anja

Nostalgie - von der Nervenkrankheit zum Retrokult?
Im 17. Jahrhundert wurde Nostalgie als Krankheit verstanden. Der Schweizer Mediziner Johannes Hofer beschrieb damit die psychischen und physischen Leiden von Söldnern, die in der Fremde ihren Dienst taten. Hofer verstand Nostalgie als Nervenkrankheit, die zum Tode führen könne. Die Störung erklärte er durch Lebensgeister, die jene Fasern des Gehirns in Schwingung versetzten, in denen Erinnerungen an die Heimat gespeichert seien. Zeitgenossen Hofers glaubten an andere fragwürdige Ursachen. Da nach damaligem Wissensstand hauptsächlich Schweizer Söldner von Nostalgie befallen waren, wurde spekuliert, dass das ständige Läuten der Kuhglocken Schäden am Trommelfell und Gehirn verursache oder die Luftdruckveränderungen verantwortlich seien, wenn Bewohner der Alpen in die Täler Europas zögen. Im frühen 20. Jahrhundert wurde Nostalgie als psychiatrische Störung definiert. Vertreter der Freud’schen Psychoanalyse sahen in ihr eine Form der Melancholie oder Depression, die als Fluchtreaktion von Menschen zu verstehen sei, die den Anforderungen des Lebens nicht gewachsen sind. Die moderne Forschung sieht in der Nostalgie eine positive soziale Erfahrung, die eine Schutzwirkung entfalten kann.