Soziale Einrichtung wünscht sich ein besseres Miteinander an der August-Bebel-Straße.
Team der Tafel
Seit 2003 versorgt das „soziale Gewissen” Hattinger Tafel die Hattinger Bürgerschaft und zahlreiche Geflüchtete mit Lebensmitteln. Mittlerweile gibt es sogar eine Ausgabe in Sprockhövel in der Grundschule Haßlinghausen. In der Hauptstelle in der August-Bebel-Straße 21 werden in der Regel täglich zwischen 11.30 und 12.30 Uhr Lebensmittel ausgegeben. „Es ist alles viel teurer geworden. Auch die Lebensmittelhändler spüren den Kostendruck. Lebensmittel, die früher an die Tafel gegangen sind, verkaufen die Läden jetzt selbst zu vergünstigten Preisen. Diese Erfahrung macht aber nicht nur die Hattinger Tafel. Fast alle Einrichtungen haben Probleme”, sagt der Geschäftsführer Jürgen Sotzek.
Gleichzeitig kommen immer mehr Menschen zur Tafel. Das hängt zum einen mit den steigenden Lebenshaltungskosten zusammen, zum anderen aber auch mit der steigenden Zahl der Menschen, die nach Deutschland kommen. „Unsere Arbeit ist deutlich schwieriger geworden. Das liegt aber nur zum Teil an fehlenden Lebensmitteln und Verständigungsschwierigkeiten mit der Kundenklientel.“ In der August-Bebel-Straße 21, seit Oktober 2022 die neue Heimat der Tafel, deren langjährige Räumlichkeiten in der Nordstraße gekündigt wurden, können sich offenbar nicht alle Nachbarn mit der gemeinnützigen Einrichtung anfreunden. Kein Problem gibt es mit den vier Mietparteien im gleichen Haus. Doch mit der Nachbarschaft gibt es Ärger. „Unsere Klienten seien zu laut, würden Zigarettenkippen überall hinwerfen und Autos stünden auf privaten Parkplätzen. Außerdem stört die Menschenschlange, die sich maximal eine Stunde pro Tag rund um die Ausgabezeit der Lebensmittel bildet“, berichtet Jürgen Sotzek. Die Situation eskalierte und mittlerweile beschäftigt sich auch ein Rechtsanwalt mit dem Thema.
Dabei versuchen Jürgen Sotzek und Georg Fink zu deeskalieren. „Am Anfang mussten wir vor allem mit den Menschen klarkommen, die die deutsche Sprache nicht sprechen. Das war nicht so einfach. Mittlerweile kennt man sich aber und ich denke, wir haben das im Griff. Außerdem konnten wir dank der Initiative eines Mieters einen anderen Zugang zur Lebensmittelausgabe wählen. Die Menschen kommen jetzt durch eine Tür in der am Haus angrenzenden Garage und gelangen so auf den Hinterhof. Der Rückweg ist gleich und damit das so bleibt, haben wir den Weg zur Straße ‚Im Mühlenwinkel‘ abgesperrt. Da sind die Menschen früher durchgegangen.“ Und das sorgte für Ärger.
Mit ihrem Vermieter Dr. Bernd Weinbrenner hat die Hattinger Tafel einen unbefristeten Mietvertrag geschlossen. Er kann den Ärger nicht verstehen und hat sich mehrfach die Situation angesehen. Auch die Tafel-Mitarbeiter sehen keine Versäumnisse, haben sich aber aufgrund der guten Nachbarschaft für eben jene andere Lösung stark gemacht und schließlich auch umgesetzt.
„Wir hoffen sehr, dass jetzt Ruhe und Frieden einkehrt. Natürlich ist es etwas anderes, wenn hier vorher eine Arztpraxis war, danach eine Versicherung, dann ein lägerer Leerstand und nun die Hattinger Tafel die Räume gemietet hat. Aber wir sind immer gesprächsbereit und versuchen, für alle Beteiligten ansprechende Lösungen zu finden. Schließlich ist doch auch klar, dass wir gut erreichbare und zentral gelegene Räume brauchen, damit die Menschen den Weg zu uns finden.“ Das tun zwischen dreißig und sechzig Personen pro Tag. Es gibt einen Aufnahmestopp, denn das Verhältnis zwischen Lebensmittelspenden und Bedürftigen klafft weit auseinander. So gibt es viel mehr Menschen, die Hilfe brauchen.
Das hat schon etwas von Mobbing
Von den Geldspenden fehlende Lebensmittel einfach dazukaufen, sei nicht der Sinn. „Das entspricht nicht dem Tafel-Gedanken. Hier geht es darum, noch gute Lebensmittel, die im Geschäft nicht mehr verkauft werden können, an Menschen abzugeben, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Es geht nicht darum, uns Geld - aus welchen Fördertöpfen oder Stärkungspakten auch immer - in die Hand zu drücken, mit dem wir einkaufen gehen sollen, um diese eingekauften und normal bezahlten Produkte für einen symbolischen Euro an unsere Klientel abzugeben,“ so Sotzek. Was Menschen nicht wissen: Die Hattinger Tafel zahlt viel Geld - bis zu einer vierstelligen Summe - pro Monat für die Entsorgung der Bio-Tonnen. Denn einige Lebensmittel sind einfach nur noch zum Entsorgen geeignet.
Für den Vermieter Dr. Bernd Weinbrenner ist auf jeden Fall klar: Er will das Mietverhältnis in jedem Fall aufrecht erhalten. Schließlich brauche man diese Einrichtung und er fände es großartig, was in den Räumen seiner ehemaligen Praxis geschehe. Was sich die Tafel-Beteiligten wünschen: „Wenn es ein Problem gibt, dann kann man mit uns direkt reden. Sonst bekommt man das Gefühl, es gehe nicht um einzelne Probleme, sondern darum, dass wir wieder verschwinden sollen. Da fühlen wir uns dann doch irgendwie gemobbt.“ anja
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