Freiwillige Feuerwehr schafft zweites Schutzziel. Sorgen bei der Unterbringung der Ehrenamtlichen.
Regelmäßig müssen Gemeinden unter Beteiligung der Feuerwehr Brandschutzbedarfspläne aufstellen und erneuern. Auch der Rat der Stadt Hattingen hat nach fünf Jahren wieder einen neuen Brandschutzbedarfsplan verabschiedet. Kern des Planes ist die Tatsache, zeitnah auch in der Nacht die hauptamtlichen Kräfte wieder von acht auf zehn Personen aufzustocken.
Das war eine wesentliche Empfehlung aus dem Gutachten. 2016 hatte man in Hattingen beim Brandschutzbedarfsplan erstmalig in einer Pilotphase die Ausrückstärke in einer sogenannten „Nachtabsenkung“ berechnet, die durch die Freiwillige Feuerwehr mit Sonderfahrzeugen kompensiert werden sollte. Dabei handelte es sich um den Zeitbereich 2 (nach 16.30 Uhr sowie samstags, sonn- und feiertags). Statt wie bisher mit zehn Hauptamtlichen probierte man es nun mit acht Hauptamtlichen und zwei Ehrenamtlichen.
Die Stadt Hattingen verfügt über eine hauptamtliche Wache, in der inklusive Rettungseinheit rund neunzig Personen tätig sind. Ergänzt wird das Hauptamt durch die Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr mit rund 200 Helfern. Die Freiwilligen müssen jedoch bei jedem Alarm vom Arbeitsplatz oder von Zuhause erst zur Wache fahren und von dort geht es in den Einsatz. „Weil das so ist, haben wir festgestellt, dass die Kollegen und Kolleginnen der Freiwilligen Feuerwehr das erste Schutzziel von acht Minuten kaum erreichen können. Die Erreichungsgrade im ersten Schutzziel der freiwilligen Einheiten lagen lediglich bei 19 Prozent. Vollständig erreicht haben sie jedoch das zweite Schutzziel von unterhalb 13 Minuten“, so Hattingens Feuerwehrchef Tomás Stanke. Das sei eine wichtige Erkenntnis. „Beispielsweise ist festgelegt, dass eine bewusstlose Person innerhalb von 17 Minuten von einem Notarzt versorgt werden muss. Daher brauchen wir die Kollegenschaft im Ehrenamt bei unseren Einsätzen unbedingt.“ Die bundesweit gültigen Werte basieren auf einer mittleren Bemessungsebene. Angenommen wird ein Wohnungsbrand in der ersten Etage mit einer zu rettenden Person.
Zehn-Personen-Besetzung wieder nachts und zum Wochenende
Deshalb stellt der neue Brandschutzbedarfsplan den Status quo von vor 2016 wieder her. „Eine Ausrückstärke von zehn Hauptamtlichen ist für die Sicherheit der Hattinger Bevölkerung und für unsere eigenen Sicherheitskräfte notwendig – 365 Tage im Jahr für 24 Stunden“, sagt der Hattinger Feuerwehrchef. Vor 2016 habe man ja auch auf zehn hauptamtliche Funktionen ganzjährig und ganztägig zurückgegriffen und das habe gut funktioniert.
Bei der Berechnung des Personalbedarfs hat sich allerdings herausgestellt, dass der Bereich des Brandschutzes um die erforderlichen Stellen aufgestockt werden muss, um die notwendige Stärke von zehn Funktionen zu erreichen. Will man die Ausweitung des Stellenplanes aus haushalterischen Gründen vermeiden, könnte man einen Rettungswagen reduzieren, der im Stellenplan mit zwei Funktionen im 24- Stunden-Dienst eingeplant ist und durch ausgebildete Brandschutz-Beamte besetzt wird. Die eingesparten zwei Funktionsstellen im Rettungsdienst ergeben zehn Planstellen im Stellenplan. Fünf von ihnen sollen aus dem Rettungsdienst in den Brandschutz erfolgen. An den weiteren fünf Stellen im Rettungsdienst sollen sogenannte kw-Vermerke (kw steht für „kann wegfallen“) angebracht werden. Die Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes, so die Stadtverwaltung, wird durch diese Maßnahme nicht berührt. Die Feuerwehr Hattingen würde nach Abgabe eines Rettungswagens weiterhin über ein Notarzt-Einsatz-Fahrzeug (NEF), einen Rettungswagen (RTW) und einen Krankentransportwagen (KTW) verfügen. Die Reduzierung um einen Rettungswagen muss mit dem EN-Kreis als Träger abgestimmt werden. Dieser könnte dann einen Dritten mit dem Betrieb des Rettungswagens beauftragen.
Dieser Plan ist in Arbeit. Wobei der Personalmangel im Hinblick auf die Fachkräfte eine Herausforderung ist. Ob der EN-Kreis diese Lösung mitträgt, ist offen. Und noch etwas muss in diesem Jahr dringend gelöst werden: die Unzufriedenheit der Freiwllligen Feuerwehr.
Schlechte Stimmung bei der Freiwilligen Feuerwehr
Der neue Löschzug Nord ist strategisch bereits aus den Kräften aus Welper, Blankenstein und Holthausen zusammengeführt. Aber das neue Feuerwehrhaus muss noch gebaut werden. Auch wenn der Stadtrat Druck machte und die Vergabe an einen Generalunternehmer beschlossen hat, sieht Baudezernent Jens Hendrix eine Fertigstellung des neuen Gebäudes zwischen der Blankensteiner Straße und der Bergstraße bis Ende 2024 kritisch bis unrealistisch. Der bauliche Zustand der Feuerwehrgerätehäuser in Holthausen, Welper und Blankenstein ist dabei denkbar schlecht. In Holthausen ist das Gebäude einsturzgefährdet und teilweise stillgelegt. Die Räume in Welper sind von Baustellen umgeben und in Blankenstein passt kein Großfahrzeug mehr hinein. Es ist nicht so, dass die Stadt Hattingen sich nicht um eine Zwischenlösung bemühen würde - aber in der Nähe des neuen Standortes gibt es keine passende Halle, die man anmieten könnte. Zu teuer und von der Zeitschiene zu lang wäre auch die Errichtung einer Halle in Leichtbauweise.
Daher ist man auf den Gedanken gekommen, in Holthausen den maroden Turm abzureißen, das Gebäude notdürftig in Stand zu setzen und mit einem Sanitärcontainer halbwegs vernünftige Arbeitsbedingungen zu schaffen. Für Begeisterungsstürme sorgt das nicht - bei der Verwaltung nicht und schon gar nicht bei den Ehrenamtlichen, die unter diesen Bedingungen arbeiten sollen. Auch in Welper und Blankenstein will die Verwaltung noch mal überlegen, was auf die Schnelle verbessert werden kann. Die neue Feuerwache, deren Standort in der Bevölkerung nicht unumstritten ist, soll zweigeschossig gebaut werden und über Schulungsräume, Büros und Garagen für die Einsatzfahrzeuge verfügen. Ein Augenmerk liegt auf dem Lärmschutz, denn darüber haben sich Anwohner bereits beschwert. Ein besonderer Streitpunkt war aber die Lage der neuen Feuerwache Nord, muss doch dafür ein Waldstück gerodet und neue Fläche versiegelt werden. Viele Stimmen aus der Hattinger Bürgerschaft halten diese Vorgehensweise für nicht mehr zeitgemäß. Die Alternative an der Lindstockstraße gegenüber dem Gymnasium wurde jedoch verworfen. anja