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Sprockhövel

Neubürger haben ihre individuelle Geschichte

Kommunales Integrationsmanagement für Neuzugewanderte (KIM): Es fehlt Fachpersonal.

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Angelica Urrutia ist jetzt im Ruhestand. Die gebürtige Chilenin arbeitete bei der Stadt Sprockhövel im Kommunalen Integrationsmanagement. Ihre Stelle gibt es aber nicht mehr. Foto: Pielorz

Kommunales Integrationsmanagement (KIM) für Neuzugewanderte - was soll das denn sein?
Der sehr sperrige Begriff wurde eingeführt vom Land NRW, soll die Kommunen stärken und die intra- und interkommunale Zusammenarbeit fördern. Neuzugewanderte sollen schneller integriert werden, gerade in den Phasen des Rechtskreiswechsels ist ein lückenloser Übergang wichtig.
Das Kommunale Integrationszentrum (KI) für den Ennepe-Ruhr-Kreis wurde 2012 als eines der ersten in Nordrhein-Westfalen auf Basis eines Beschlusses vom Kreistag eingerichtet und wird durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) sowie das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) gefördert. Allgemeine Rechtsgrundlage für die Arbeit des KI ist das Gesetz zur „Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen”. Gemeinsam mit den Akteuren in den Stadtverwaltungen, bei den freien Trägern, in Unternehmen und Bildungseinrichtungen, Vereinen und Verbänden sollen vorhandene Integrationsangebote gestärkt werden.
Der Stadtrat hat im September 2020 beschlossen, eine bis zum 31. Dezember 2022 befristete Teilzeitstelle zu schaffen, die über den Ennepe-Ruhr-Kreis aus dem Programm für „Kommunales Integrationsmanagement (KIM)“ aus Landesmitteln gefördert wird. 24 Stunden pro Woche standen zur Verfügung. Zielgruppe der neuen Stelle sind Neuzugewanderte mit EU-Status und Menschen mit gesichertem Aufenthaltstitel, unabhängig von ihrem Alter und ihrer Herkunft. Die Sozialpädagogin Angelica Urrutia, die eine langjährige Erfahrung im Thema Flüchtlingsarbeit mitbringt, besetzte die Stelle.
Diese erste Anlaufstelle für neu zugewanderte Menschen in Sprockhövel sollte eine individuelle und ganzheitliche fachliche Beratung, Integrationsbegleitung und Hilfeplanung für die erste Phase der Integration bieten. Sie begleitete Menschen je nach Bedarfslage in allen Bereichen der Integration: Arbeit, Familie, Sprache, Anerkennung der verschiedenen Zeugnisse, Fragen zum Aufenthalt, Finanzen, Gesundheit, Schule/Kita, Wohnen und vieles mehr. Sie unterstützte bei Fragen zu Ämtern, Behörden und anderen Beratungsstellen. Das Angebot der KIM-Stelle lief zum 31. Dezember 2022 aus. Die Stelleninhaberin Angelica Urrutia verabschiedete sich in den Ruhestand. Und jetzt?
Angelica Urrutia erzählt: „Die Stadt Sprockhövel hat Hinweise vom Land NRW erhalten, dass das KIM-Projekt für weitere Jahre gesichert ist. Trotzdem hat die Stadt die Zusammenarbeit nicht weitergeführt und meine befristete Stelle nicht entfristet. Die Stadt Witten beispielsweise hat anders entschieden und die Stelle rechtzeitig entfristet.”
Auf der Homepage der Stadt Sprockhövel wurden vor kurzem für das Thema Integration noch drei Ansprechpartnerinnen angegeben: Frau Ayu-Ehlert, Frau Biet Sayah und Frau Urrutia Garrido, die als sogenannte Case Managerin (Fallberaterin) die Stelle aus der KIM-Förderung bezogen hatte. Jetzt, wo Angelica Urrutia im Ruhestand und ihre Stelle weggefallen ist, bleiben nur noch zwei Namen übrig. Eine von ihnen tritt allerdings eine unbefristete Stelle in einer Nachbarstadt an und die andere laboriert schon seit längerer Zeit an einer Krankheit herum. Auf Nachfrage erklärt die Pressestelle der Stadt Sprockhövel die Informationen für zutreffend. Man sei bemüht, personelle Verstärkung im Bereich der Integration anzuwerben. Der Fachbereichsleiter Michael Bergediek ist derzeit auf der Homepage der einzige Ansprechpartner.
„Die Menschen, die nicht in Sammelunterkünften leben, haben einfach keinen richtigen Ansprechpartner“, findet Angelica Urrutia. Dabei sei gerade die individuelle Integration so wichtig. „Das ist wie in der Pflege. Jeder Fall ist anders. Die Menschen kommen hierher und wissen nicht, wie die Bürokratie funktioniert. Wie geht das mit den Anträgen für das Job-Center, die Krankenkasse, die Schwerbehinderung? Wie beantrage ich einen Platz für einen Kindergarten? Viele verstehen schon die Alltagssprache nicht - die Behördensprache mit den zahlreichen Formularen noch viel weniger.“
Die Herausforderungen tauchten einfach im Alltag auf. „Wenn eine Familie mit Kindern Leistungen aus verschiedenen Ämtern bezieht - beispielsweise sind sie europäische Arbeitnehmer und haben ein schwerbehindertes Kind - dann kommen diese Menschen mit ihren Formularen immer wieder zu ihren Ansprechpartnern.“ Wenn welche da sind.
„Lebensmittelgutscheine gibt es vom Jobcenter, nicht vom Sozialamt. Aber das Jobcenter für Sprockhövel sitzt in Schwelm. Wie sollen die Menschen dahin kommen? Die großen Städte sind mit ihren Aufnahmen von Zugewanderten am Limit. Daher werden diese Menschen zunehmend dem ländlichen Raum zugewiesen. Doch hier fehlt die Infrastruktur und nicht selten das Fachpersonal. Und weil wir diese Menschen nicht adäquat betreuen können, schaffen sie sich mittelfristig eine eigene Struktur. So entstehen Parallelwelten und genau das wollen wir eigentlich verhindern“, erklärt Urrutia. anja