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Sprockhövel

Migration, Integration, Treffpunkt: 10 Jahre Café MITeinander

Flüchtlingshilfe Sprockhövel & Ev. Kirche Bredenscheid-Sprockhövel mit Multikulti-Projekt.

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Fereshte kam mit ihrem Mann und zwei Kindern im Alter von einem und drei Jahren 2015 aus Afghanistan nach Sprockhövel. Im Café Miteinander im ev. Gemeindehaus am Perthes-Ring trafen sie auf Menschen, die ihnen helfen wollten. Ein fremdes Land, eine fremde Kultur und eine fremde Sprache – nicht einfach. Heute, zehn Jahre später, spricht Fereshte gut Deutsch. Ihre Kinder besuchen in Hattingen die Gesamtschule und ihr Mann hat eine Arbeit in einem Industrieunternehmen gefunden. Die Familie lebt in Sprockhövel und ist glücklich. Sie ist angekommen. Es gibt telefonische Kontakte in die alte Heimat. Familie und Freunde leben noch dort. Zurück nach Afghanistan will Fereshte mit ihrer Familie jedoch auf gar keinen Fall. „Ich durfte dort nur vier Jahre zur Schule gehen. Deshalb habe ich keinen Schulabschluss. Ich habe hier als Hilfskraft acht Monate in einem Kindergarten gearbeitet. Jetzt möchte ich einen Minijob haben und ich würde auch so gerne noch einen Schulabschluss machen. Ich fühle mich sehr wohl hier“, erzählt sie. Sie hofft, gemeinsam mit deutschen Freunden ihre Lebensträume erreichen zu können. Ihre zwei Söhne, so sagt sie, spielen hier Fußball und dadurch habe sie viel Kontakt zu deutschen Familien bekommen. 
Auch die zwölfjährige Limar aus Syrien lebt in Sprockhövel. Sie kam vor drei Jahren und besucht die Mathilde-Anneke-Schule. Sie spricht sehr gut Deutsch und kam mit ihren Eltern. Ihr Lieblingsfach ist Sport und was sie später beruflich machen möchte – darüber muss sie noch nachdenken. Was sie aber weiß, ist, dass sie als Mädchen hier viele Möglichkeiten hat. Sie hat Freundinnen gefunden und kommt auch gerne ins Café MITeinander.
Die Sonderpädagogin Ingrid Leukers-Bölicke gehört gemeinsam mit Pfarrerin Heike Rienermann und Andrea Schikfelder zu den Gründerinnen vom Café MITeinander. 2015 kamen rund 25 Ehrenamtliche zusammen, die in zwei Schichten einmal pro Woche ein Café auf die Beine stellten mit dem Ziel, Sprachkenntnisse zu vertiefen, miteinander zu reden und sich kennenzulernen – auch gerne einmal mit Händen und Füßen. Das Café entwickelte sich schnell zu einem Treffpunt zwischen den Geflüchteten und den „Paten“, die ihnen zur Seite standen. Am Tisch mit deutschem und arabischem Kaffee, Tee, Gebäck und anderen Köstlichkeiten kam man ins Gespräch. Die Kinder wurden mit kreativen Bastelangeboten, aber auch mit Kicker, Billard und Tischtennis beschäftigt. Bis zu fünfzig Menschen waren im Café MITeinander im Gemeindehaus keine Seltenheit. 
Im Laufe der Zeit wurden viele Feste gefeiert – auch St. Martin und das Zuckerfest. „Wir haben immer Wert darauf gelegt, unsere Kultur und die religiösen Feste zu feiern. Aber genauso wollten wir die Feiern und Traditionen der Kultur der geflüchteten Menschen kennenlernen. Das hat in Sprockhövel wunderbar funktioniert“, sagt Ingrid Leukers-Bölicke. Bei den Festen, teilweise mit Live-Musik, brachten die Gäste viele verschiedene Speisen für das Buffet mit. Zum wöchentlichen Café Miteinander gab es Kuchenspender eines heimischen Bäckers. Das ist auch heute noch so, obwohl das Café nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch einmal im Monat, donnerstags von 16 bist 18.30 Uhr im ev. Gemeindehaus stattfindet. „Mit der Corona-Pandemie hat sich viel verändert. Die Menschen sind individueller in ihrer Freizeit geworden und es gibt nicht mehr so viele Ehrenamtliche, die Zeit für die Gemeinschaft haben. Das merken wir deutlich. Außerdem hat sich das gesellschaftliche Klima zum Thema Migration verändert.“
Ingrid Leukers-Bölicke weiß natürlich, dass es unter der großen Zahl von Migranten auch Menschen gibt, bei denen die Integration nicht funktioniert hat. „Aber mein Eindruck der letzten zehn Jahre ist es, dass dort, wo es zu einem Miteinander gekommen ist und wo auf dem Land oder in kleinen Städten die Menschen sich begegnet sind und sich vernetzt haben, das gemeinsame Leben gut funktioniert. Hier kennt man sich. Natürlich gibt es Herausforderungen. Es ist schwierig, sich über die kulturellen Grenzen hinaus zu begegnen. Es gab und gibt dazu immer Angebote, aber sie werden oft nicht wahrgenommen. Die Kinder der geflüchteten Menschen haben durch den Besuch von Kita und Schule einen schnellen Zugang gefunden. Für ihre Eltern ist das oft schwieriger. Trotzdem haben sich viele Freundschaften entwickelt – über die kulturellen Grenzen hinweg. Für die Ehrenamtlichen vom Café MITeinander ein schöner Erfolg, über den wir uns sehr freuen.“
Das soll gefeiert werden und zwar am Samstag, 15. November, 17 bis 22 Uhr, im großen Saal im ev. Gemeindehaus am Perthes-Ring. Der Zirkus RatzFatz feiert mit, es gibt ein multikulturelles Mitbring-Büffet, Musik und Tanz. Wer mag, ist willkommen. von Dr. Anja Pielorz