IMAGE-Serie „Starke Frauen“: Geschäftsführerin Michaela Habbel, Brennerei Habbel.
Michaela Habbel (35) ist ist die Urenkelin von Josef Habbel, der die Brennerei Habbel in Sprockhövel vor 100 Jahren gründete. Hand in Hand mit ihrem Vater Michael stand sie als Frau in einem Betrieb ihren Mann, der zwischen Fässern und Brennern nicht unbedingt zu den frauentypischen Arbeitsplätzen gehört. Heute ist sie Geschäftsführerin der denkmalgeschützten Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel Liqueur Manufactur/Hillock Park Distillery. Ende der 1970er Jahre kam aus dieser Brennerei der erste deutsche Whisky. Heute ist ihr Hillock-Whisky international bekannt. Habbel ist das sauerländische Wort für einen kleinen Hügel (engl. hillock). Michaela Habbel ist Präsidentin im Verband deutscher Whiskybrenner - und im Portrait in der IMAGE-Serie „Starke Frauen“.
IMAGE: Sie wurden 1988 geboren. Wie haben Sie Ihre Kindheit erlebt? Typisch Mädchen?
HABBEL: Ich bin mit selbstbewussten und starken Frauen aufgewachsen. Zunächst meine Mutter, aber auch meine Oma. Meine Mutter hat mir als Kind oft Geschichten von mutigen Frauen erzählt, beispielsweise bei einem Arztbesuch. Sie war früh nach meiner Geburt wieder berufstätig und meine Oma führte das Restaurant neben der Brennerei. Frauen haben in der langen Tradition unseres Familienbetriebes immer wieder Führungsstärke bewiesen, zum Beispiel auch in Kriegszeiten. Das wurde mir vorgelebt. Natürlich habe ich auch mit Barbie-Puppen gespielt. Aber genauso gerne bin ich Trecker gefahren und habe mich im Dreck und auf Baustellen getummelt. Schminke und Lockenwickler habe ich aber natürlich auch ausprobiert. Nur ein Rosa-Pink-Fan war ich nie.
IMAGE: Sie sind Betriebswirtin. War von Anfang an klar, das Sie die Brennerei übernehmen wollen?
HABBEL: Ja, das war es. Ich habe immer gesagt, ich mache mit der Brennerei weiter. Ich habe keine Geschwister und mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, ob das für eine Frau etwas Ungewöhnliches ist oder nicht.
Ich habe einfach nie das Geschlecht in den Mittelpunkt von Überlegungen gestellt. Für mich zählte die Leistung. Respekt und Loyalität sind mir wichtig. Ich habe erst später begriffen, dass ich als Frau tatsächlich in dieser Branche schon so etwas wie ein Einhorn bin. Zu Anfang bin ich sehr gefördert worden und viele fanden es toll, dass ich mich als Frau so etwas traue. Ich fiel auf und das konnte durchaus auch ein Vorteil sein.
Erste negative Erlebnisse sind erst daraus entstanden, dass man auf einmal merkte, man muss mich als Konkurrentin ernst nehmen.
IMAGE: Was gab es denn für negative Reaktionen?
HABBEL: Die Diskussion um die Optik beispielsweise. Auf der InterWhisky-Messe in Frankfurt, als ich als Ausstellerin meinen Hillock präsentierte, hielt man mich für eine Hostess und sprach nur mit den männlichen Kollegen über den harmonischen Single Malt, der mit Noten von Kakao, Orangen und etwas Rauch begeisterte. Entsprechend baff reagierten die Whiskyfans, als ich ihnen erklärte, wer ich bin. Ich habe mich aber nie beleidigt zurückgezogen, sondern bin offensiv damit umgegangen. Ich wusste mich zu wehren und habe immer durch Leistung überzeugt.
IMAGE: Wo sehen Sie die größten beruflichen Nachteile bei Frauen?
HABBEL: Fangen wir anders an: Was ich gut finde, ist, dass Frauen heute und hier selbst entscheiden können. Wollen sie berufstätig sein und wenn ja, was wollen sie machen? Leistungsstarke Frauen überzeugen durch Taten, nicht durch Worte. Vollkommen aus der Zeit finde ich ungleiche Gehälter von Männern und Frauen bei gleicher Tätigkeit. Ich bin keine Freundin der Frauenquote, weil ich davon überzeugt bin, dass starke Frauen sowas nicht nötig haben. Arbeitsplätze sollten nach Kompetenz besetzt werden. Teamfähigkeit, Empathie und Leistungsstärke sind für mich Werte, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben. Es sind Talente. In den heutigen Debatten um Frauen und Verhalten wird mir allerdings auch manches zu hoch aufgehängt. Ich finde, Frauen sollten sich nicht immer hinterfragen, wie sie wirken. Sie sollten selbstbewusst auftreten, einfach machen und dazu stehen.
IMAGE: Arbeiten Sie denn lieber mit Männern oder mit Frauen zusammen?
HABBEL: Das ist mir total egal. Ich habe in den letzten Jahren mehrere Destillateurinnen ausgebildet. Die sind alle erfolgreich. Aber ich verstehe mich auch mit meinen männlichen Kollegen super. Ich habe viele Freundinnen, die nicht berufstätig sind, weil sie sich bewusst für Familie und Kinder entschieden haben. Trotzdem sind das selbstbewusste Frauen, die sich nie als abhängig definieren würden. Ich habe mich für die Selbstständigkeit entschieden und würde auch mit einem Kind weiterarbeiten wollen.
Man muss aber auch sagen: Wer selbstständig ist und/oder alleinerziehend, ist oft von der Situation gefordert und hat nicht immer die Möglichkeit einer Wahl. Es hat durchaus in meinem Leben Situationen gegeben, da hätte ich mir die Wahlfreiheit gewünscht, mal mehr Zeit für mich nutzen zu können.
Auf der anderen Seite: Wenn man es dann geschafft hat, macht es einen stolz und man wächst daran. Es sind die Krisen, die uns weiterbringen und unser kreatives Denken beflügeln. Das gilt für Männer und Frauen. Die Voraussetzung dazu sehe ich in der Tatsache begründet, dass man das, was man tut, mit Leidenschaft tun muss. Das Finanzielle sollte dabei nicht vor der Leidenschaft stehen.
IMAGE: Was raten Sie jungen Frauen heute in Sachen Berufsfindung und Berufstätigkeit?
HABBEL: Folgt euren Träumen! Leistungsstarken und selbstbewussten Frauen steht die Welt offen. Aber man bekommt eben auch nichts geschenkt. Geschenke gibt es nämlich nur zum Geburtstag und zu Weihnachten.anja