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Gesundheit

Künstliche Intelligenz in der Darmdiagnostik

1958 begann mit der Vorstellung eines neuen halbflexiblen Gerätes zur Magenspiegelung das Zeitalter der Fiber-Endoskopie. Etwa 10 Jahre später gelang es, den gesamten Dickdarm zu inspizieren. Nun unterstützt auch künstliche Intelligenz die Darmdiagnostik. Image sprach mit Prof. Dr. Andreas Tromm, Facharzt für Gastroenterologie und Leiter des ambulanten Endoskopiezentrums am EVK Hattingen, über die neuen Entwicklungen.

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Prof. Dr. Andreas Tromm, seit 25 Jahren bei den Augusta Kliniken, seit 22 Jahren Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Ev. Krankenhaus Hattingen. Foto: Augusta Kliniken

Viele Menschen schreckt der Begriff Darmspiegelung erst einmal ab. Doch was ist überhaupt genau eine Darmspiegelung und welche Rolle spielen Polypen im Darm?
Prof. Dr. Tromm: Die Darmspiegelung ist die Methode zur Früherkennung von Darmkrebs. Dabei wird die Darmschleimhaut mit einem flexiblen Endoskop auf Polypen und andere Auffälligkeiten untersucht. Voraussetzung ist, dass die Darmschleimhaut sehr gut gereinigt ist. Da Darmkrebs in über 95 % über die Vorstufe von Polypen entsteht, gilt der Detektion von Polypen die größte Aufmerksamkeit. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen werden bei Männern ab 50 Jahren in etwa 25 % der Fälle und bei Frauen ab 55 Jahren in 20 % der Fälle Polypen entdeckt. Es hat sich gezeigt, dass in den über 20 Jahren, in denen Vorsorge-Coloskopie in Deutschland durchgeführt wird, die Rate an Darmkrebs zu erkranken bzw. zu versterben um über 30 % reduziert werden konnte.

Was sagen Sie zur Entwicklung der Technik in den letzten Jahren und Jahrzehnten? In wie weit kann künstliche Intelligenz bei der Diagnostik hilfreich sein?
Prof. Dr. Tromm: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Technik sprunghaft verbessert: Dies entspricht etwa der Entwicklung vom alten Röhren-Fernseher zum modernen hochauflösenden 4K-Flach-Bildschirm. Moderne hochauflösende HDTV-Endoskope ermöglichen eine exzellente Beurteilbarkeit der Schleimhaut. Die integrierte Zoom-Funktion sowie Veränderungen des Weißlichtspektrums erlauben, auch kleinste auffällige Schleimhautareale frühzeitig zu erkennen. Endoskope der neuesten Generation sind mit intelligenten Algorithmen ausgestattet, die in Echtzeit das Livebild der Untersuchung analysieren und so helfen, die Detektionsrate von Polypen zu erhöhen. Hinter dieser Technologie steckt ein leistungsfähiger Prozessor mit einer Deep-Learning-Software. Diese wurde mit Millionen von endoskopischen Bildern trainiert und hat gelernt zwischen normaler und veränderter Schleimhaut zu unterscheiden. Auffällige Befunde werden durch ein optisches Signal auf dem Monitor und ein zusätzliches akustisches Signal gekennzeichnet. Diese Technik hilft, insbesondere flache Polypen zu erkennen.
Kann die künstliche Intelligenz einen Arzt ersetzen?
Prof. Dr. Tromm: Nein, die künstliche Intelligenz kann den Arzt nicht ersetzen. Sie dient als Hilfsmittel, das den untersuchenden Arzt unterstützt: Dennoch hat sich in Studien gezeigt, dass mit Hilfe von künstlicher Intelligenz bis zu 35 % mehr Polypen entdeckt werden können.