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Gesundheit

Knie, Schulter, Hüfte: Wann künstlicher Gelenkersatz hilft

IMAGE im Gespräch mit Chefarzt Dr. Michael Luka vom Ev. Krankenhaus Witten zur Endoprothetik.

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Michael Luka

Allein in Deutschland werden pro Jahr laut Statista etwa 250.000 künstliche Hüft- und rund 200.000 künstliche Kniegelenke implantiert – Tendenz steigend. Einer der Hauptgründe ist die Gelenkzerstörung (Arthrose). Sie gehört weltweit zu den häufigsten chronischen Krankheiten. Bereits bei den 40- bis 50-Jährigen ist jeder Dritte davon betroffen, bei den Über-65-Jährigen sind es sogar zwei Drittel. Die meisten Beschwerden verursacht die Gelenkzerstörung im Bereich des Hüft- oder Kniegelenks. Neben altersbedingtem Verschleiß sowie angeborenen oder durch Unfälle entstandenen Fehlstellungen des Gelenks erhöhen Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen, aber auch Bewegungsmangel das Risiko einer Erkrankung. Irgendwann ist eine schmerzfreie Belastung nicht mehr möglich. Der künstliche Gelenkersatz verschafft Linderung.

IMAGE: Die Endoprothetik gehört zu den Schwerpunkten Ihrer Arbeit am Evangelischen Krankenhaus in Witten. Was ist das?
LUKA: Die Endoprothetik ist der Ersatz der großen Körpergelenke. In der Regel sind damit die Versorgungen mit Knie-, Hüft- und Schulterprothesen gemeint. Wir sind ein zertifiziertes Endoprothetikzentrum und arbeiten vorzugsweise mit minimalinvasiven Operationsmethoden und speziell dafür entwickelten Implantaten.
IMAGE: Wie verlaufen diese Operationen?
LUKA: Zu Beginn der Erkrankung wird zunächst versucht, Beschwerden wie beispielsweise eine Arthrose konservativ zu behandeln. Bewegungstherapie, Gewichtsabnahme und entzündungshemmende Schmerzmittel kommen dabei zur Anwendung. Schreitet die Krankheit fort, ist der Gelenkersatz häufig das letzte Mittel der Wahl. Hier hilft uns die bildgebende Diagnostik auch bei der Frage, ob das ganze Gelenk oder nur Teile davon ersetzt werden müssen.
Bei einer Gelenkoperation bleibt man eine Woche stationär im Krankenhaus, bevor die Rehabilitation beginnt. Der Patient muss sich, etwa bei einer Knie-Operation, an das künstliche Kniegelenk gewöhnen und wird durch die Reha-Maßnahmen wieder in die Lage versetzt, seine Muskulatur und die Bänder zu stärken, damit sie dem Gelenk optimalen Halt geben. Die Lebensdauer künstlicher Gelenke ist begrenzt. Man kann jedoch selbst viel für ihre Funktion und Haltbarkeit tun – zum Beispiel, indem man die Rehabilitation aktiv nutzt und auch danach in Bewegung bleibt, am besten mit einer gelenkschonenden Sportart.
Die Arthrose ist auch das Hauptübel bei der Schulterprothese. Hier stehen uns verschiedene Prothesen zur Verfügung, die abhängig vom Krankheitsbild zum Einsatz kommen. Das Schultergelenk ist ein Kugelgelenk mit einer Gelenkpfanne am Schulterblatt und einer Gelenkkugel am Oberarm. Der Gelenkknorpel bedeckt Gelenkpfanne und Gelenkkugel und ermöglicht ein optimales Gleiten der Gelenkflächen. Im Gegensatz zur Hüfte ist die Gelenkpfanne bei der Schulter aber nur flach ausgebildet und bedeckt nur einen geringen Teil der Gelenkkugel. Dadurch wird dem Schultergelenk seine große Beweglichkeit ermöglicht. Es kommt darauf an, wie die Zerstörung des Gelenks aussieht und was künstlich ersetzt werden muss. Der Arm wird nach der Operation in einem Schlingenverband ruhig gestellt, nachts für ca. vier Wochen, tagsüber nur bei Bedarf. Bereits am ersten Tag nach der Operation beginnt die Physiotherapie mit geführten Bewegungsübungen.
Die Hüftarthrose schließlich führt zum Funktionsverlust des Hüftgelenks mit spürbarer Einsteifung und beeinträchtigt die alltägliche Mobilität des Patienten im Alltag. Auch das Gangbild ist betroffen. Eine Hüftprothese stellt diese Beweglichkeit wieder her.
Grundsätzlich ist es wichtig, den Gelenkersatz adäquat zu bewegen, um seine Haltbarkeit zu verlängern. Hüftprothesen können so zwanzig bis 25 Jahre halten, bevor sie ausgetauscht werden müssen.

IMAGE: Bewegung ist also wichtig?
LUKA: Immer. Die Bewegungsarmut trägt nicht selten zur Entstehung von Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat bei. Daneben gibt es aber auch Fehlstellungen. Durch Skoliosen, Verkrümmungen der Wirbelsäule, können Hüfte und Knie in Mitleidenschaft gezogen werden. In jedem Fall ist Bewegung ein MUSS. Der Verzicht auf gelenkbelastende Sportarten wie Skifahren oder Tennis ist dabei wichtig. Betroffene wählen am besten sportliche Aktivitäten mit geringer Stoßbelastung wie Schwimmen, Radfahren oder Wandern. In unserem Lebensalltag sitzen wir zu viel. Homeoffice hat dazu beigetragen, dass das eher noch mehr wurde. Auch unser Freizeitverhalten ist zu stark auf sitzende Tätigkeiten angepasst. Sind Schmerzen einmal vorhanden, bewegen wir uns in der Regel noch seltener, um diese zu vermeiden. Dadurch nimmt das Übel aber weiterhin zu. Deshalb ist auch die Rehabilitation nach einer operativen Maßnahme so wichtig. Sie hilft dem Patienten und zeigt vor allem, wie er sich richtig bewegen soll.

IMAGE: Woraus bestehen die Gelenkimplantate überhaupt?
LUKA: Die Implantate bestehen aus Metallen, Keramik oder Kunststoffen. Multimodulare Systeme der Prothesen kombinieren verschiedene Materialien. Gleitflächen im Knie bestehen beispielsweise aus Polyethylen, mit diesen in Kontakt kommende Flächen aus Keramik. Welches Material zum Einsatz kommt, ist von der Knochengesundheit abhängig, vorhandenen Allergien gegen Metalle und der angestrebten Belastung.

IMAGE: Ist die Gelenkzerstörung, also die Arthrose, denn ausschließlich ein Altersproblem?
LUKA: Nein. Eine Arthrose kann jedes Gelenk betreffen und in jedem Alter auftreten, aber das Risiko der Erkrankung steigt mit dem Alter. Entgegen der allgemeinen Vorstellung entsteht die Arthrose allerdings nicht durch Abrieb und Abnutzung. Vielmehr steht am Anfang der Gelenkzerstörung oft eine akute Schädigung des Gelenkknorpels durch eine Verletzung oder eine Infektion. Weitere Ursachen können eine Stoffwechselerkrankung sein, aber auch Fehl- und Überbelastungen der Gelenke. Hier wären Übergewicht oder Hochleistungssport zu nennen.
Entstanden ist die Annahme, es liege ein Gelenkverschleiß vor, durch die Beobachtung, dass die Arthrose an Bewegung und Belastung gekoppelt ist. Aber Knie, Hüfte oder Schulter schmerzen nicht, weil der Patient älter wird und sich deshalb viele Bewegungsjahre ergeben haben. Die Schmerzen entstehen durch eine Schädigung des Knorpels, auf deren Boden sich dann die Gelenkzerstörung entwickelt. Werden die Ursachen für die Schädigung des Gelenkknorpels rechtzeitig erkannt, kann man auch frühzeitig tätig werden. Rechtzeitig angewendet helfen zudem Physiotherapie, Muskeltraining und orthopädische Hilfsmittel (Orthesen), den Bewegungsablauf zu korrigieren und das Gelenk zu entlasten.
Sind Knorpelabbau und Verlust an Gelenkschmiere bereits zu weit fortgeschritten, kann der Orthopäde meist nur noch mit künstlichen Gelenken (Prothesen oder Teilprothesen) helfen. anja