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Gesundheit

Impfverweigerer - die große Angst vor dem kleinen Piks

Nichts ist so spannend und bewegt den Menschen so sehr wie sein eigenes Verhalten und das seiner Mitmenschen. Auch in diesem Jahr greift IMAGE gemeinsam mit Dr. med. Willi Martmöller, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie (Tiefenpsychologie) in unserer Serie „Wie tickt der Mensch“ spannende Fragen auf und stellt verblüffende Antworten aus der Psychologie vor.

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„Eine Impfung zu verweigern hat unterschiedliche Gründe. Laut RKI lehnen zwei Prozent der Menschen jede Impfung radikal ab. Bei der Schutzimpfung gegen das Coronavirus gibt es viele Impfskeptiker, die abwarten möchten. Dafür haben sie verschiedene Gründe. In der Veröffentlichung ,Impfverhalten psychologisch erklären, messen und verändern‘ im Bundesgesundheitsblatt hat ein Wissenschaftlerteam rund um die Psychologin Cornelia Betsch beschrieben, welche (messbaren) Gründe es für das (Nicht-)Impfen gibt. Sie nennt es das 5C-Modell“, erklärt Dr. Willi Martmöller.
„Die fünf Aspekte können wir so beschreiben - Confidence (Vertrauen): Hier geht es um Effektivität und Sicherheit von Impfungen. Je mehr Vertrauen in die Entscheidungsträger vorhanden ist, desto höher ist die Impfbereitschaft. In persönlichen Gesprächen kann man wahrnehmen, dass Menschen, die negative Erfahrungen mit der Wirksamkeit staatlichen Handelns gemacht haben, auch ein geringeres Vertrauen und damit eine geringere Impfbereitschaft haben. Complacency (Risikowahrnehmung): Hier geht es um die Einschätzung, wie hoch das persönliche Risiko ist zu erkranken. Wer glaubt, nicht betroffen zu sein, hat eine niedrige Impfbereitschaft. Constraints (Barrieren): Wenn Menschen das Impfen per se nicht als wichtig ansehen, dann geben sie sich keine Mühe, den Impftermin in ihren Alltag zu integrieren. Calculation (Ausmaß der eigenen Informationssuche): Wer sich überinformiert, erhält auch falsches Wissen. Die Fehlinformationen können nicht richtig eingeordnet werden und führen oft zu Panik und zu geringerer Impfbereitschaft. Collective Responsibility (Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft): Menschen, denen das wichtig ist, haben eine höhere Impfbereitschaft. In der Corona-Pandemie sollen derzeit Kinder noch nicht geimpft werden. Ihre Verantwortung in der Gesellschaft wurde eingefordert, etwa beim Verzicht auf viele persönliche Kontakte. Nun ist es an den Erwachsenen, durch verantwortungsvollen Impfschutz die Kinder mitzuschützen. Wenn man die Impfbereitschaft erhöhen will, muss man Zielgruppe und Gründe kennen, warum sich Menschen nicht impfen lassen wollen. Verständliche Information - nicht nur in deutscher Sprache - ist dabei sehr wichtig.“ anja

Vertrauen ist das höchste Gut
Vertrauen in die Sicherheit der Impfung ist der wichtigste Faktor. Eine Sonderauswertung der Initiatoren des COVID-19 Snapshot Monitoring (COSMO) hat im Frühjahr 2021 ergeben, dass nur 57 Prozent der befragten Mitarbeiter im Gesundheitswesen eine generelle Impfbereitschaft haben, Tendenz steigend. Nur 37 Prozent wollten eine Impfpflicht. Diese könnte kontraproduktive Wirkung entfalten, warnen die Studienautoren. Denn eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal könne auf die Impfbereitschaft der breiten Bevölkerung ausstrahlen. Bei der Studie handelt es sich seit Frühjahr 2020 um ein Gemeinschaftsprojekt der Uni Erfurt, des RKI, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, des Leibniz-Instituts für Psychologie, des Science Media Center, des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin sowie des Yale Institute for Global Health. Nach Darstellung der Autoren fühlen sich rund 50 Prozent der Mitarbeiter im Gesundheitswesen nicht gut genug informiert. 
Empfohlen wird, vor allem Frauen und Jüngere explizit anzusprechen.