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Gesundheit

Ich bestimme selbst - auch in meiner letzten Lebensphase

Gesundheitliche Versorgungsplanung für Menschen mit (geistigem) Handicap ist wichtig.

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Britta Eichholtz (Theresia Albert Stiftung), Andreas Fleer und Silvia Kaniut vom Ambulanten Hospizdienst Hattingen.

Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland will die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen stärker in den Mittelpunkt rücken. Seit ihrer ersten Veröffentlichung 2010 sind in Deutschland 2.824 Organisationen und Institutionen sowie 31.118 Einzelpersonen mit ihrer Unterschrift im Unterstützungsprozess dabei. Dazu gehören auch die Städte Hattingen und Sprockhövel, die Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke und Vereine wie beispielsweise der Ambulante Hospizdienst oder die Krebshilfe Sprockhövel/Hattingen. Regelmäßig trifft sich ein Charta-Tisch auch in Hattingen, um die Vernetzung zu bestimmten Themen voranzubringen. Britta Eichholtz von der Theresia Albert Stiftung (TAS) informierte zum Thema der gesundheitlichen Versorgungsplanung für Menschen mit Handicap.
Seit mehr als dreißig Jahren ist die Stiftung ihr Arbeitgeber. In ihrer Pflege und palliativen Versorgung der Bewohner hat Eichholtz schon vor einigen Jahren erkannt: „Uns fehlte ein Leitfaden im Umgang mit Menschen, die ein Handicap haben und im Notfall eben nicht mehr vom Notarzt nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gefragt werden können. Unsere gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte oder besondere Lebensphase (GVP) besteht in der TAS aus vielen einzelnen Bausteinen - etwa die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung, aber auch Fragen und Antworten zur Organspende oder den Wünschen und Bedürfnissen des Betroffenen. Gerade Beratungen von Menschen mit geistigem Handicap sind sehr zeitintensiv und brauchen eine besondere Vorbereitung. Eine einfache Sprache ist wichtig. Langsames Sprechen, keine Ablenkungen, eine gute und sichere Umgebung sowie sprachbegleitete Gestik und Mimik gehören dazu. Und wenn eine Beratung einmal nicht gut läuft, dann darf man sie auch abbrechen und einen neuen Versuch zu einem anderen Zeitpunkt starten - nicht jeder Tag läuft gleich gut.“
Aber wie kann man Menschen mit geistigem Handicap das Thema überhaupt vermitteln? „Man muss die Biographie des Betroffenen gut kennen und kann ihn fragen, was er in seinem Rucksack auf die letzte Reise mitnehmen will. Es gibt viele Bücher, Filme und Spiele, die das Thema zum Inhalt haben. Beispielsweise gibt es eine Schürze, auf die man verschiedene Organe aufkleben kann. So kann man sich dem Thema Organspende nähern. Mit einem Kaffeefilter kann man die Dialyse erklären. Es gibt Memory-Spiele - die kann man sich zu bestimmten Themen auch selbst gestalten. Es gibt viele Verfügungen in leichter Sprache oder in Multiple-Choice-Varianten mit Daumen hoch/runter-Symbolen oder für blinde Menschen mit Lesestift. In den Beratungen versuche ich, die Wünsche und Hoffnungen der Bewohner zu erfassen. Wer keine Tiere mag, dem muss man nicht mit tiergestützter Therapie kommen oder seine letzte Lebensphase mit Tieren begleiten. Immer geht es darum herauszubekommen, was den Menschen wirklich wichtig ist. Was passiert mit ihrem Besitz? Vielen Bewohnern ist es sehr wichtig, festzulegen, wer was bekommt - oder auch nicht.“
Dabei dürfe man die gesundheitliche Versorgungsplanung (GVP) nicht nur einmal durchführen. „Je nach dem gesundheitlichen Zustand ändern sich Wünsche und Bedürfnisse des Betroffenen. Man sollte diese Erfassung regelmäßig wiederholen. Und die Ergebnisse von dem Betroffenen unterschreiben lassen. Gut ist es auch, einen Arzt oder andere Vertrauenspersonen einzubinden und den Mediziner ebenfalls unterschreiben zu lassen. Ein Notfallbogen mit den wichtigsten Daten und Wünschen in Kürze hilft auch.“

Die Charta hat zum Ziel, die Themen in der letzten Lebensphase in den Blick zu nehmen und Antworten auf die Frage zu finden, was in dieser Phase für jeden einzelnen Menschen wichtig ist. Dabei darf auch ein Schmunzeln bei den Wünschen mit dabei sein. „Eine Bewohnerin wünschte sich die Inschrift: Sie konnte alles, aber Gott nahm sie trotzdem“, lächelt Britta Eichholtz. „Es gibt so vieles, was ich rechtzeitig bestimmen kann: Pflege von Mann oder Frau, pastorale Begleitung, Essen, Trinken, Düfte - die Liste der Vorlieben und Wünsche ist lang.“ Und es ist sehr gut, sich rechtzeitig intensiv mit ihnen zu beschäftigen. anja