Logo
Superbanner 749 x 89 Pixel_Platzhalteranzeige.jpg
Sport

Hidden Peak - Acht Kilometer über dem Alltag

Sven Kortmann erklimmt die Dächer der Erde...

SPORT-Bergsteiger-Dez2-2023.jpg

Der Wittener Extrem-Bergsteiger Sven Kortmann nahm jetzt die Teilnehmer vom ausverkauften Kinosaal in Haus Witten mit auf eine Reise zum 8080 m hohen Hidden Peak in Pakistan.

Im März 2020 musste der geplante Multivisionsvortrag von Sven Kortmann in der VHS über seine Besteigung des 8080 m hohen Hidden Peak in Pakistan noch wegen der beginnenden Pandemie abgesagt werden. Jetzt holte der Extrem-Bergsteiger aus Witten seine Bilderreise nach. Das Interesse war groß.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Kinosaal im Haus Witten, als Sven Kortmann versprach, die Teilnehmer von 104 m über Normal Null in Witten mit auf den 8080 m hohen Hidden Peak im Karakorum-Gebirge zu nehmen. Der Wittener, den die Berge schon immer fasziniert hatten, entschloss sich 2013, „Nägel mit Köpfen“ zu machen und sein Leben komplett auf das Bergsteigen auszurichten. Seitdem investiert er alles, was er an Zeit und Geld aufbringen kann, in das Bergsteigen – stets ohne künstlichen Sauerstoff.
Der organisatorische und finanzielle Aufwand ist erheblich. Die Bergbesteigung des Hidden Peak schlug mit 12.000 € Kosten pro Person, davon 2000 Euro nur für die Erlaubnis, den Berg zu besteigen, zu Buche. Die Ausrüstung für seine beiden Bergkameraden und sich hatte ein Gewicht von 310 kg, das komplette Base Camp mit Küchenzelt etc. hat 773 kg gewogen, das die drei mit nach Pakistan und zum großen Teil auch wieder zurück nach Deutschland transportierten. Erheblich aber auch die körperliche und mentale Vorbereitung: Der Wittener lief zur Vorbereitung bis zu 90 km in der Woche und saß nicht selten bis um 4 Uhr morgens auf seinem Rennrad. Drei Stunden später rief die Arbeit. „Man muss sein Projekt leben und sich damit identifizieren, schon lange bevor man aufbricht, damit in den entscheidenden Momenten der Kopf den Körper tragen kann“, so der austrainierte Sportler zu diesen Expeditionen, die die Leidensfähigkeit der Bergsteiger auf eine extreme Probe stellt.

Hungrige Krähen zerpflücken ganze Zelte
Nach tagelanger Anreise mit dem Flugzeug und weiter per Bus und Jeep über holprige Bergpässe galt es, die Ausrüstung in das nächste Zwischenlager zu transportieren. Seile, Kerosin, Zelte und Nahrungsmittel – alles musste über Tage mehrmals den gleichen Weg hoch getragen werden. Die Lebensmittel wurden eingegraben, da Krähen mitunter ganze Zelte zerpflücken, wenn sie Nahrung wittern. Aber auch fremde Expeditionen achten nicht das Eigentum anderer Bergsteiger und bedienen sich mitunter dreist an einer zwischengelagerten Ausrüstung.

Problem dünne Luft und Höhenkrankheit
Enorm wichtig ist auch die Gewöhnung an die dünner werdende Luft, verbunden mit der nahezu unausweichlichen Höhenkrankheit. „Man sollte ab einer Höhe von 2500 m die Schlafhöhe nicht mehr als 400 Höhenmeter (hm) am Tag steigern, um das Risiko der Höhenkrankheit zu minimieren - am Gipfeltag sind wir dann knapp 1000 hm geklettert“, so Sven Kortmann. Weitere Gefahren stellen Leistungsabfall und Koordinationsschwierigkeiten dar, verursacht durch Lungenödeme bzw. Hirnödeme. Eine Anpassung an die Höhe ist nur bis 7100 m möglich, ab 7500 m beginnt die Todeszone, in der der Körper keine Nahrung mehr aufnimmt, sondern nur noch seine eigenen Kraftdepots bis hin zu seinen Muskeln verbraucht - und das bei einem Bedarf von bis zu 15.000 Kilokalorien am Tag. Gefahren drohen auf dem Weg nach oben vor allem durch Eisbrüche mit tiefen Gletscherspalten, die ihre bis zu 50 m tiefen klaffenden Abgründe nach Wochen der Schmelze zuletzt mit dünnen Schneedecken tarnen. Bei einem Unfall wäre eine Rettung per Helikopter aufgrund der dünnen Luft jedoch technisch nur bis zum ersten Hochlager auf 5900 m möglich.
Oberhalb von 8000 Metern enthält die Luft nur noch so wenig Sauerstoff, dass Menschen einen Aufenthalt von mehr als 48 Stunden ohne künstlichen Sauerstoff nicht überleben würden. Es gilt deshalb, schnell rauf und wieder runter unter 7500 Meter. Der Lohn für wochenlange Mühen und Entbehrungen winkt mit dem Blick auf ein unbeschreibliches Bergpanorama, „was uns bei dieser Expedition leider durch die dichten Wolken verwehrt blieb“.

„Bergsteigen ist ein interessanter Prozess, in dem du dich selbst kennen lernst. Entscheidend ist der Kopf, physisch ist oft sehr viel mehr möglich als einem die Signale des Körpers weismachen wollen“, eine weitere Erkenntnis, die Sven Kortmann seinem gespannt lauschenden Publikum vermittelte. Aufgrund mehrfacher Aufforderungen des Publikums versprach er, den Vortrag nochmals in größerem Rahmen zu präsentieren. dx