Wie erdrückend ruhig eine Wohnung plötzlich sein kann, merken Menschen vor allem nach einer Trennung oder dem Tod des Partners...
Neue Kontakte suchen und finden? Kein einfacher Weg, überhaupt und vor allem in Coronazeiten. Hilft es, ein Haustier gegen die Einsamkeit ins Haus zu holen?
Keine schlechte Idee, meint Frank Nestmann von der TU Dresden. Er untersucht mit seiner Forschungsgruppe die Beziehung zwischen Mensch und Tier. „ Es ist ohne Zweifel so, dass Menschen, die Haustiere haben, weniger einsam sind.“
Haustiere bringen Leben und Struktur in den Alltag
Allemal ist es ein Geben und Nehmen zwischen Tier und Frauchen oder Herrchen. Der verantwortungsvolle Umgang beispielsweise mit einem Hund beinhaltet schließlich regelmäßiges Füttern, Pflege, Gassigehen und mitunter Tierarztbesuche. So kommt ganz schnell wieder eine Struktur in den oft grauen Alltag. „Dadurch erlebt der Mensch eine Wirksamkeit. Und das bedeutet wiederum eine Erhöhung des eigenen Selbstwertgefühls“, so der Dresdner Wissenschaftler. Mit dem Haustier, sei es Hund, Katze oder Wellensittich, ist ein Lebewesen im Raum, das das Gefühl von Gesellschaft vermittelt.
Kommen Frauchen oder Herrchen von der Arbeit heim, zeigen die tierischen Mitbewohner offen ihre Freude. Sie akzeptieren jede der menschlichen Stimmungslagen und hören mit unendlicher Geduld zu, wenn der Schuh drückt. Das Streicheln eines weichen Hunde- oder Katzenfells löst bei Menschen das wohlige Gefühl von Nähe aus und senkt gleichzeitig Puls und Blutdruck. Die Einsamkeit wird ein Stückchen weit gelindert.
Klar ist natürlich, dass der Mensch kein Hund und keine Katze ist. An dieser Stelle dürfen Herrchen und Frauchen aber auch keinesfalls aus den Augen verlieren, dass Hund oder Katze eben auch keine Mensch sind und auch nicht „vermenschlicht“ werden wollen. Auch für Frank Nestmann erreicht die Beziehung zwischen Mensch und Tier zwar keinesfalls die gleiche Qualität wie zwischen zwei Menschen. Bei seiner Forschungsarbeit hat er aber die Ausschüttung eines Bindungshormons – ähnlich wie bei einer Mutter zu ihrem Kind – festgestellt, wenn ein Mensch sich um ein Tier kümmert.
Tiere wecken Erinnerungen bei Senioren
In vielen Seniorenheimen gehört der regelmäßige Besuch von Hunden und auch Kaninchen zum wöchentlichen Programm. Aus gutem Grunde: Sitzen Kaninchen auf dem Tisch eines Seniorenheims, werden oft Jugend-Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis zurückgeholt. Anja Domek vom AWO-Seniorenzentrum Witten in der Egge freut sich: „Die Tiere aktivieren die noch vorhandenen Fähigkeiten unserer Bewohner. Manche wissen nicht mehr, was man mit einem Löffel macht, aber sie können plötzlich ein Kaninchen füttern. Das Umsorgen der Kaninchen führt dazu, dass die Senioren sich unterhalten oder mit den Tieren sprechen. Selbst unruhige Demenzbewohner werden sichtlich ruhiger und bleiben am Tisch sitzen. Die Tiere haben einen merklichen therapeutischen Effekt.“
Hunde müssen Gassi - Chancen auf neue Kontakte
Nicht nur „Der Junge muss an die frische Luft“, wie ein erfolgreicher Kinofilm titelte, auch ein Hund braucht seinen Auslauf. Hundebesitzer lernen beim Gassi-gehen meist in kurzer Zeit viele viele andere Hunde und ihre Besitzer aus der Umgebung kennen. Auffallend: Die Namen der anderen Vierbeiner von „Bello“ über „Köbi“ bis „Lumpi“ sind unter den Hundehaltern meist geläufig, die ihrer Herrchen und Frauchen eher nicht. Ohne ihren Liebling wären viele Gespräche an der frischen Luft aber erst gar nicht zustande gekommen. www.merkur.de/dx