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Sprockhövel

Heimatforscher Pöppe zeigt Film über das alte Sprockhövel

Neunzig Minuten-Zeitreise in die Vergangenheit mit vielen Erinnerungen und Anekdoten.

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Heimatforscher und Sammler Hans-Dieter Pöppe.

Hans-Dieter Pöppe (80) ist Sammler, Fotohistoriker, Sprockhöveler und Hattinger zugleich. Was die Stadtgeschichte angeht, macht ihm so leicht niemand etwas vor. Geboren im März 1945 im Hochbunker am Reschop, lebt er seit sechzig Jahren in Sprockhövel. „Aber es wird wohl noch mindestens vierzig Jahre dauern, bis ich hier anerkannt werde“, lacht er und spielt damit auf die Mentalität des ein oder anderen Sprockhövelers an, der erst beim Nachweis mehrerer Generationen vor Ort von einem „echten Ur-Sprockhöveler“ sprechen mag. 
Ebenfalls seit sechzig Jahren sammelt Hans-Dieter Pöppe alles zur Stadtgeschichte von Hattingen und Sprockhövel, was ihm so in die Finger kommt. „Man kann sagen: außer alte Kellertreppen sammel ich eigentlich alles“, scherzt er. 
Vor allem historische Postkarten haben es ihm angetan. Davon besitzt er unfassbar viele. Über 400 von ihnen hat er jetzt zu einem musikalisch unterlegten Videofilm zusammengestellt, der das alte Sprockhövel zeigt und in Erinnerungen schwelgen lässt. 
Historische Fotos zeigt er nicht zum ersten Mal. Schon mehrfach hat er in den Räumen des Heimat- und Geschichtsvereines (der übrigens im nächsten Jahr seinen 50. Geburtstag feiert) historische Fotos vor Publikum gezeigt. Doch dieser Film ist etwas ganz Besonderes und soll nach der Premiere auch in Zukunft zu besonderen Anlässen gezeigt werden. 
Hans-Dieter Pöppe spaziert mit den Besuchern – und es ist gerappelt voll im modernen Ausstellungsraum der Heimatstube – durch Sprockhövel und zeigt die Veränderungen der kleinen Stadt, die für viele Sprockhöveler trotzdem ein Dorf geblieben ist.
Los geht es im Jahr 1877. Der Sportplatz an einem ganz anderen Standort wie heute – nämlich dort, wo jetzt die Firma WKT ihre Hallen hat. Pöppes Spaziergang führt von der Wuppertaler Straße zur Hauptstraße, bevor er die Veränderungen von Niedersprockhövel in der Hattinger und Bochumer Straße aufzeigt. Zum Schluss folgen Fotografien der Badeanstalten und vom ehemaligen Mühlenteich.
Gespickt ist der Film mit Anekdoten und natürlich für die Sprockhöveler mit bekannten Namen: Hagemann, Stracke, Wienäcker, Bunzel, Stöter-Tillmann, Brüggerhoff, Küppersbusch, Menn – die Zuschauer quittieren die Erzählungen mit eigenen Anmerkungen und Kopfnicken. Ach ja, mit den Familienmitgliedern ist man doch auch zur Schule gegangen. Gustav Stracke nannte sein barockes Haus „Unter den Linden“, gebaut 1902. Hotel, Gaststätte, Bäckerei und Lebensmittelgeschäft waren dort untergebracht. Heute heißt die Adresse Hauptstraße 9 und ist die Gaststätte Zum Zwiebelturm. Auch zur Inflation in den zwanziger Jahren hat Pöppe einiges gesammelt und im Film untergebracht. Eine Mettwurst kostete 19 Mark, eine Billion kostete ein Brot. Viele Einrichtungen gaben eigenes Notgeld heraus – ein 200-Milliarden-Mark-Schein vom Amt Haßlinghausen hat es auch in den Film geschafft. Vor der Einführung der Rentenmark wurden Leistungen gern mit Waren bezahlt – Geld war nichts mehr wert.
Ein Blick auf die Bäckerei Gremm – 1935 schafften sich die Besitzer das erste eigene Automobil an. Die sehr musikalische Familie Menn – Tanzlehrer, Einzelhändler. Kaufhaus Menn – wer erinnert sich daran? Konditorei Küppersbusch – der Eigentümer wurde liebevoll „Sahnehörnchen“ genannt. Buchdruck Steinbeck, Muthmann (später Ginter) mit dem Reisebüro... die Bilder rufen ein „Ah“ und „Oh“ der Erinnerungen hervor. Das alte Kriegerdenkmal auf dem Kirchplatz-Rondell, umgefahren durch einen amerikanischen Panzer 1945. Theater Bosselmann mit 500 Plätzen. Das erste Kino in Sprockhövel 1915 mit 400 Plätzen. Die erste Badeanstalt an der Hiddinghauser Straße vor 1900. Und da, wo heute die Geschäfte „penny“ und „fressnapf“ stehen, lag einst der Mühlenteich. Er war nicht tief und im Winter war er ein Paradies für Schlittschuhläufer. Im Sommer konnte man angeln. Das Mühlengebäude stand mitten auf der Bochumer Straße. Der Teich lief durch einen Granatenwurf 1945 leer und wurde danach zugeschüttet. Moped-Benzin wurde noch im Laden abgezapft. Und wer in der Gaststätte Mühlhaus „Bier mit Schuss“ bestellte – nun, da soll die Wirtin höchstpersönlich mit dem Luftgewehr erschienen sein, einmal in den Gerstensaft geschossen haben –fertig war in Sprockhövel das „Bier mit Schuss“. Ob das wohl wahr war? Ein herrlicher Film über Sprockhövel, der hoffentlich bald wieder gezeigt wird.

Von Dr. Anja Pielorz