Gestresst, ausgelaugt, einfach am Ende: Vielen Eltern geht es so und gerade in der CoronaPandemie kommt mit Homeoffice und Homeschooling noch eine besondere Herausforderung dazu. Wie schaffe ich, meinen Alltag zu strukturieren und Energie zu gewinnen?
Die Diplom-Erziehungswissenschaftlerin und Systemische Beraterin (DGSF) Katja Glasmachers, selbst Mutter von drei Kindern im Alter von 9, 12 und 13 Jahren, hat dazu einige Tipps, wie Eltern der Vielzahl der Aufgaben gerechter werden können. Sie weiß: es geht vor allem um die persönliche Energie. Wo kommt sie her und wie wird sie eingesetzt? Im Rahmen der Reihe „Elterntreff“ vom Hattinger Bündnis für Familie referierte sie aufgrund der Corona-Pandemie online.
Ein großes Thema ist für viele Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dabei erleben auch heute noch Männer und Frauen das Thema sehr unterschiedlich. Statistiken haben ergeben, dass – unabhängig von einem Kind – Männer in der Regel rund 62 Prozent ihrer Zeit mit der Erwerbstätigkeit verbringen. Der Rest gehört zu der unbezahlten Arbeit. Dahinter kann sich sowohl Hausarbeit, Ehrenamt, Pflege von Angehörigen, aber auch der Weg zur Schule, Kita oder dem Sportverein verbergen. Frauen hingegen verbringen oft siebzig Prozent ihrer Zeit mit unbezahlter Arbeit. Wichtig: unbezahlte Arbeit ist keine Freizeit. Diese definiert sich als frei verfügbare Zeit ohne jede Verpflichtung, die der Erholung dient. Und diese Zeit ist ganz schön knapp. Die meisten Eltern – vor allem jene mit kleinen Kindern – fühlen sich eher als Getriebene im Alltag. Sie stehen ständig unter Strom und haben – neben der bezahlten Arbeit – eine Menge unbezahlter Verpflichtungen, die es zu wuppen gilt. Frei verfügbare Zeit für sich selbst ist für viele ein Fremdwort.
Viele Eltern glauben, wenn sie sich ihre Zeit nur besser einteilen würden, wäre Mehrarbeit kein Problem. Doch das ist ein Irrtum. Zeitmanagement kann keine Zeit einsparen oder dafür sorgen, dass man noch mehr in noch kürzerer Zeit erledigen kann. Die Zeit ist, so Glasmachers, eine fixe Größe. Was uns im Alltag negativ stresst, sind unvorhergesehene oder nicht geplante Dinge. Sie geschehen im Büro oder mit den Kindern. Das kann der lieb gemeinte Anruf der Freundin sein, aber auch etwas, was kaputt geht oder wenn die Technik nicht funktioniert. In jedem Fall bringt das Unvorhergesehene den Zeitplan durcheinander. Es beansprucht Zeit und bedeutet, dass dafür etwas anderes bis zum Ende des Tages nicht von unserer To-do-Liste verschwinden kann. In Konsequenz entsteht eine immer größere Stresssituation, die uns Energie raubt.
Doch woher kommt Energie und wie gebrauche ich sie? Erleben Menschen eine Situation dauerhaft als Überforderung, bedeutet es negativen Stress. Es entstehen körperliche Beschwerden von Verspannungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im psychischen Bereich kann Stress Burnout, Angst, Panik und Depression auslösen. Weil jeder Mensch individuell auf Stress reagiert, ist auch die Reaktion auf Stressabbau unterschiedlich. Manchen Menschen reicht ein Moment an der frischen Luft und andere brauchen eine ausgiebige Einheit im Boxstudio. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Arten von Stressbewältigung: kurzfristige und langfristige. Zu den kurzfristigen Möglichkeiten gehören spontane Pausen, kontrolliertes Abreagieren oder das Umlenken der Wahrnehmung auf etwas komplett anderes. Langfristig können Entspannungsmethoden wie Yoga oder autogenes Training helfen. Gerade junge Eltern müssen Beruf, Nestbau, Kind und Pflege der Angehörigen oft unter einen Hut bringen. Sie müssen lernen, sich Pausen zu gönnen und sich von Multitasking verabschieden. Geschieht das nicht, so erreiche ich schnell meine persönliche Ressourcengrenze. Doch wie bekommt man das hin? Katja Glasmachers sagt, man muss sich selbst zunächst die richtigen Fragen stellen. Was kann ich in meinem Alltag beeinflussen? Was tut mir gut? Und vor allem sollte man sich von der Perfektionsfalle verabschieden. Man muss nicht perfekt sein, um gut zu sein.
Einen Einfluss auf den Alltag hat dabei das sogenannte Pareto-Prinzip. Hinter der 80/20-Regel verbirgt sich die Erkenntnis, dass Aufwand und Ergebnis in einem bestimmten Verhältnis zueinanderstehen.
80 Prozent der Wirkung können durch 20 Prozent der beteiligten Faktoren erreicht werden. Egal, wie sehr sich einer anstrengt, oft sind es eben nicht 100 Prozent des Einsatzes, die über 100 Prozent des Erfolgs entscheiden, sondern in der Regel deutlich weniger. Oder nach Pareto eben nur 20 Prozent.
Daraus ergeben sich einige Tipps für besseres Zeitmanagement (siehe unten).anja
Das pareto-Prinzip zu Aufwand und Ergebnis
Setzen Sie Prioritäten
Eigene Anforderungen herunterschrauben: „Was ist Ihnen momentan wirklich wichtig?“ Beispiel: eine perfekt aufgeräumte Wohnung oder ein entspanntes Familienleben?
Planbares planen und Schönes einplanen
Familiärer Alltag ist oft kaum planbar. Kleine Freiräume und Puffer für Unvorhergesehenes und Schönes gehören in den Alltag. Eigene Bedürfnisse dabei nicht vergessen!
Gewohnheiten einführen
Kinder brauchen Rituale, Eltern auch: Routinen machen den Kopf freier und werden nicht vergessen. Beispiel? Wirbeln Sie täglich 15 bis 30 Minuten durch die Wohnung von Raum zu Raum und erledigen das Notwendigste: Boden von Spielsachen befreien, gelesene Zeitungen entsorgen, Betten machen, Kleider in Schränke räumen usw. Damit halten Sie die Grundordnung in Haus oder Wohnung mit wenigen Griffen und in wenigen Minuten aufrecht.
Gehen Sie kleine Schritte
Verlangen Sie nicht zu viel von sich selbst. Auch eine aufgeräumte Sockenschublade ist der wunderbare Beginn einer aufgeräumten Wohnung. Lassen Sie sich Zeit, Anregungen und eigene Ideen umzusetzen, um ihr persönliches Zeitmanagement zu finden.
Kontakt:
Katja Glasmachers, Glasmachers Training und Beratung,
Tel.: 0234-6029543; E-Mail: info@glasmachers-training.de