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Hattingen: „Außenstehende haben beim Thema Sucht Stereotype im Kopf“

01.06.2021: Ein Dutzend Frauen sucht regelmäßig das Gespräch untereinander...

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Tanja Große Munkenbeck ist Leiterin des Hattinger Suchthilfezentrums der Caritas und sieht auch Vorteile des digitalen Gruppentreffens.

Ein Dutzend Frauen sucht regelmäßig das Gespräch untereinander. „Gleiche unter Gleichen“ zu sein, das mache sie frei beim Sprechen, sagen Teilnehmerinnen des Frauenkreises des Caritas Suchthilfezentrums in Hattingen. Eigentlich ist es ein Frühstückskreis, bei dem bei Kaffee und Tee über Alltägliches genauso wie über Sorgen und Nöte gesprochen wird. In den Corona-Lockdowns mussten die Treffen ausfallen. Per Videokonferenz ging es aber weiter und ermöglichte einen zwar anderen, aber noch intensiveren Austausch.

Unerklärliche Übelkeit kam und ging. Immer wieder musste sich S. Müller übergeben. Zig Ärzte suchten nach der Ursache. Das Erb[1]rechen kehrte wieder und wieder. Die Hattingerin wurde immer dünner. Diagnose: Fehlanzeige. Aber die Symptome waren da. Schließlich wurde deutlich, dass ihr Körper nicht mehr aushielt, was ihre Seele quälte. S. Müller litt unter der Alkoholsucht ihres Mannes und der häuslichen Gewalt, der sie ausgesetzt war.

Über das, was lange Zeit ein Rätsel für sie und ihre Ärzte war, spricht die Hattin[1]gerin heute bedächtig und längst nicht mit jedem. „Selbst, wenn man Familie hat, kann man das nicht unbedingt. Die sieht es eben aus ihrer Perspektive. Und man kann ja auch nicht jeden X-Beliebigen darauf ansprechen.“ Die Menschen, mit denen sie sich mittlerweile allerdings jederzeit austauschen kann, hat sie im Suchthilfezentrum der Caritas gefunden. Dort gehört sie zu einem Gesprächskreis für Frauen ab 50 Jahren. Zum festen Kern gehört ein Dutzend Frauen im Alter über 60 Jahren, die meisten alleinstehende, alle in irgendeiner Form von Sucht betroffen. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Marienweg 5, 58332 Schwelm Ihre Ansprechpartnerinnen Claudia Kook & Patrizia Labus Telefon: 0 23 36 / 81 95-37 & -38 claudia.kook@caritas-en.de patrizia.labus@caritas-en.de www.caritas-en.dewww.caritas-en.de „Es ist einfach schön, mit den anderen Gespräche führen zu können. Ich bin dankbar für diese Möglichkeit“, sagt S. Müller. Und das gilt nicht nur für die nun schon mehr als ein Jahr zurückliegenden Treffen im Frühstückskreis, sondern auch für die neue und corona-konforme Form der Treffen: bei Zoom. „Auf diese anderthalb Stunden freue ich mich immer riesig“, schwärmt sie, auch wenn sie erst „skeptisch war, mich mit der Technik auseinandersetzen zu müssen“.

Bis zur Pandemie gab es jede Woche ein Treffen

Die Gruppe gibt es seit April 2016. Der harte Kern kommt seit 2018/2019 regel[1]mäßig zusammen. Doch mit Beginn der Corona-Pandemie drohte der Kontakt untereinander einzuschlafen. Die Treffen wurden zunächst vom Gruppenraum des Suchthilfezentrums (SHZ) noch für kurze Zeit in eine Schule verlegt, um große Abstände zu gewährleisten. Aber dann war auch damit Schluss.

Bis zur Pandemie hatten sich die Frauen jede Woche einmal getroffen. Nun folgte ein Lockdown dem nächsten. Seit Anfang März 2021 treffen sich die Frauen nun online per Videokonferenzportal. „Es ist natürlich etwas anderes. Aber wir verlieren uns nicht aus den Augen“, sagt die Leiterin des Hattinger Suchthilfezentrums der Caritas, Tanja Große Munkenbeck. Die Älteste im Frauenkreis ist dabei die Fitteste nicht nur beim Online-Treff, sondern insgesamt in Sachen digitale Welten. Beruflich habe sie sich immer schon für die Technik interessiert. Auf jeden Fall findet diese Hattingerin, Jahrgang 1943, die Computer-Runden sogar besser als Telefonieren. „Über Lautsprecher verstehe ich alles einfach besser“, sagt sie und tippt bei der Zoom-Konferenz vielsagend mit den Zeigefingern auf ihre Ohren. Die Gespräche in der Videokonferenz sind intensiver

M. Schmitz, seit September 2020 Gruppenleiterin des Frauenkreises, sieht in der aktuellen digitalen Lösung einen Vorteil. „Einfach mal zu töttern, das ist auch wichtig und auch gemeinsam frühstücken, aber dann muss man auch zum Thema kommen“, sagt die Hattingern, die selbst nach einer stationären Suchtbehandlungs-Reha zur Gruppe stieß. Für die SHZ-Leiterin Tanja Große Munkenbeck, die der Frauengruppe bei ihren Treffen unterstützend zur Seite steht, ist positiv, „dass die Gespräche bei Zoom jetzt viel intensiver sind. Wir kommen hier schnell zur Sache.“ Wichtig ist für sie aber auch, gleichzeitig diejenigen im Kreis und im Blick zu behalten, die sich nicht online treffen möchten oder auch können, zum Beispiel weil sie keinen technischen Zugang haben.

„Für Menschen mit Suchtproblemen besteht immer die Gefahr, rückfällig zu werden. Die Anlässe mögen für andere ganz klein scheinen. Aber für die Betroffenen wiegen sie schwer. Es macht viel aus, jemandem einfach sagen zu können: Mir geht es nicht gut. Was habt ihr in diesem oder jenem Fall getan?“ Bei den anderen Teilnehmerinnen anrufen, nach dem Rechten hören, wenn sehen nicht geht, oder einfach nur plaudern, gehört deshalb auch zu dieser eingeschworenen Gemeinschaft. Und in einer WhatsApp-Gruppe tauschen sich die Frauen ebenfalls fleißig aus. „Jede hat die Möglichkeit, zu schreiben, was ihr gerade ein[1]fällt, wenn es Probleme gibt“, sagt S. Müller*.www.caritas-en.de

„Gespräche sind ein Ventil, ein Puffer“

„Wir sind mit unseren Problemen ganz einfach nicht alleine“, betont M. Schmitz. „Gleiche unter Gleichen“ zu sein, das mache frei beim Sprechen. „Bei anderen Menschen, die nicht, wie ich, ein Alkoholproblem haben, sitzen die Stereotype tief. Man wird oder würde immer schräg angeguckt, wenn man von seinem Problem erzählt“, glaubt die Hattingerin. Gleichzeitig bieten die Caritas-Berater ihre professionelle Stütze in Einzelgesprächen. Einfach zu wissen, dass das möglich ist, reicht manchmal schon. „Wenn etwas ist, haben sie immer ein offenes Ohr. Das hat man einfach im Hinterkopf“, sagt S. Müller, „und wenn es nur darum geht, einfach mal Druck abzulassen durch ein Gespräch. Das ist ein Ventil, ein Puffer.“ Deshalb wirbt die Frauenkreis-Mitstreiterin S. Müller bei „den vielen, die heute al[1]lein mit ihren Problemen unterwegs sind“, Kontakt mit dem SHZ aufzunehmen. „Da kann man sich ganz leicht mal eine Meinung anhören, eine Hilfestellung geben lassen.“ Sie habe damals, als sie nicht mehr weiter wusste, auch einfach an[1]gerufen. „Das tat doch nicht weh.“ (*Namen wurden zum Schutz der Klientinnen geändert)

DAS SHZ HATTINGEN Koordinationsstelle

Hauptanliegen der Suchthilfezentren (SHZ) der Caritas in Hattingen und Schwelm ist, professionelle Anlauf- und Koordinationsstelle in Fragen zum Thema Sucht und Drogen für Menschen aus Hattingen/Sprockhövel und Schwelm/Ennepetal/Breckerfeld zu sein.

Ziel Durch Information, Beratung, Betreuung, Behandlung und/oder Vermittlung werden die Versorgung sowohl von Suchterkrankten und -gefährdeten als auch von deren Angehörigen sicherzustellen.

Kontakt Das Suchthilfezentrum (SHZ) der Caritas in Hattingen befindet sich an der Heggerstraße 11. Eine Kontaktaufnahme ist möglich per Tel. 02324/92560, Mail shz-hattingen@caritas-en.de oder die Online-Beratung: https://beratung.caritas.de/suchtberatung