Dr. Birke Müller ist die neue Leiterin der Klinik für Naturheilkunde Blankenstein.
Dr. Birke Müller (45) hat die Nachfolge von Prof. Dr. med. André-Michael Beer an der Klinik für Naturheilkunde in Blankenstein angetreten.
Dr. Birke Müller ist Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Zusatzqualifikationen in Naturheilverfahren, Akupunktur, psychosomatische Medizin und Stressmedizin. Sie studierte an der Ruhr-Universität Bochum und der Université Louis Pasteur in Straßburg (obwohl sie am Anfang kaum Französisch sprach) und promovierte in der Klinik für Dermatologie am St. Josef-Hospital Bochum 2006. Sie absolvierte ihre Weiterbildungszeit zur Fachärztin für Allgemeinmedizin in der Klinik für Innere Medizin am Bethesda-Krankenhaus Wuppertal sowie in den hausärztlichen Praxen von Roland Fröhlich und Henriette und Thomas Kröger. Nach einer dreijährigen Tätigkeit als angestellte Allgemeinmedizinerin wechselte sie 2015 in die Klinik für Naturheilkunde. Jetzt hat sie die kommissarische Klinikleitung übernommen. Sie lebt in Hattingen, kommt gern mit ihrem Fahrrad zur Arbeit, ist gern in Bewegung, liest und isst gesund. Sie ist verheiratet und hat 15-jährige Zwillinge.
IMAGE: Wie haben Sie Ihre Kindheit erlebt? Wenn Sie sich an diese Zeit erinnern – waren Sie ein typisches Mädchen oder wurden Sie so erzogen?
MÜLLER: Meine Kindheit habe ich ländlich in Schwerte und Dortmund verbracht. Ab dem sechsten Lebensjahr galt meine Leidenschaft dem Geräteturnen. Das habe ich zwanzig Jahre gemacht. Ich habe überall geübt – vom Wohnzimmer bis zum Freibad. Ich mochte das Gefühl, dass mein Körper mir gehorcht. Seit meiner Kindheit fahre ich Fahrrad, ich habe früher gerne Verstecken gespielt und bin auf Bäume geklettert. In der Pubertät kam dann ein Hund dazu – also meine Kindheit war eine Mischung zwischen Sport und so oft es geht, einfach draußen zu sein. Ach ja, Rollschuhe fand ich auch toll und das bin ich sehr gerne gefahren. Puppen habe ich höchstens genutzt, wenn andere Mädchen damit spielten und ich dabei war.
IMAGE: Hat sich die Liebe zur Natur auch in der Liebe für die Naturwissenschaft gezeigt?
MÜLLER: Ich war knapp sechs Jahre alt, als ich eingeschult wurde. Da war ich noch sehr verspielt und hatte am Anfang auch durchaus meine Probleme mit Deutsch und Mathe. Das hat sich aber schnell gelegt und im Laufe der Schulzeit habe ich die Naturwissenschaften lieben gelernt. Ich habe die Leistungskurse Mathe und Chemie belegt. Insbesondere in Mathe waren wir drei Mädels mit richtig viel Power – wir bekamen immer noch besondere Zusatzaufgaben gestellt, weil man uns fördern wollte. Die eine der drei Mädels hat später auch Mathe studiert, die andere wurde Ingenieurin und ich ging in die Medizin. Rätsel, Knobeln, Zahlen – das hat mich immer fasziniert. Bis heute. Ich habe auch mal Schach gespielt. Ich habe einen Physiker geheiratet und meine Söhne lieben die Naturwissenschaften ebenfalls.
IMAGE: Sie sehen in der MINT-Förderung in den Schulen also einen richtigen Ansatz für Mädchen?
MÜLLER: Ja, ich glaube, der Ansatz ist richtig. Ich wurde damals durch meine Mutter gefördert, die auch gerne im mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig unterwegs war. Ich denke, die MINT-Förderung kann gerade den Mädchen zeigen, dass sie über den Tellerrand blicken sollten und ihre Komfortzone gerne auch einmal verlassen müssten, um Neues zu entdecken.
IMAGE: Trotzdem sind Mädchen in gewerblich-technischen Berufen noch Mangelware. Und in Führungspositionen sind sie das auch immer noch. Warum?
MÜLLER: Ich denke, Frauen trauen sich manche Dinge einfach nicht zu. Sie könnten es, aber die Hürde ist entweder in ihrem Kopf oder sie wird von außen gesetzt. Wenn eine berufliche Stelle ausgeschrieben ist, dann treten Männer und Frauen oft unterschiedlich in der Bewerbung auf. Der Mann ist beim Vorstellungsgespräch nicht selten selbstbewusster und davon überzeugt, er kann alles, was verlangt wird. Die Frauen hingegen haben eine andere Selbstwahrnehmung, reagieren zurückhaltender. Es gibt viel Literatur zu diesem Thema. Wenn Jungs zusammen spielen, dann ist das normal, wenn sich im Spiel jemand als Kapitän beweist. Spielen Mädchen zusammen, sind sie eher als Team unterwegs. Teamgeist ist zwar ein wichtiger soft skill, also eine wichtige soziale Kompetenz – aber damit wird man nicht unbedingt Chefin. Wichtige Kompetenzen einer Führungskraft wie Empathie, Gemeinsinn und ausgleichendes Verhalten innerhalb der Gruppe sind auf dem Weg nach oben nicht unbedingt förderlich. Frauen müssen lernen, aus dem Kreislauf der Selbstkritik auszusteigen, sich neue Perspektiven zu erschließen und den Mut zu haben, Dinge selbst anzupacken. Sie sollten nicht alles machen lassen, sondern das Ruder selbst in die Hand nehmen. Das gilt auch für ganz alltägliche Dinge wie einen Reifen wechseln oder irgendwas zusammenbauen. Einfach über die eigenen Grenzen gehen und es probieren. Das macht viel mit dem eigenen Selbstbewusstsein und das strahlt man dann auch aus.
IMAGE: Führen Frauen denn anders als Männer?
MÜLLER: Das kann man so nicht sagen. Ich glaube, vieles ist eher eine Frage der Generationen. Ältere Menschen führen anders als jüngere Menschen. Ich sehe nicht, dass das eine Geschlechterfrage ist.
IMAGE: Gibt es denn so etwas wie männliche und weibliche Eigenschaften?
MÜLLER: Wenn man sich die Lebensmodelle ansieht, dann hat man heute eine große Vielfalt. Ich glaube, wir haben die Chance, unter vielen Möglichkeiten wählen zu können. Auf der anderen Seite haben wir es immer noch oft mit dem Klassiker zu tun: der Mann ist meistens der Hauptversorger im Familienmodell, die Frau arbeitet Teilzeit und organisiert den kompletten Haushalt mit und ohne Kinder. Die Männer helfen heute oft mit, aber in der Regel drückt ihnen die Frau den Einkaufszettel in die Hand. Wir haben es also immer noch in vielen Fällen mit dem männlichen Versorgen und dem weiblichen Kümmern zu tun – auf der Basis klassisch gelernter und sozialisierter Verhaltensweisen. Man muss aber für andere Modelle auch den passenden Partner haben.
IMAGE: Was raten Sie jungen Frauen heute in Sachen Berufsfindung und Berufstätigkeit?
MÜLLER: Mädchen und Frauen müssen sich mehr trauen. Sie sollten Leidenschaft für ihre Sache haben, beruflich immer am Ball bleiben und den Blick über den Tellerrand wagen. anja