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Sprockhövel

„Frauen müssen sich vernetzen und sichtbar sein“

IMAGE-Serie „Starke Frauen“: Unternehmerin Christina Schwoerer-Böhning, Sprockhövel.

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Im Sauerland geboren, kam sie zur Ausbildung als Physiotherapeutin nach Bochum. Mit 25 Jahren hatte Christina Schwoerer-Böhning ihre Ausbildung beendet und sammelte Berufserfahrung in diversen Praxen und der Reha-Klinik in Hattingen, bevor sie 2005 ihre eigene Praxis eröffnete und 2020 das physiotherapeutische Angebot durch eine Qualifizierung zur Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt Osteopathie ergänzen konnte. Von ihr ging die Initiative aus zu einer Veranstaltung mit Bürgermeisterin Sabine Noll und weiteren engagierten Frauen unter dem Thema „Alles eine Schnapsidee oder ein Erfolgsmodell?“. Sie ist engagiert im Netzwerk der Unternehmerinnen.

IMAGE: Für Ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin kamen Sie vom Sauerland nach Bochum. Haben Sie Ihren Traumberuf erlernt?
SCHWOERER-BÖHNING: Mein Beruf ist meine Berufung und mir sehr wichtig. Bewegung und Sport haben mir schon als Kind sehr viel bedeutet. Ich bin die Älteste von drei Kindern und habe mit meiner Schwester und meinem Bruder viel Zeit in der Natur und bei sportlichen Betätigungen verbracht. Nach dem Abitur auf dem Zeppelin-Gymnasium in Lüdenscheid hätte ich auch gerne Sport studiert, aber ich habe mich damals nicht getraut.

IMAGE: Warum nicht?
SCHWOERER-BÖHNING: Ich war sicherlich kein klassisches Mädchen, aber ich wurde durchaus in diesem Sinn erzogen. Den Schulbesuch auf dem Gymnasium haben meine Eltern mir ermöglicht, aber ein Studium war für sie sehr fremd. Mir wurde deutlich gemacht, dass sie mich finanziell nicht unterstützen konnten und Bafög war für sie auch einfach kein Thema. Ich war nicht schlecht in der Schule und habe nach dem Abitur zunächst für ein Jahr eine medizinisch-kaufmännische Schule besucht, bevor ich weitere zwei Jahre Ausbildung in einer Hausarzt-Praxis im Sauerland absolvierte. Aber ich fühlte mich unterfordert und wollte vor allem raus aus dem Sauerland. Da musste doch noch mehr gehen.

IMAGE: Und dann sind Sie nach Bochum gekommen?
SCHWOERER-BÖHNING: Genau. Ich habe in Ehrenfeld mit einer Medizinstudentin in einer Wohngemeinschaft gelebt. In dem Stadtteil wohnten damals auch viele Schauspieler. Gegenüber meiner Wohnung saß auch einmal Armin Rohde mit einem Freund. Für mich war Bochum damals das Tor zur Welt. Die Zeit am Gymnasium war zwar auch schön und meine erste Klassenlehrerin hat mich damals sehr geprägt im sozialen Miteinander, aber in Bochum habe ich eine richtige Lust am Lernen entdeckt und das hat mir viel Spaß gemacht. Nach der Ausbildung habe ich Berufserfahrung gesammelt, beispielsweise an einer Förderschule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und in der Reha-Klinik in Hattingen. In Bochum habe ich meinen Mann kennengelernt, wir haben zwei Kinder bekommen und sind von Bochum nach Sprockhövel gezogen.
IMAGE: War es für Sie klar, dass Sie irgendwann eine eigene Praxis haben wollten?
SCHWOERER-BÖHNING: Wir haben in Sprockhövel an der Hattinger Straße unser Haus gekauft und festgestellt, dass wir das Gebäude nicht nur renovieren, sondern sanieren mussten. Zusammen mit dem beruflichen Alltag und den Kindern war das eine echte Herausforderung. Es wuchs der Gedanke an die Selbstständigkeit vor dem Hintergrund, Beruf und Familie zeitlich besser vereinbaren zu können. In dem Haus konnte ich meine Praxis einrichten und das habe ich auch gemacht. 2005 ging es dann richtig los. Mittlerweile arbeiten drei Mitarbeiter in Teilzeit mit mir zusammen. 2020 habe ich dann noch eine Qualifizierung zur Heilpraktikerin gemacht. Mein Mann war mir dabei immer eine große Hilfe. Ich konnte ihm immer vertrauen und er hat mich bei meinen Plänen unterstützt.

IMAGE: Sind Familie und Beruf oder in Ihrem Fall Selbständigkeit und Kindererziehung prägende Themen bei Frauen?
SCHWOERER-BÖHNING: Auf jeden Fall. Ich habe die Veranstaltung für Unternehmerinnen „Alles eine Schnapsidee oder ein Erfolgsmodell“ initiiert und will ein Netzwerk von Unternehmerinnen aufbauen. Ich will Unternehmerinnen hier vor Ort sichtbar machen. In dieser Zielgruppe höre ich es immer wieder, wie wichtig die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Flexible Arbeitszeiten sind ein bedeutender Bestandteil. Das können natürlich auch die Mitarbeiterinnen in meiner Praxis in Anspruch nehmen. Frauen haben zumindest in einem bestimmten Lebensabschnitt eine Sandwich-Position: Sie müssen sich um die Kinder kümmern und manchmal auch um die alt gewordenen Eltern. Ich bin Facharbeiterin, Unternehmerin, Managerin, Ehefrau, Mutter und war bis zu einem bestimmten Teil eben auch Tochter. Das sind ziemlich viele Rollen, die man besetzen und miteinander in Einklang bringen muss.

IMAGE: Welche Werte oder Eigenschaften haben Sie aus Ihrem Elternhaus mitbekommen, die wichtig sind für ein erfülltes (Berufs)-Leben?
SCHWOERER-BÖHNING: Verantwortung. Dahinter steckt viel. Wer einem Verantwortung gibt, traut demjenigen etwas zu. Und aus diesem Vertrauen entwickelt sich Kraft. Es ist aber nicht allein das Elternhaus gewesen, durch das ich so erzogen wurde - der Sport, der Verein, die Kirchengemeinde, all das gehörte ebenfalls prägend dazu. Später ergänzte mein Mann das, der Vertrauen in mich hatte und mich immer wieder bei Projekten unterstützt hat. Aus solchen positiven Erfahrungen entwickelt man dann das Vertrauen in sich selbst.

IMAGE: Was raten Sie jungen Frauen heute?
SCHWOERER-BÖHNING: Sich untereinander gut zu vernetzen und dafür zu kämpfen, dass die Gleichberechtigung, die bisher erzielt wurde, auch erhalten bleibt. Ich sehe gesellschaftliche Kräfte, die das anders sehen. Ich habe den Verband Deutscher Unternehmerinnen mit der Hattinger Unternehmerin Dr. Christine Trzaska als Landesverbandsvorsitzende Ruhrgebiet kennengelernt und auch hier erlebt, wie wichtig ein Netzwerk ist. Es ist auch wichtig, Vorbilder in der realen Welt zu haben. Und seinen Humor sollte man sich bewahren. Denn mit Humor wird das Leben auch in schwierigen Zeiten etwas leichter.anja