30.12.2021: Einsatz in der Fußgängerzone...
Rettungswagen an der Henrichshütte Hattingen Foto: UvK/ Ennepe-Ruhr-Kreis
Einsatz in der Fußgängerzone, ein 50-jähriger Buchhändler klagt über Herzstolpern. Ist es eine akute Herzrhythmusstörung oder reicht eine Überwachung bis zur Ankunft im Krankenhaus aus? Der Rettungsdienst muss vor Ort eine erfahrene Notärztin hinzuziehen. Statt mit Blaulicht loszufahren, verfolgt sie den Einsatz von der Leitstelle aus. Per Videoschalte spricht sie mit den Notfallsanitätern, die Vitalparameter des Patienten hat sie auf einem ihrer fünf Monitore im Blick. Was sich wie ein Science-Fiction-Film anhört, soll im Ennepe-Ruhr-Kreis schon im nächsten Jahr Realität werden.
In einer Trägergemeinschaft mit dem Kreis Mettmann und den Städten Wuppertal, Solingen, Remscheid und Leverkusen wird der Ennepe-Ruhr-Kreis bis Ende 2022 Telenotarzstandort. Den entsprechenden Antrag hat die Steuerungsgruppe "Telenotarzt NRW" kürzlich bewilligt.
Bis zum ersten Einsatz stehen allerdings noch einige Vorbereitungen an: Die zukünftigen Telenotärzte werden durch die Ärztekammer geschult, das lokale Rettungsfachpersonal bereitet Kai Pohl, ärztlicher Leiter Rettungsdienst, mit einem Team von Instruktoren vor. Und auch die Technik in der Leitstelle und in den Rettungswagen muss noch angepasst werden.
"Ich halte das System für zukunftsweisend. Der Telenotarzt ist eine wertvolle Ergänzung für die Versorgung vor Ort und macht den Rettungsdienst insgesamt effizienter", ist Pohl überzeugt, dass sich der Aufwand lohnen wird.
Als Beispiel für eine schnellere Patientenversorgung führt er die Gabe von bestimmten Medikamenten an: "Das Rettungsfachpersonal darf einige Präparate erst nach Freigabe durch einen Notarzt verabreichen. Die Videoschalte kann die Anfahrt eines Notarztes in manchen Fällen ersetzen, in anderen Fällen leistet der Telenotarzt überbrückend Hilfe."
Zurück zum Patienten in der Fußgängerzone. Bei Einsätzen wie diesem wird zukünftig ein Team aus Telenotärztin und Notfallsanitätern die therapeutischen Maßnahmen einleiten. Per Live-Übertragung wird die Notärztin das EKG-Bild sehen und über eine im Rettungswagen installierte Kamera verfolgen, ob und wie der Patient reagiert. Virtuell kann sie den Patienten bis ins Krankenhaus begleiten.
Beim gemeinsamen Telenotarztprojekt sitzt jeweils ein Arzt für die gesamte Trägergemeinschaft vor den Monitoren. Die Telenotärzte werden zunächst abwechselnd in den Leitstellen in Leverkusen und Mettmann Platz nehmen, im weiteren Verlauf auch in Wuppertal und Schwelm.
Stichwort Telenotarzt in NRW
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat 2020 die flächendeckende Einführung des Telenotarztsystems in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht. Am 11. Februar, dem europäischen Tag des Notrufs, hat die Steuerungsgruppe "Telenotarzt NRW" eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.
Erklärtes Ziel ist es, bis Ende 2022 mindestens einen Telenotarztstandort je Regierungsbezirk in den Regelbetrieb aufzunehmen und das Telenotarztsystem in Nordrhein-Westfalen bis 2025 vollständig auszubauen.
Die Steuerungsgruppe setzt sich aus Landesregierung, Verbänden der Krankenkassen, kommunalen Spitzenverbänden sowie den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe zusammen.