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Hattingen

Dirk Glaser: „Ein Bürgermeister muss Haltung zeigen”

IMAGE sprach zum Jahreswechsel mit Hattingens Stadtspitze über Wünsche und Sorgen.

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Das Jahr 2021 geht zu Ende. Ein neues Jahr mit neuen Herausforderungen steht vor der Tür. IMAGE hat dem Hattinger Bürgermeister Dirk Glaser zum Jahresabschluss fünf Fragen gestellt.

IMAGE: Sie sind nach der Kommunalwahl zum zweiten Mal Bürgermeister der Stadt Hattingen geworden. Mit Blick auf Ihre erste Amtszeit und die ersten Tage im Amt – gab es unterschiedliche Empfindungen? Mit welchen Erwartungen haben Sie erneut auf dem Stuhl des Bürgermeisters Platz genommen?
GLASER: Die Empfindungen bei einer Wiederwahl unterscheiden sich schon von denen bei meinem Erstantritt. Man fragt sich nun, wie die Bürger und Bürgerinnen die Arbeit des Bürgermeisters in den letzten fünf Jahren beurteilen. Deshalb hat mich das deutliche Ergebnis umso mehr gefreut – auch wenn mich Bündnis 90/Die Grünen nicht unterstützt haben. Ich habe verstanden, dass sie bei ihrer Stärke einen eigenen Kandidaten nominieren wollten. Mit dem Kandidaten der SPD, Frank Mielke, dem Kämmerer der Stadt Hattingen, arbeite ich bis heute gut zusammen. Bis auf das Ende unseres Wahlkampfes war dieser fair – zum Schluss habe ich mich etwas geärgert, aber das hatte nicht Frank Mielke zu verantworten. Bei einer Wiederwahl kennt man den Job. Man weiß, was auf einen zukommt. Die besonderen Herausforderungen einer Pandemie waren natürlich nicht vorhersehbar. Nach der Flüchtlingskrise 2015 hat die Corona-Pandemie Einfluss auf den politischen Alltag und die ganze Stadt. Ich hätte mir gewünscht, wir könnten uns stärker auf Klimaschutz und Stadtentwicklung konzentrieren, aber die Pandemie und ihre Bekämpfung überlagert alles.

IMAGE: Wie wichtig ist in der politischen Arbeit die Stimme des Bürgermeisters?
GLASER: Der Rat ist die Vertretung der Bürger und Bürgerinnen. Hier hat der Bürgermeister eine Stimme wie jedes andere Mitglied im Rat. Die im Rat getroffenen Entscheidungen muss der Bürgermeister seinen Bürgern und Bürgerinnen erklären. Das muss er auch dann tun, wenn er selbst anderer Meinung ist. Zum Glück kommt das in Hattingen nicht oft vor. Ich erinnere mich da nur an die Standortverlagerung der Realschule Grünstraße. Das habe ich damals anders gesehen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass ein Bürgermeister unterschiedliche Meinungen moderieren kann. Als parteiloser Bürgermeister – von denen es übrigens immer mehr gibt – setze ich auf wechselnde Mehrheiten und nicht auf feste Koalitionen. Ich glaube, das tut den Inhalten gut. Ich bin kein Freund einsamer Entscheidungen, sondern setze auf ein gutes Team. Und ich denke, ein Bürgermeister muss Haltung zeigen. Hier sehe ich mich gut aufgestellt.

IMAGE: Was glauben Sie: Kann die politische Arbeit mit ihren Sitzungen durch Online-Übertragungen mehr Bürger für Politik begeistern?
GLASER: Wir haben einen ersten Testlauf zu diesem Thema gemacht. Ich selbst habe Zweifel am Nutzen, weil ich nicht einschätzen kann, wie viele Bürger und Bürgerinnen sich diese Sitzungen per Livestream tatsächlich ansehen werden. Ich glaube, wer Interesse an der Politik hat, schätzt die persönliche Anwesenheit und das Erlebnis von Gestik, Mimik und Reaktionen anderer Vertreter in den politischen Gremien. Aber wir haben uns hier auf den Weg gemacht und sind bereit, es auszuprobieren. Grundsätzlich finde ich Transparenz gut und bin offen für das Thema.

IMAGE: Was war für Sie persönlich das positivste und negativste Ereignis aus dem Jahr 2021?
GLASER: Das ist eine schwierige Frage. Auch hier steht die pandemische Lage über allem und mich bewegt jedes einzelne Corona-Schicksal. Wenn ich ein bestimmtes negatives Ereignis nennen soll, dann ist es sicherlich die Flutkatastrophe im Juli, die auch in Hattingen große Schäden hinterlassen hat. Zum Glück mussten wir keine Toten beklagen, aber es hat doch viele Menschen stark getroffen. Für mich war es vorher fast unvorstellbar, wie schnell sehr kleine Bäche zu reißenden Flüssen werden konnten und Hab und Gut von Menschen zerstört
haben.
Doch das Negative macht das Positive erlebbar. Eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft hat es dann eben auch gegeben. Ich finde, die Naturkatastrophe und die Pandemie zeigen auch, wie viele Menschen anderen helfen und wie viele von ihnen weit über eigene Grenzen hinaus etwas leisten. Das gilt für viele Menschen im Beruf genauso wie auf privater Ebene. Persönlich möchte ich anfügen, dass ich dankbar dafür bin, meine hochbetagten Eltern auch während der Pandemie an ihrem Wohnort in der Schweiz besuchen zu können. Bisher blieben sie von Corona verschont und sind selbstverständlich geimpft.

IMAGE: Zukunft 2022 – was bringt das neue Jahr für Ihre Stadt?
GLASER: Tja, hoffentlich eine Verbesserung der Pandemie. Das werden sich wohl alle wünschen. Außerdem hoffe ich auf eine höhere Impfquote und das nicht nur in Hattingen. Für unsere Stadt speziell wünsche ich mir, dass wir dann wieder mehr Zeit haben, Projekte in der Stadt selbst voranzutreiben. Im nächsten Jahr werden wir die Neuentwicklung auf dem ehemaligen O & K-Gelände sehen. Hier wird ein neues attraktives Quartier entstehen. Ich denke, wir alle müssen versuchen, optimistisch in das neue Jahr zu schauen im Vertrauen darauf, die Herausforderungen aus der Pandemie endlich hinter uns lassen zu können.  anja