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Gesundheit

Die Nieren: Sie filtern die Giftstoffe aus unserem Körper

Können sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen, sind Dialyse oder Transplantation notwendig.

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Dr. Mario Iasevoli, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am EvK Witten.

Die Nieren sind lebenswichtige Organe. Sie reinigen das Blut und beeinflussen viele Körperfunktionen. Millionen von Menschen leiden an einer Nierenschwäche. Viele von ihnen wissen es nicht einmal, denn am Anfang verursacht die Erkrankung oft noch keine Beschwerden. IMAGE sprach mit Chefarzt Dr. Mario Iasevoli, EvK Witten, über die Nieren.

IMAGE: Welche Aufgabe haben die Nieren im menschlichen Körper?
IASEVOLI: Die meisten Menschen besitzen zwei Nieren. Sie sitzen links und rechts der Wirbelsäule auf der Höhe der unteren Rippen. Eine Niere ist etwa 9 bis 12 cm lang. Über die Harnleiter sind sie mit der Blase verbunden. Der Urin wird in den Nieren gebildet, in die Blase geleitet und von dort mit den gefilterten Giftstoffen aus dem Körper ausgeschieden. Das ist die Hauptaufgabe der Nieren. Dafür filtern sie täglich rund 1.800 Liter Blut. Die Regulierung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper, die langfristige Blutdruckeinstellung und die Aufrechterhaltung des Mineralstoffgleichgewichts fallen ebenfalls in ihren Aufgabenbereich. Darüber hinaus produzieren sie Vitamin D und Erythropoetin. Das ist ein Hormon, das die Bildung der roten Blutkörperchen im Knochenmark anregt.

IMAGE: Welche Erkrankungen der Nieren gibt es?
IASEVOLI: An den Nieren können verschiedene Erkrankungen – in der Fachsprache Nephropathie – auftreten. Prinzipiell unterscheidet man dabei Erkrankungen des Nierengewebes (internistisch-nephrologische Erkrankungen) von Erkrankungen der ableitenden Harnwege, welche vom Nierenbecken bis Harnröhre reichen (urologische Erkrankungen). Beispielsweise gibt es die Nierenbeckenentzündung, die in der Regel durch bakterielle Infektionen entsteht. Es gibt Nierensteine oder eine Nierengefäßerkrankung. Wir kennen Fehlbildungen der Nieren wie Zystennieren, Doppelnieren oder Hufeisennieren. Bekannt sind auch Nierentumore, die sowohl einen gutartigen als auch einen bösartigen Verlauf nehmen können. Manche Erkrankungen haben zur Folge, dass die Nieren ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Dann sammeln sich aufgrund der unzureichenden Entsorgung giftige Substanzen im Körper an und es kommt oft zu zunehmenden Wassereinlagerungen. Um eine lebensgefährliche Vergiftung oder Überwässerung des Organismus zu verhindern, ist eine andere Form der Blutreinigung erforderlich, beispielsweise die Dialyse.

IMAGE: Wie kann man erkennen, dass eine Erkrankung der Nieren vorliegen könnte?
IASEVOLI: Die Beschwerden durch Nierenleiden beginnen oft schleichend. Es kann z.B. zu Verfärbungen des Urins oder einem unangenehmen Geruch kommen. Es treten Schmerzen im Bereich der Nieren auf, die sich aber auch als Rückenschmerzen äußern können. Es kann zu kolikartigen Schmerzen kommen, die bis in die Harnblase ausstrahlen, wenn die ableitenden Harnwege betroffen sind. Außerdem leiden Betroffene häufig an Ödemen, beispielsweise an den Knöcheln oder an den Augenlidern. Die Urinausscheidung wird dann häufig geringer. Schreitet die Erkrankung voran, kommen allgemeine Symptome wie Schwächegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Juckreiz, starke Wasseransammlungen in den Beinen, Blässe oder ein auffälliger (an Urin erinnernder) Körpergeruch hinzu.

IMAGE: Wie wird ein Nierenleiden diagnostiziert?
IASEVOLI: Bei Erkrankungen der ableitenden Harnwege findet man häufig Veränderungen des Urins, welche mikroskopisch oder chemisch untersucht werden können. Wichtig sind auch die Blutuntersuchungen auf eine Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen. Zu den weiterführenden Untersuchungsmethoden zählen dann auch ggf. die
Nierenbiopsie. Hindernisse oder Erkrankungen der ableitenden Harnwege werden dabei von den Spezialisten der Urologie behandelt.
IMAGE: Kann man Nierenerkrankungen vorbeugen?
IASEVOLI: Man kann Risiken minimieren. Zu ihnen gehören der Bluthochdruck und ein Diabetes. Je besser die Einstellung von Blutdruck und Blutzucker ausfällt, desto mehr verringert sich die Gefahr eines Nierenleidens. Dazu tragen auch eine gesunde Ernährung sowie der Verzicht auf Tabak bei. Auch mit Alkohol sollte man vorsichtig sein. Übermäßiger Alkoholkonsum über längere Zeit schadet den Nieren und kann im schlimmsten Fall zu Nierenschäden führen.

IMAGE: Zu den Therapiemöglichkeiten. Was kann man bei einer Nierenerkrankung tun?
IASEVOLI: Die Behandlung einer Nierenerkrankung richtet sich nach Ursache und Ausmaß. Sind zum Beispiel Bluthochdruck oder Diabetes für die Krankheit ursächlich, muss deren frühzeitige Behandlung erfolgen. Unverzichtbar bei der Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung ist die Mithilfe des Patienten. Im Falle von Bluthochdruck beispielsweise empfiehlt sich eine Veränderung des Lebensstils durch den Patienten. Leidet die Person unter Übergewicht, sollte dieses auf jeden Fall abgebaut werden. Bei der Ernährung ist auf eine Reduktion von Salz und Eiweiß zu achten. Obst und Gemüse dürfen in größeren Mengen zu sich genommen werden. Eine weitere hilfreiche Maßnahme ist regelmäßige Bewegung. Zu den Medikamenten, die vom Arzt verordnet werden, gehören unter anderem Blutdruckmedikamente wie ACE-Hemmer, die den Blutdruck absenken. Leidet der Patient unter Diabetes, erhält er Arzneimittel, die den Blutzucker absenken. Liegt eine Entzündung der Nierenzellen vor, bekommt der Erkrankte beispielsweise Präparate wie Kortison, Cyclophosphamid oder Cyclosporin. Die Medikamente können das Fortschreiten einer chronischen Nierenerkrankung (bei Autoimmunerkrankungen) oft verlangsamen. Dabei sollte jedoch eine fachärztliche Aufsicht erfolgen.
Helfen Diäten und Medikamente nicht mehr, bedarf es meist einer Dialyse. Dieses Blutreinigungsverfahren gelangt vor allem bei einer akuten oder chronischen Niereninsuffizienz zur Anwendung. Vom Ausmaß der Funktionsstörung hängt es ab, ob die Dialyse auf Dauer durchgeführt werden muss. Manchmal bleibt aber auch nur der Ausweg einer Transplantation. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 1.909 Nieren transplantiert, davon 450 nach einer Lebendorganspende. Am 31.12.2020, dem Stichtag, standen 7.338 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Um auf die Warteliste für eine Spenderniere aufgenommen zu werden, muss ein endgültiges Nierenversagen vorliegen. Die Patientin oder der Patient muss dabei dialysepflichtig sein und weitere Voraussetzungen erfüllen. Wichtig ist dabei auch, dass eine mögliche Grundkrankheit nicht die neue Niere wieder schädigt (z.B. schlecht eingestellter Diabetes mellitus).

IMAGE: Kann sich eine geschädigte Niere regenerieren?
IASEVOLI: Bei chronischen Nierenleiden ist eine Regenerierung nur in geringem Maße möglich. Die Nieren stellen, insbesondere bei weiter bestehender Ursache, nach und nach ihre Funktion ein. Wird die Niereninsuffizienz allerdings früh erkannt, kann sie in einigen Fällen geheilt oder verlangsamt werden. Es ist wichtig, eventuelle Beschwerden frühzeitig medizinisch abklären zu lassen. Im Spätstadium helfen dann nur noch die Dialyse oder eine Transplantation. anja