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Gesundheit

Die kranke Lunge: Wenn Betroffenen die Luft wegbleibt

IMAGE im Gespräch mit Chefarzt Dr.med. Mario Iasevoli vom Evangelischen Krankenhaus Witten.

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Dr. Mario Iasevoli, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am EvK Witten.

Die Pneumologie beschäftigt sich mit Erkrankungen der Lunge. Lungenerkrankungen wie COPD, Lungenentzündung und Lungenkrebs führen nicht selten zum Tod. Die Tuberkulose gehört zu den häufigsten Infektionskrankheiten der Welt. Aber auch Leiden wie die chronische Bronchitis, Asthma, Staublunge oder andere Formen der chronischen Luftnot verursachen Beschwerden. Außerdem hat die Corona-Pandemie noch einmal ein besonderes Augenmerk auf die Lunge gelegt. Viele Hausärzte oder niedergelassene Lungenfachärzte überweisen Patienten zur weiteren Diagnostik in das Ev. Krankenhaus Witten. Hier kooperiert die Klinik für Innere Medizin seit vielen Jahren mit den Pneumologen des Thoraxzentrums Ruhrgebiet.

IMAGE: Welche Lungenerkrankungen behandeln Sie?
IASEVOLI: Zu akuten Infektionen der unteren Atemwege zählen die Lungenentzündung sowie Infektionen der Atemwege, beispielsweise Bronchitis. Diese Infektionen gehören zu den meistverbreiteten Krankheits- und Todesursachen bei Kindern und Erwachsenen weltweit. Bei Diagnose- und Therapiebedarf können weitere Spezialisten in einer interdisziplinären Expertenrunde hinzugezogen werden. Außerdem versorgen wir Patienten mit einer COPD-Erkrankung (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung). Das ist eine langfristige Erkrankung, die zu Entzündungen in der Lunge, Schädigungen des Lungengewebes und einer Verengung der Bronchien führt, welche die Atmung erschweren. Schwerwiegend ist auch die Erkrankung an einem Bronchialkarzinom. Darunter versteht man Krebs der Trachea (Luftröhre), des Bronchus (Atemweg) oder der Lungenbläschen (Alveoli). Lungenkrebs war zu Anfang des 20. Jahrhunderts eine seltene Erkrankung, aber die zunehmende Belastung durch Tabakrauch und andere Auslöser haben zu einer deutlichen Zunahme im 20. und 21. Jahrhundert geführt. Hier ist das Thoraxzentrum Ruhrgebiet intensiv eingebunden. Dabei handelt es sich um eine fachübergreifende Einrichtung für die medizinische Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen der Lunge, der Brustwand, des Pleuraraumes sowie des Zwerchfells und des Mittelfellraumes, mit der wir seit Jahren kooperieren. So werden Patienten bestmöglich medizinisch versorgt.

IMAGE: Kann man Erkrankungen der Lunge vorbeugen?
IASEVOLI: Man kann zumindest Risiken verringern. Die Belastung durch Tabakrauch, entweder durch das Rauchen der Mutter in der Schwangerschaft oder nach der Geburt des Kindes, ist ein bekannter Risikofaktor für Asthma und beeinträchtigte Lungenfunktion während der Kindheit. Zum Tabakrauch gehört übrigens auch der Shisha-Rauch. Für die Erkrankungen COPD und Lungenkrebs ist Tabakrauch ebenfalls ein hohes Risiko. Er ist für mehr als 80 Prozent der Lungenkrebserkrankungen verantwortlich. Lungenkrebs ist heute die Krebsart mit der weltweit höchsten Sterberate bei Männern und Frauen. Die Überlebensrate hängt vom Zelltypus des Krebses und dem Zeitpunkt ab, zu dem die Krankheit diagnostiziert wurde, ist aber insgesamt als eher schlecht einzustufen.
Anhaltende starke Luftverschmutzung und genetische Faktoren sind weitere Risiken. Es besteht beispielsweise ein ausgeprägter Zusammenhang zwischen Asthma und Allergien und den elterlichen Genen. Schwere Lungenschäden können auch durch die vom Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Erkrankung COVID-19, volkstümlich als Corona-Erkrankung bezeichnet, entstehen. Im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion muss man auch eventuelle Langzeitfolgen berücksichtigen, die allgemeinverständlich unter Long Covid zusammengefasst werden.

IMAGE: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
IASEVOLI: Das ist natürlich abhängig von der jeweiligen Erkrankung und ihrer Entwicklung. Bei Lungenkrebs sind es im Wesentlichen neben der operativen Methode die Chemo- und die Strahlentherapie, die zum Einsatz kommen. Oft werden die Methoden auch kombiniert - so kann eine Strahlentherapie den Tumor verkleinern, bevor er operativ versorgt wird.
Bei COPD gibt es neben der Sauerstoffbehandlung auch spezielle Trainingsprogramme, die als Lungenrehabilitationsprogramme bezeichnet werden. Diese konzentrieren sich darauf, die Fähigkeit der Patienten zur körperlichen Betätigung zu verbessern und Informationen bereitzustellen, die Patienten helfen, ihre Erkrankung zu meistern.
Asthma kann mit Medikamenten behandelt werden, wichtig ist aber auch die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten. Dabei verlaufen die Erkrankungen sehr unterschiedlich, von daher ist auch die Behandlung individuell.
Bei einer COVID-19-Pneumonie finden sich bei der thorakalen CT-Untersuchung typische Befunde einer Viruspneumonie. Auch wenn die Infektion überstanden ist, können im Lungengewebe dauerhafte Schädigungen entstanden sein. In der Folge können sie weitere Beschwerden verursachen. Zu Beginn der Pandemie wurde die Infektion als Lungenkrankheit verstanden. Erst später wurde klar, dass durch die Infektion mit dem Coronavirus SARS-COV-2 auch andere Organe betroffen sein können. Als Risikofaktoren für weiterhin schwere Covid-19-Verläufe konnte die Medizin eine starke Unterdrückung des Immunsystems (wie etwa bei Krebserkrankten im Laufe von Chemotherapien), ein Alter über 80 Jahre und mehrere vorbestehende chronische Erkrankungen diagnostizieren.
Nach einer Infektion mit dem Coronavirus können Menschen sehr lange unter den Folgen leiden. Mit dem Begriff Long Covid oder Post Covid werden sehr unterschiedliche Beobachtungen zusammengefasst. Von Long Covid wird gesprochen, wenn vier bis 12 Wochen nach der Infektion noch Symptome auftreten, von Post Covid dann, wenn dies nach der 12. Woche noch der Fall ist. Die Symptome können Husten, Atemnot, chronische Erschöpfung, Muskel- und Gliederschmerzen und vieles mehr sein. Manche Betroffene leiden unter einer stark beschleunigten Atmung (Hyperventilation). Hier gibt es bisher keine besondere Heilmethode. Man muss - je nach Symptomen - einen individuellen Weg finden, den Menschen zu helfen. Hier ist auch ein interdisziplinärer und ganzheitlicher Ansatz von besonderer Bedeutung, um die Beschwerden lindern zu können.

IMAGE: Kann sich eine geschädigte Lunge regenerieren?
IASEVOLI: Auch das ist abhängig von der Erkrankung. Rauchen schädigt die Lungenzellen. Wer aber beispielsweise mit dem Rauchen aufhört, dessen Lunge kann sich durchaus regenerieren. Das dauert allerdings und ist wiederum abhängig vom Alter und der Gesamtverfassung des Betroffenen. Mindestens mehrere Monate Zeit braucht es auf jeden Fall.
Hilfreich ist außerdem das Training des Lungenvolumens. Dafür gibt es eine Vielzahl bestimmter Atemübungen. Lungensport hat sich als nichtmedikamentöse Therapiemaßnahme in den Behandlungskonzepten von Atemwegs- und Lungenkrankheiten etabliert. Es gibt bundesweit Gruppenangebote für Betroffene.anja