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Hattingen

Die Gedanken sollen über die Steine der Erinnerung stolpern

80 Jahre Kriegsende – 20 Jahre Stolpersteine in Hattingen – Putzaktion läuft wieder.

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2005 fand in Hattingen die erste Verlegung von „Stolpersteinen“ zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in der Stadt statt. Der Künstler Gunter Demnig verlegte seitdem mit seinem Team und unter Beteiligung der Hattinger Bürgerschaft 25 Stolpersteine. 
Die kleinen Messingplatten liegen verteilt im Hattinger Stadtgebiet und werden jedes Jahr im Rahmen der November-Gedenkwoche „Hattingen hat Haltung“ geputzt. Das Projekt „Hattingen putzt Stolpersteine“ gibt es seit 2014. In der Regel sind es Schüler, die dies im Rahmen von Unterrichtsprojekten tun. Am Mittwoch, 5. November, ist die 9. Klasse der Realschule Grünstraße in der 3./4. Stunde dabei.

Zwanzig Jahre Stolpersteine in Hattingen
Ihnen und den anderen weiterführenden Schulen in Hattingen ist es zu verdanken, dass immer mehr Menschen über die Stolpersteine buchstäblich „stolpern“, meint: sie im Stadtbild wahrnehmen. 
Ein Stolperstein in der Bruchstraße erinnert beispielsweise an Oskar Nagengast – Opfer und Täter zugleich. Nagengast war Mitglied der SA und Nationalsozialist. Er war verheiratet, hatte drei Kinder – und er war homosexuell. Ob die Ehe möglicherweise zum Schein geschlossen wurde, lässt sich aus den Akten nicht genau erkennen. Seine Homosexualität jedenfalls war mehr als unerwünscht. Seine Frau, so berichteten später die Kinder übereinstimmend, hat von den Neigungen ihres Mannes gewusst, damit aber vermutlich keine Probleme gehabt. Ganz anders die Ideologie jener Zeit. Der § 175 StGB existierte seit 1872 und stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe. Der Hüttenarbeiter Oskar Nagengast wurde verhaftet und nach der Gefängnisstrafe sofort von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen. Er kam ins Konzentrationslager Buchenwald und wurde dem Arbeitskommando „Dora“ zugeteilt, dass ein gigantisches Stollensystem für die unterirdische Raketenproduktion erstellen sollte. Nagengast starb unter unmenschlichen Bedingungen im Januar 1944. Der § 175 existierte übrigens bis zum 11. Juni 1994. Weitere Stolpersteine erinnern beispielsweise an den Hattinger Widerstandskämpfer Nikolaus Groß, der in Berlin-Plötzensee wegen Verbindungen zum gescheiterten Stauffenberg-Attentat hingerichtet wurde. Sie erinnern an das jüdische Ehepaar Amalie und Karl Cahn, die in das Ghetto Zamosc „umgesiedelt“ wurden – eine Reise in den sicheren Tod. Sie erinnern an die Jüdin Friederike Stang, die ein Modegeschäft in der Gelinde betrieb. Sie war mit einem Christen verheiratet, wurde 1944 von der Gestapo verhaftet, in einem Lager bei Berlin interniert und überlebte die Nazi-Herrschaft. Das Stadtarchiv und der Heimatverein halten viele weitere Infos bereit. Außerdem gibt es unter www.stolpersteine.eu Informationen über die bundesweiten Standorte der Verlegungen. 
Am Samstag, 15. November, 14.30 Uhr, findet im LWL-Industriemuseum Henrichshütte die Themenführung „Die Rolle der Henrichshütte im Nationalsozialismus“ statt. Anmeldung: sascha.eversmann@lwl.org oder Tel. (02324) 9247.150 (Teilnehmerzahl begrenzt). von Dr. Anja Pielorz