Logo
Superbanner 749 x 89 Pixel_Platzhalteranzeige.jpg
Topthema

„Die Frauen müssen sich mehr trauen“

Dr. Christine Trzaska, IT-Unternehmerin, Landesverbandsvorsitzende Ruhrgebiet VdU.

DUD-Trzaska-Juli2024.jpg

Dr. Christine Trzaska ist gerne Unternehmerin. Sie wünscht sich mehr selbstbewusste Frauen im Beruf.

Dr. Christine Trzaska ist eine Hattinger Unternehmerin. Geboren 1959 im Sauerland, gründete sie IT-Service-Ruhr. Sie ist die Landesverbandsvorsitzende Ruhrgebiet vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU). Der VdU vertritt seit 1954 als Wirtschaftsverband branchenübergreifend die Interessen von Unternehmerinnen. Seit fast 70 Jahren setzt sich der VdU für mehr weibliches Unternehmertum, mehr Frauen in Führungspositionen und bessere Bedingungen für Frauen in der Wirtschaft ein. Dr. Christine Trzaska sagt: „Bei meiner Promotion wollte ich mich auf das Wesentliche konzentrieren, das wissenschaftliche Arbeiten. Ich wollte keine Zeit mit Unwichtigem vergeuden. Gleichzeitig wollte ich professionelle Ergebnisse liefern. Fehlerfreie Texte: Ja! Doppelte und dreifache Tipparbeit: Nein! Meine Doktorarbeit auf einer Schreibmaschine zu schreiben hätte genau das bedeutet. 1986 habe ich meinen ersten PC gekauft.“

IMAGE: Sie sind im Sauerland geboren. Ihre Kindheit lag in den sechziger Jahren. Wenn Sie sich an diese Zeit erinnern - waren Sie ein typisches Mädchen oder wurden Sie so erzogen?
TRZASKA (lacht): Das hätte meine Mutter gerne gehabt, hat aber nicht funktioniert. Ich war naturverbunden und sportlich und daher gerne - auch mit Jungen - in den Wäldern unterwegs. Ich habe Karl May geliebt und wenn ich gelesen habe, dann war das nicht ein klassisches Mädchenbuch wie „Hanni und Nanni“, sondern tatsächlich eher ein Abenteuerroman. Ich habe noch einen Bruder und eine Schwester, bin aber die Älteste. Bereits in der Kindheit musste ich lernen, Verantwortung zu übernehmen. Es hieß: du passt auf deine Geschwister auf.

IMAGE: Nach dem Abitur ging es vom Sauerland in die Welt hinaus mit der Liebe für EDV und Zahlen im Gepäck?
TRZASKA: In die Welt hinaus ging es, ja. Münster, Heidelberg und Bochum waren meine nächsten Stationen. Aber die EDV hatte ich dabei noch nicht richtig im Blick. Ich habe Alte Geschichte, Ethnologie und Archäologie studiert mit dem Berufswunsch einer Karriere an der Universität. Ich war an Ausgrabungen beteiligt in Oberaden. Das Römerlager Oberaden in Bergkamen ist das größte römische Militärlager nördlich der Alpen. Meine Magisterarbeit habe ich damals noch auf der Schreibmaschine geschrieben, meine Doktorarbeit dann auf dem PC und meine Promotion habe ich mir als freiberufliche EDV-Dozentin finanziert. Ich habe mich damals darauf beworben und gesagt, ich kann das. Ich war davon überzeugt und es hat auch funktioniert. Ich konnte die Teilnehmer so sehr begeistern, dass sich alle nach kurzer Zeit einen PC kaufen wollten. Damals steckte das Thema Computer und Digitalisierung noch in den Kinderschuhen. Es wurde viel experimentiert und ich bekam immer mehr Spaß an dem Thema. Die Arbeitserleichterung, die dieses aus Sicht einer Althistorikerin „Teufelszeugs“ mit sich brachte, war enorm. Innerhalb kürzester Zeit hatte mich diese Technik in ihren Bann gezogen. Die Programme wurden immer leistungsfähiger, es gab immer mehr Möglichkeiten, Arbeitsabläufe zu optimieren. Die Vorgaben meiner Auftraggeber ließen diese spannenden Felder immer weniger zu. Ich entschloss mich 1996 mein eigenes Unternehmen, die Firma IT-Service Ruhr, zu gründen. Das war noch in Bochum. 2008 zogen wir mit dem Unternehmen nach Hattingen. Hier bieten wir IT-Dienstleistungen rund um Microsoft Office für Unternehmen an.

IMAGE: Da ist die Althistorikerin aber in eine Männerdomäne vorgestoßen...?
TRZASKA: Das war so und in vielen Unternehmen mit dem sogenannten MINT-Schwerpunkt ist das immer noch so. Es gibt zwar sehr viele Bemühungen, in der Schule den Mädchen Fächer wie Mathe, Physik, Chemie und Wirtschaft näher zu bringen, doch spätestens nach der Schule enden diese Mühen meistens doch. Ich habe selbst erlebt, dass ein Dozent mich in den Nebenraum zum Anwenderseminar für WORD schicken wollte, weil er nicht geglaubt hat, dass ich das Server-Seminar besuchen will. Ich wollte eben nicht nur Textverarbeitung lernen, sondern ich wollte dafür sorgen, dass das System läuft. Eine Taste zu drücken ist bei WORD oder am Server der gleiche Kraftaufwand.
Aber es gibt heute auch Veränderungen. Bei Microsoft Deutschland gibt‘s die dritte Chefin hintereinander und das zeigt doch, Frauen können das mindestens so gut wie Männer. Im eigenen Unternehmen ist das Verhältnis von Frauen und Männern sehr ausgeglichen. Ich biete auch gerne Schülerpraktika an und wenn möglich, ist das für Mädchen immer eine Chance, sich mit dem Thema IT zu beschäftigen.

IMAGE: Es gibt aber immer noch zu wenig Frauen in Führungspositionen. Warum?
TRZASKA: Ich denke, Frauen trauen sich manche Dinge einfach nicht zu. Sie könnten es, aber die Hürde ist entweder in ihrem Kopf oder sie wird von außen gesetzt. Immer noch gibt es viele Situationen in der Erziehung und in der Bildung, wo man Mädchen sagt: du kannst das nicht. Deshalb sind Mädchen in gewerblich-technischen Berufen immer noch Mangelware. Allerdings muss man die Errungenschaften, die wir auf diesem Gebiet haben, auch in eine historische Relation setzen. Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten und Förderungen, die Mädchen heute erfahren dürfen. Demgegenüber stehen Tatsachen wie das erste Frauenwahlrecht 1918, die Aufnahme einer eigenständigen bezahlten Arbeit ohne Zustimmung des Mannes 1958 und die erste Bankkontoeröffnung einer Frau ohne Zustimmung des Ehemannes 1962. Noch bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur berufstätig sein, wenn es „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar” war. Daran sieht man, so lange ist das alles noch gar nicht her und für diese Zeitspanne bis heute ist dann doch schon einiges erreicht worden.

IMAGE: Führen Frauen anders als Männer?
TRZASKA: Frauen führen zielorientiert und effizient. Frauen können oft sehr gut zuhören und bewahren sich ihre Empathie. Erfolgreiche Männer führen ähnlich wie Frauen. Insgesamt geht es zu oft darum, dass Männer Macht nicht aufgeben möchten. Wäre es anders, wären Teams bunter. Leistungsorientierter wären sie dann in jedem Fall. Dazu gibt es zahlreiche Studien.

IMAGE: Was raten Sie jungen Frauen heute in Sachen Berufsfindung und Berufstätigkeit?
TRZASKA: Mädchen und Frauen müssen sich mehr trauen. Und sie sollten sich nicht vom Schein blenden lassen, sondern lernen, hinter eine schöne Fassade zu schauen. anja