Die Elektromobilität hat sich auf der Überholspur festgesetzt und baut ihre Marktanteile unbeirrt aus...
Die Elektromobilität hat sich auf der Überholspur festgesetzt und baut ihre Marktanteile unbeirrt aus. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland knapp 400.000 Elektromobile neu zugelassen, was sich gegenüber 2019 mit 112.000 Zulassungen in ein Plus von 250 Prozent übersetzt.
Dank der staatlichen Unterstützung kletterte der Marktanteil der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge auf 12,6 Prozent. Im Ranking der großen Automobilnationen liegt Deutschland bei den Zulassungen nur noch hinter China.
„Der Trend zur Elektromobilität hat in den vergangenen Monaten noch einmal deutlich Fahrt aufgenommen. Diese Dynamik wird weiter hoch bleiben, weil die Industrie erkannt hat, dass sie sich anpassen und ihre Transformation beschleunigen muss. Allein in den Jahren 2021 und 2022 sollen mehr als 20 neue E-Modelle von deutschen Herstellern auf den Markt kommen“, zieht Wolfgang Bernhart, Partner bei Roland Berger, Bilanz. Der Zuwachs bei den E-Mobilen hat für die Industrie noch einen zusätzlichen positiven Effekt. Dank des Verkaufserfolgs dieser Modelle haben die Automobilhersteller ihre Chancen, die europäischen CO₂-Ziele zu erreichen, deutlich verbessert.
Allerdings nimmt China nach wie vor unangefochten bei der Zahl der E-Autos wie auch bei der Produktion der Batteriezellen eine dominierende Rolle ein. Neben der wachsenden Automobilproduktion baut das Reich der Mitte seine Produktionskapazitäten aus und wird bis zum Jahr 2023 70 Prozent der weltweit nachgefragten Energiespeicher liefern. In Deutschland hingegen sind diese Kapazitäten noch gering. „Deutschland ist zwar auf einem guten Weg, doch der Rückstand bei der Zellproduktion kann nur durch hohe Investitionen und kontinuierliche Optimierungen der Technologie, wie der Zellchemie, verringert werden“, erklärt Bernhart.
In den kommenden zwei Jahren werden die chinesischen Hersteller ihre Produktion von elektrifizierten Fahrzeugen (batterieelektrische und Plug-in-Modelle) auf 13,008 Millionen Modelle steigern, gefolgt von den deutschen Produzenten mit 4,408 Millionen Modellen.
Bis zum Jahr 2030 plant die EU-Kommission eine Reduzierung der CO₂-Emissionen für Neuwagen um 50 Prozent gegenüber dem Jahr 2021.
Ursprünglich lag der Wert einmal bei 37,5 Prozent. In diesem Szenario spielen die vor allem in Deutschland als Dienstwagen beliebten Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge eine wichtige Rolle. Doch seitdem Untersuchungen festgestellt haben, dass diese Modelle nur selten eine Ladesäule sehen, sind sie ins Visier von Klimaaktivisten und Politikern geraten.
Forderungen werden daher laut, die staatliche Förderung für diese Technik einzustellen oder eine Kontrolle über den tatsächlichen Verbrauch im Alltag einzuführen. Allerdings werden diese Daten angesichts der strengen europäischen Datenschutzvorschriften nur schwer zu erfassen sein. Auf jeden Fall wird empfohlen die weitere Entwicklung von Plug-in-Hybridfahrzeugen zu überdenken und sich stärker auf vollelektrische Modelle zu konzentrieren.
Noch gravierendere Auswirkungen könnte zudem eine neue Betrachtung der CO₂-Emissionen haben, wenn nicht nur wie bisher der CO₂-Ausstoß des Fahrzeugs gemessen wird, sondern die bei der Produktion, dem Recycling und während der gesamten Laufzeit des Fahrzeugs entstehenden Belastungen berücksichtigt werden. Die EU-Direktive 2019/631 sieht vor, dass die Europäische Kommission die Möglichkeit einschätzen muss, wie sich die Gesamtlaufzeit eines Fahrzeugs bis 2023 in die CO₂-Vorschriften integrieren lässt. Die Einführung einer derartigen Regulierung ist noch nicht terminiert, könnte aber nach 2030 realisiert werden.
Sollte eine derartige Vorschrift kommen, steht die Automobilindustrie vor einer gewaltigen Herausforderung. Zwar sind die Hersteller für die CO₂-Belastungen der Fahrzeuge verantwortlich, doch nur zehn bis 20 Prozent der Emissionen werden tatsächlich von den Herstellern verursacht. Der Rest geht auf das Konto der Zulieferer. Daher kommen auf alle Unternehmen der Lieferkette zusätzliche Aufgaben zu, um die Emissionen einzuschränken.
Von Walther Wuttke, cen. (ampnet/ww)