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Gesundheit

Der Schlaganfall: Ursachen, Risiken und Behandlung

Fachärzte für Neurologie im EvK Witten erklären, wie man einen möglichen Schlaganfall bemerkt.

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Die Konsequenzen eines Schlaganfalls sind gravierend: Fast die Hälfte der Patienten leidet an Folgeschäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen und ist dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen. In den letzten Jahren ist ein Anstieg der Erkrankung besonders bei jungen Menschen zu beobachten. Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall und muss so schnell wie möglich behandelt werden. IMAGE sprach mit den Fachärzten für Neurologie Dr. Anja Ranft und Dr. David Minwegen vom EvK Witten.
IMAGE: Was passiert genau bei einem Schlaganfall?
MINWEGEN: Rund 260.000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich einen Schlaganfall. 15 Prozent der Patienten sind jünger als 55 Jahre. In den meisten Fällen lösen Durchblutungsstörungen im Gehirn einen Schlaganfall aus (ischämischer Schlaganfall). Eine Durchblutungsstörung entsteht aufgrund eines Blutgerinnsels oder aufgrund einer Arterienverkalkung. Durch Veränderungen kleiner Gefäße im Gehirn, Verengungen hirnversorgender Gefäße oder Vorhof­flimmern im Herzen kann es zu einem Gefäßverschluss im Gehirn kommen. In der Folge werden manche Hirnareale unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Schlaganfälle aufgrund einer Mangeldurchblutung machen rund 80 Prozent aller Schlaganfälle aus.
Rund 20 Prozent aller Schlaganfälle werden durch Hirnblutungen hervorgerufen (hämorrhagischer Schlaganfall), zum Beispiel im Rahmen einer Bluthochdruckerkrankung oder durch die Einnahme blutverdünnender Medikamente. Eine Hirnblutung schädigt den von ihr betroffenen Teil des Gehirns unmittelbar. Diagnostiziert wird der Schlaganfall in der Regel mit Hilfe einer Computertomographie (CT).

IMAGE: Wie bemerkt man einen möglichen Schlaganfall?
RANFT: Grundsätzlich kann ein Schlaganfall in jedem Alter auftreten. Symptome eines Schlaganfalls können sein Sehstörungen, Übelkeit, Schwindel mit Gangunsicherheit, plötzlich auftretende Sprach- oder Sprachverständnisstörungen sowie plötzliche starke Kopfschmerzen. Nicht immer müssen Lähmungen mit einem Schlaganfall verbunden sein. Die Symptome sind abhängig davon, welches Hirnareal von dem Schlaganfall betroffen ist. Vor allem bei jüngeren Patienten ist das Erkennen der Symptome eine Herausforderung, weil man bei ihnen nicht immer sofort auf die Idee kommt, die Beschwerden könnten durch einen Schlaganfall ausgelöst worden sein. Ein typischer Schlaganfall-Patient ist aber älter und hat bereits mehrere Vorerkrankungen. Der sogenante FAST-Test soll vor allem Laien helfen, schnell eine grobe Einschätzung zum Schlaganfall zu geben. Das Augenmerk liegt dabei auf einseitig herabhängenden Mundwinkeln, was beim Lächeln auffällig wird (FACE). Ein zweiter Punkt sind die Arme (ARMS). Die betroffene Person sollte beide Arme ausgestreckt und mit nach oben geöffneten Handflächen vor sich zu halten. Bei einer Lähmung sinkt ein Arm herab. Drittens gilt es auf die Sprache zu achten, weil ein verwaschenes Sprachbild auf einen Hirnschlag hindeutet. Und viertens - der Zeitfaktor (TIME). Bei einem Verdacht sollte sofort gehandelt und der Notruf (112) gewählt werden. Time is brain: Gemeint ist damit, dass bei einem Schlaganfall jede Minute zählt. Je früher Hilfe möglich ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, bleibende Schäden verhindern zu können.

IMAGE: Welche Risiken begünstigen einen Schlaganfall?
MINWEGEN: Zu den Risiken gehören arteriosklerotische Gefäßschädigungen. Rauchen, Alkohol, Übergewicht, Bewegungsmangel und Bluthochdruck sind klassische Risikofaktoren, die inzwischen auch immer öfter bei jüngeren Patienten zu finden sind. Stress und Stoffwechselstörungen (Diabetes) gehören ebenso zu den Risiken, die man in weiten Teilen selbst durch eine gesunde Lebensweise positiv beeinflussen kann. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Abbau von negativem Stress sind dabei wichtig. Herzfehler oder erbliche Erkrankungen erhöhen das Risiko eines Schlaganfalls ebenfalls, können aber natürlich nicht beeinflusst werden. Es gibt aber auch Schlaganfallpatienten, bei denen der Grund für die Erkrankung ungeklärt bleibt.

IMAGE: Wie wird ein Schlaganfall behandelt?
RANFT: Grundsätzlich gibt es zwei Therapien – die sogenannte Lyse­therapie und die Thrombektomie. Bei der Lyse wird das Blutgerinnsel in der Hirnarterie durch ein Medikament aufgelöst. Bei der Thrombektomie entfernen Neuroradiologen das Blutgerinnsel mechanisch aus der Hirnarterie mittels eines sehr kleinen Katheters. Sehr wichtig ist der Faktor Zeit. Für die Lysetherapie steht zum Beispiel nur ein Zeitfenster von wenigen Stunden nach Beginn der Symptome zur Verfügung. Danach kommt die Behandlung für die meisten Patienten zu spät. Die Thrombektomie ist eine sehr effektive Therapie, doch auch sie muss so schnell wie möglich durchgeführt werden und sie kommt bisher nur bei einem kleineren Teil der Betroffenen in Frage. Viele Patienten werden zuerst auf einer Stroke Unit behandelt, die auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert ist. Dort können Blutdruck, Herzfrequenz und andere wesentliche Parameter engmaschig überwacht werden. Im EvK Witten übernehmen wir die Patienten nach der akuten Erstversorgung zur Frührehabilitation.

IMAGE: Was macht man in der frührehabilitativen Behandlung?
MINWEGEN: Wir übernehmen die Patienten mit einem noch bestehenden Krankenhausbehandlungsbedarf zur weiteren geriatrischen frührehabilitativen Behandlung. Bei Bedarf leiten wir im Anschluss eine Heilbehandlung oder Rehabilitation ein. Zu den häufigsten Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall gehören sensomotorische Störungen. Darunter ist ein gestörtes Zusammenspiel von sensorischen (Sinnes-Eindrücken) und motorischen Leistungen (Bewegungen) zu verstehen. Meist handelt es sich dabei um die unvollständige Lähmung in einer Körperhälfte. Verschiedene Therapie-Formen helfen, solche sensomotorischen Störungen zu verbessern. Ein Team aus Neurologen, Pflegenden, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und Neuropsychologen kümmert sich hier um die Patienten. Aber trotz guter Therapiemöglichkeiten können Beeinträchtigungen zurückbleiben. Dazu gehören beispielsweise Defizite bei der Kommunikation, aber auch Hirnleistungsstörungen oder motorische Defizite. Auch Schluckstörungen können auftreten, denen man mit Logopädie-Einheiten entgegenwirken will. Eine individuelle Behandlung ist ein zentrales Element in der Schlaganfall-Therapie. Der erste Schritt beginnt im Krankenhaus mit einem Netzwerk aus Spezialisten. Im Mittelpunkt steht, dass Patienten ihre Mobilität zurückerlangen und so ihren Alltag weitestgehend selbständig bestreiten können. anja