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Hattingen

„Der Hochofen ist nur ein ganz, ganz großes Reagenzglas”

Das LWL-Industriemuseum Henrichshütte ist ein Beispiel für den Strukturwandel eines Industriegeländes. Wo Maschinen einst den Takt für 10.000 Arbeitsplätze vorgaben, besuchen heute zehntausende Menschen einen Ort zum Erinnern, Staunen und Spaß haben.

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Der Vater kam als italienischer Gastarbeiter nach Hattingen zur Henrichshütte. Jahre später, „die Hütte“ ist längst dicht, fotografiert Pino Bertelli die Söhne der Männer, die am Hochofen arbeiteten für eine Ausstellung am Arbeitsplatz des Vaters. Es sind keine Maschinen mehr, die den Ton angeben - jetzt erklingen musikalische Töne auf Konzerten und Partys. Die Befürchtung der 80er Jahre „Wenn unsere Hütte stirbt, stirbt die Stadt“ hat sich ins Gegenteil verkehrt. Ein Filmrückblick mit dem Hattinger Filmemacher Claus Jürgen Barteczko auf die letzten zehn Jahre zeigt: das Herz der Hütte schlägt. Anders, aber immer noch im Takt.
Das Stoppok-Konzert 2009, zehn Jahre „Schöne Sterne“, die Autoparty, die grandiose Aufführung „Carmina Burana“ (bei der gefühlt halb Hattingen mitmachte), die Ausstellung mit Berthold Socha, die Volksbank.klassisch-Konzerte mit der Rhein-Ruhr-Philharmonie, die Comedy-Gala der Sparkasse, das Klavier Festival Ruhr - Extraschichten wurden bis heute ohne Ende gefahren. „Das war ein großer Abend für dieses Museum“, sagt Museumsleiter Robert Laube nach der Extraschicht 2013 - und dies gilt auch für den filmischen Rückblick auf einen ganz besonderen Strukturwandel.
„Industriekultur ist unsere Basis“, sagt Museumsleiter Robert Laube. Je standhafter die Basis, desto besser entwickelt sich der Rest. „Wenn man sich die Schlagzeilen von 1987 ansieht, so war die Rede von einem stählernen Herzen Hattingens, welches nicht mehr schlägt“, so Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums. Man befürchtete damals eine Arbeitslosigkeit von rund 25 Prozent. Zum Glück ist es anders gekommen. Heute arbeiten hier wieder über 2000 Menschen. Wir haben einen Museumsstandort und ein Freizeit- und Industriegebiet. Hattingen ist keine Geisterstadt, sondern hat sich aufgemacht zu neuen Ufern“, so Zache.
Die bewegten Bilder zeigen Spaß - bei der WDR-Hausparty 2017 beispielsweise, dem Karneval, der „Hüttenkracher-Party“, aber sie sind auch Denkfutter für die Besucher. Ausstellungen wie „Stahl und Moral“ 2014 machen die Bedeutung der Henrichshütte als Rüstungsschmiede sichtbar. Die Ausstellung „Chemisches Labor“ 2017 zeigt den Weg vom Erz zum Eisen. Astrid Blum vom LWL-Museum Henrichshütte erklärt damals: „Der Hochofen ist nichts anderes als ein ganz, ganz großes Reagenzglas.“ Die Wanderausstellung aus dem Carl Bosch Museum wurde ergänzt durch lokale Stücke aus dem Labor der Henrichshütte. Internationale Künstler wie der Fotograf J. Henry Fair, waren auf der Hütte. Fair ist Umweltaktivist, Mitbegründer und Direktor der Umweltorganisation Wolf Conservation Center in South Salem (NY) und lebt in New York. Bekannt wurde er vor allem durch seine Fotoreihe Industrial Scars. Für dieses Projekt setzte sich der Künstler mit Energiegewinnung sowie der Massenproduktion in der Landwirtschaft und großindustrieller Produktion auseinander. Mit kleinen Flugzeugen kreist er über schwer zugänglichen Industriegebieten und fotografiert Fabriken, Abwasseranlagen oder Kohleabbaugebiete aus der Vogelperspektive. 45 Werke des Fotografen zeigen die Wunden der Erde inmitten der Stahlkulisse. Das Herz der Hütte schlägt. Anders, aber nicht leiser als zuvor.

Unter der Adresse www.lwl.org/industriemuseum/standorte/henrichshuette-hattingen/videos gibt es bewegte Eindrücke für Augen und Ohren.