IMAGE-Serie über lokale Prominente: Character-Designer Harald Siepermann.
Harald Siepermann bei der Arbeit.
Am 10. Juni 1962 wurde in Hattingen Harald Siepermann geboren und er sollte einen Hauch von Hollywood in die Stadt an der Ruhr bringen. Ich hatte das Glück, ihn kennenlernen zu dürfen und zu erleben, was er mit einem Stift und einem Stück Papier machen konnte.
Harald Siepermann erklärte später in einem Interview: „Ich habe immer gezeichnet, seitdem ich einen Stift halten konnte. Mich inspiriert Musik, vor allem Filmmusik. Ich gehe auch oft raus, schaue mir Menschen an. Ich beobachte. Ich hatte relativ früh einen Anruf aus Hollywood. Ich habe damals in der Werbung gearbeitet, hatte Kontakt zu einem Londoner Künstler. Der wiederum hatte Kontakt zu Hollywood und holte mich ins Boot. Das ging sehr schnell, innerhalb von Tagen. So fing alles an.“
Studium an der Essener Folkwang
Nach dem Abitur in Hattingen und Studium an der Essener Folkwang-Hochschule gründete Siepermann, der vor allem vom „Dschungelbuch“ fasziniert war, ein Studio für Storyboards, in dem er Vorlagen für Filme und Werbesendungen zeichnete. Er arbeitet für Werbeagenturen in Düsseldorf, Zürich und London – so kam der Kontakt in die britische Hauptstadt zustande und von dort ging es dann auf direktem Weg schnurstracks nach Hollywood.
Sein offizielles Berufsbild lautete „Character-Designer“. „Davon gibt es nur fünf weltweit.“ Das sagte Harald Siepermann im NDR 2010 in der Sendung „DAS!“ auf dem „Roten Sofa“. Ein außergewöhnlicher Beruf, dessen Inhalt darin besteht, Comic-Figuren zu zeichnen. Und das nicht einfach so. Die Figuren, so schien es, entwickelten ein Eigenleben. Sie trugen Charakterzüge in sich.
Der Hattinger Siepermann brachte es darin zur Königsklasse. Er zeichnete – übrigens damals noch mit Papier und Bleistift – nicht irgendwelche Figuren, sondern solche für Walt Disney.
Tarzan gehörte zu den bekanntesten Projekten des Hattingers, hier hat er fast alle Figuren gezeichnet. Ende 1995 hat er begonnen, 1998 war er damit fertig. „So ein Projekt dauert Jahre,” erklärte er. Und die Charakterzeichnungen der Figuren enthalten immer ein Stück von sich selbst. Ende der neunziger Jahre musste Siepermann noch oft persönlich nach Hollywood und düste über den großen Teich. Das änderte sich im Laufe der Zeit. „Später brauchte ich nicht mehr dorthin zu fliegen. Da ging dann alles über Mail und Skype.“
Alfred Jodokus Kwak
Bekannt wurde von Siepermann Alfred Jodokus Kwak. Die Ente wurde als einzige nicht-menschliche Figur UNICEF-Botschafterin. Sie entstand gemeinsam mit Haralds Freund Hermann van Veen, einem niederländischen Singer-Songwriter, Violinisten, Schriftsteller, Clown und Schauspieler. Beide haben die Figur kreiert und es ist, nach Aussage Siepermanns, nie klar geworden, wer Vater und wer Mutter der kleinen Entenfigur war.
Erst gab es ein Plakat, dann einen Comic und schließlich eine Fernsehserie. Siepermann damals: „Alfred ist neugierig, wissensdurstig, hat nicht für alles eine Lösung, stellt aber die richtigen Fragen. Das ist das Geheimnis dieser Ente – sie stellt die gleichen Fragen, wie sie auch die Kinder stellen.” Und das waren durchaus kritische Fragen. Als die Ente „geboren” wurde, gab es beispielsweise noch Apartheid. „Da haben wir gefragt, warum eine weiße Ente nicht neben einer schwarzen Ente auf der Bank sitzen darf. Das fragen sich Kinder doch auch.“
Zeichnen war seine Leidenschaft und sein Talent
Siepermann lebte in Hamburg. Die Wände rund um seinen Schreibtisch waren mit Zeichnungen bedeckt. Es kamen immer neue dazu.
Lernen konnte man diese Art des Zeichnens nicht, das war Talent. „Vater und Bruder haben gezeichnet, aber nicht hauptberuflich. Mein Vater war Ingenieur”, erzählte Siepermann. Der Vater arbeitete viele Jahre in der Hattinger Firma Köppern – übrigens eng mit meinem Vater zusammen. Harald Siepermanns Familie war allerdings künstlerisch unterwegs. Seine Frau als Illustratorin und auch die Kinder liebten das Zeichnen schon früh.
Siepermann verstarb viel zu früh
Harald Siepermann saß in der Jury des Animationaward, der auf der Reeperbahn verliehen wurde. Seit den 1990er Jahren war er vermehrt als Dozent im Bereich Trickfilm an der Hamburger Animation School, der German Film School, der Games Academy, der Fachhochschule Mainz und der Filmakademie Baden-Württemberg tätig.
Im März 2012 hatte die Produktion des Filmes „Der 7te Zwerg“ in 3D begonnen. Nach den Kinoerfolgen „7 Zwerge – Männer allein im Wald“ von 2004 (6,8 Mio. Besucher) und „7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug“ von 2006 (3,6 Mio.) war „Der 7bte Zwerg“ der dritte Teil der lose zusammenhängenden, von Otto Waalkes entworfenen Zwergen-Reihe. Waren die ersten beiden Teile Realfilme, kam der dritte Teil als 3D-Animationsabenteuer. Damit sollten die Abenteuer von Zwerg Bubi und Co. dem internationalen Publikum näher gebracht werden, wie es im Presseheft hieß. Der routiniert animierte Film wurde produziert von Douglas Welbat. Harald hatte – zusammen mit Regiedebütant Boris Aljinovic – Drehbuch und Storyboard entwickelt, alle Charaktere des Films entworfen und designed sowie das Produktionsdesign mitgestaltet und überwacht.
Als die Animationslegende Harald Siepermann am 16. Februar 2013 im Alter von 50 Jahren seinen Kampf gegen den Krebs verlor, war es ihm und dem Animationsregisseur des Films, Jan Stoltz, gelungen, bereits über achtzig Prozent des Films in 3D Stereo zu „previsualisieren“, d.h. dreidimensional sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Der Film kam 2014 in die Kinos. Harald Siepermann selbst wäre am 10. Juni 63 Jahre alt geworden. Er bleibt unvergessen.anja