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Gesundheit

Das Herz: Was hält den Motor unseres Lebens gesund?

Mit 338.000 Toten sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Deutschland.

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IMAGE: Wie kann ich möglichst herzgesund bleiben?
IVCHENKO: Ende August 2021 hat die europäische Gesellschaft für Kardiologie neue Leitlinien zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen publiziert. Diese basieren auf Ergebnissen wissenschaftlicher Studien und sollen uns helfen, möglichst herzgesund zu bleiben und Komplikationen bestehender HerzKreislauf-Erkrankungen zu vermeiden bzw. zu verzögern. Diese Leitlinie beinhaltet neben sehr spezifischen und personalisierten Empfehlungen auch allgemeine Empfehlungen, die jeder wissen und umsetzen sollte. So sind zentrale Aussagen dabei: Verzicht auf Rauchen, gesunde Ernährung, Gewichtsnormalisierung und regelmäßige körperliche Aktivität. Letztere sollte nach Möglichkeit ein tägliches 20 bis 40 minütiges Training mit moderater Belastung beinhalten. Es wird dabei empfohlen, sich an der eigenen Atmung zu orientieren. Die Atemfrequenz sollte höher als normal sein, aber eine Unterhaltung in vollen Sätzen dabei noch möglich sein.

IMAGE: Wie muss eine gesunde Ernährung aussehen?
IVCHENKO: Auch dazu gibt die Publikation gut definierte Empfehlungen. Empfohlen wird die mediterrane Kost mit hohem Anteil an Obst und Gemüse, dabei sollte man versuchen mindestens 200 g Obst und 200 g Gemüse aufgeteilt auf 2-3 Portionen pro Tag zu sich zu nehmen. Faserreiche Vollkornprodukte sowie ungesalzene Nüsse sollten die Diät vervollständigen. Auch bei Salz und Zucker sollte man zurückhaltend sein. Die tägliche Kochsalzaufnahme sollte 5 g pro Tag nicht überschreiten, was in Deutschland leider häufig schwer umzusetzen ist, da den Nahrungsmitteln industriell bereits viel Kochsalz zugesetzt wird. Hinsichtlich Zucker wird besonders vor zuckerhaltigen Getränken gewarnt. Hiermit sind sowohl Softdrinks als auch Fruchtsäfte gemeint. So empfiehlt die WHO maximal 10 Prozent des täglichen Energiebedarfs durch freien Zucker zu decken. Bei Fleisch sind die Empfehlungen dahingehend, den Verzehr von rotem Fleisch auf ein Maximum von 500 g pro Woche zu begrenzen und stattdessen lieber ein- bis zweimal pro Woche Fisch zu essen (hier sind die fettreichen Sorten wie Lachs zu bevorzugen). Alkoholkonsum ist auf maximal 100 g
pro Woche (entspricht etwa einem Liter Wein) zu limitieren.

IMAGE: Blutdruck und Cholesterin sind auch Werte, die man im Hinblick auf seine Herzgesundheit kennen sollte?
IVCHENKO: Unerkannt und unbehandelt steigt bei Bluthochdruck das Risiko, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Nierenschädigung zu erleiden. Von Bluthochdruck sprechen wir, wenn verschiedene Oberarm-Messungen in der Arztpraxis an unterschiedlichen Tagen Werte von 140 zu 90 mmHg oder höher ergeben. Bei Selbstmessungen für zu Hause gilt eine Obergrenze von 135 zu 85 mmHg. Eine regelmäßige Kontrolle ist wichtig. Das gilt auch für den Cholesterinwert. Erhöhte Cholesterinspiegel im Blut sind ein wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine. Hohe LDL-Cholesterinspiegel verursachen Gefäßveränderungen in den Arterien des Herzens (Arteriosklerose), in Hirn- und Beinarterien mit der Bildung von Ablagerungen in diesen Gefäßen (Plaques).
Entgegen der immer noch weitverbreiteten Vorstellung ist unser Cholesterinstoffwechsel zu einem beträchtlichen Teil genetisch festgelegt und lässt sich nicht vollständig durch Ernährung beeinflussen. Das „böse“ Frühstücksei gehört somit in die Welt der Mythen. Eine gesunde Lebensweise beeinflusst aber auf jeden Fall den Cholesterinhaushalt. Sie hilft, das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen zu verringern, und stellt die Basis der Therapie dar. Ob die Cholesterinwerte noch weiter medikamentös gesenkt werden müssen, hängt von dem individuellen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Bei jemandem, der familiär vorbelastet ist, zusätzliche Risikofaktoren wie z.B. Diabetes mitbringt oder gar bereits eine Gefäßerkrankung hat, wird man deutlich geringere Cholesterinwerte anstreben und früher medikamentös behandeln als z.B. bei Gleichaltrigen ohne Risikofaktoren.

IMAGE: Welche Symptome können auf Herzprobleme hinweisen?
IVCHENKO: Das ist abhängig von dem einzelnen Krankheitsbild. Verallgemeinernd kann man sagen: Bei der Angina pectoris, auch Herzenge genannt, kommt es aufgrund mangelnder Sauerstoffversorgung des Herzens zu Atembeklemmungen und Schmerzen in der Brust. Der Druck im Brustkorbbereich wird vor allem durch körperliche Anstrengung provoziert. Im Ruhezustand lassen die Schmerzen schnell nach. Bei Herzrhythmusstörungen bemerken Betroffene ein Rasen oder Stolpern des Herzens. Bekannt ist hier das Vorhofflimmern. Bei einer Herzschwäche fühlen sich viele Menschen dauerhaft müde und abgeschlagen, sie leiden unter Luftnot, Knöchelödemen oder Wasseransammlungen im Bauchraum. Schwindel und Bewusstlosigkeit können ebenfalls auf ein Herzproblem hinweisen. Es gibt für diese Beschwerden natürlich auch viele andere Erkrankungen und nicht jeder muss Schmerzen verspüren. Häufiger als bei Männern können bei Frauen weniger eindeutige Symptome auftreten, etwa Atemnot, ein Ziehen in den Armen, unerklärliche Müdigkeit, Übelkeit oder Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch oder Rücken. Symptome wie der klassische Brustschmerz etwa können bei Frauen fehlen. Plötzliche akute Beschwerden machen sofortige ärztliche Hilfe unumgänglich. Wer chronische Beschwerden hat, sollte mit seinem Hausarzt sprechen, der dann gegebenenfalls einen Kardiologen hinzuziehen wird.

IMAGE: Wie kann der Kardiologe helfen?
IVCHENKO: Zuerst erfolgt ein ausführliches Gespräch (Anamnese) mit Erörterung der Vorerkrankungen, Risikofaktoren und Medikamenteneinnahme. Die körperliche Untersuchung schließt das Abhören von Herz und Lunge ein, aber auch die Blutabnahme und ein EKG. Eine weiterführende Diagnostik ist die Echokardiographie. Das ist ein Ultraschall des Herzens, mit dem man beispielsweise Veränderungen bei den Herzklappen erkennen kann. Die Gesundheit der Herzkranzgefäße können wir durch eine Computertomographie des Herzens (Cardio-CT) erkennen. Wenn wir uns den Herzmuskel oder mögliche Entzündungen ansehen wollen, eignet sich ein Herz-MRT. Und schließlich kann man auch eine Katheteruntersuchung durchführen. Je nach Diagnose wird dann die Therapie konzipiert. Es können Medikamente wie z.B. Betablocker und ACE-Hemmer bei chronischer Herzinsuffizienz zum Einsatz kommen. Es gibt aber auch verschiedene Eingriffsmöglichkeiten. Zu den häufigsten Eingriffen am Herzen zählen Operationen der Herzkranzgefäße (sogenannte Bypass-OP), der Ersatz von Herzklappen und das Implantieren eines Stents. Wir bieten in Kooperation mit den Kollegen des ev. Krankenhauses in Herne (Teil unseres Klinikverbundes) alle invasiven Therapien an (Links- und Rechtsherzkatheter, die Kathetergestützte Klappeninterventionen der Aorten- und Mitralklappe sowie Devicetherapien (CRT, ICD, CCM)). Wir arbeiten interdisziplinär mit anderen Fachbereichen im Haus zusammen, etwa mit der Geriatrie. Nach einem Herzeingriff kommt für den Patienten oft eine kardiologische Rehabilitation in Betracht. Hier trainiert er unter medizinischer Aufsicht Belastungen, bekommt Schulungen und trainiert sich Schritt für Schritt in seinen Alltag zurück. Eine weitere regelmäßige ärztliche Kontrolle bleibt aber wichtig.

anja