Seit Jahresbeginn ist die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft. Welche Neuerungen bringt das „Heizungsgesetz“ für Mehrfamilienhäuser im Bestand? Ein Überblick.
Energieströme
Die meisten Haushalte in Deutschland heizen immer noch mit fossilen Brennstoffen. Mit rund 40 Prozent hat der Gebäudebereich den größten Anteil am gesamten bundesweiten CO2-Ausstoß. Dies will das GEG 2024 ändern: Künftig soll möglichst jede neu eingebaute Heizung 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Diese „65-Prozent-Regel“ gilt seit Januar 2024 zunächst nur für neue Häuser in Neubaugebieten. Für Bestandsbauten greift sie erst, wenn Städte ihre kommunale Wärmeplanung vorgelegt haben. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern: Pflicht zu erneuerbaren Energien beim Heizungswechsel spätestens nach dem 30. Juni 2026. Kleinere Städte: Stichtag 30. Juni 2028. Gibt es bereits eine Entscheidung für die Einrichtung eines Wärme- oder Wasserstoffnetzes, kann es allerdings früher soweit sein. „In Witten betreiben wir aktuell das Fernwärmenetz in Bommern. Dafür nehmen wir gern noch Anschlussanfragen an. Zudem erwägen wir, das Netz in dem Stadtteil weiter auszubauen“, erklärt Tristan Leininger, Projektmanager für Wärme- und Quartierskonzepte der Stadtwerke Witten.
Grundsätzlich muss keine funktionierende Heizung gegen ein klimafreundliches Modell ausgetauscht werden. Nur wenn sie defekt ist und sich nicht mehr reparieren lässt, muss ein emissionsarmer Ersatz her.
Einbau von Gas- und Ölheizungen
Bevor die 65-Prozent-Regel 2026 bzw. 2028 in Kraft tritt, dürfen in Bestandsbauten zudem weiterhin Gas- und Ölheizungen eingebaut werden. Voraussetzung ist, dass sich Hausbesitzer zur Wirtschaftlichkeit der Anlage beraten lassen. Denn ab 2029 muss die Anlage schrittweise mehr regenerative Energien einsetzen. Vorgabe: 2040 mindestens 60 Prozent. Das kann bedeuten, dass die Heizung zwischenzeitlich eine Nachrüstung braucht. Hinzu kommen weitere Kosten: „Wir haben CO2-Abgaben, die neben der deutschen Politik auch von europäischem Recht beeinflusst werden“, sagt Leininger. „Und diese Abgaben werden in Zukunft weiter steigen.“ Außerdem weist er darauf hin, dass ab 2045 überhaupt keine Heizung mehr mit fossilen Gasen oder Öl laufen darf. Die 65-Prozent-Regel gilt nach diesem Termin nicht mehr: Alle Anlagen müssen dann 100 Prozent erneuerbare Energien nutzen.
Daher lohne es sich, genau hinzuschauen, welche Art von Heizung sich langfristig rechne. Da jedes Gebäude andere Bedingungen aufweise, sei das Heizungsgesetz generell technologieoffen. Dennoch solle niemand darauf setzen, dass es in Zukunft eine flächendeckende Versorgung mit Wasserstoff oder Fernwärme geben werde. Eigne sich das Haus, so der Fachmann, könne es daher sinnvoll sein, auf eine Wärmepumpe umzusteigen.
Leininger rät, dafür die Gebäudehülle bis 2045 energetisch zu optimieren. „Dann kann die Wärmepumpe das Gebäude unter Umständen komplett allein und klimaneutral beheizen. Eine Hybridlösung mit einer weiteren Heizquelle ist in diesem Fall nicht nötig.“ Ob die Heizleistung der Wärmepumpe ausreicht, hängt davon ab, wie umfangreich energetisch saniert wird. „Da schauen wir uns immer den Einzelfall an“, sagt Leininger. Wer die hohen Anfangsinvestitionen für eine Wärmepumpe vermeiden möchte, hat die Möglichkeit, sie bei den Stadtwerken zu pachten. Voraussichtlich ab Herbst 2024 werden solche Contractinglösungen staatlich gefördert.
Austausch der Gasetagenheizung
Lässt sich eine Erdgas- oder Ölheizung nicht mehr reparieren, gibt es längere Übergangsfristen, um eine klimafreundliche Anlage einzubauen. Möchten Vermieter Gasetagenheizungen gegen eine Zentralheizung austauschen, haben sie bis zu 13 Jahre Zeit. Konkret gilt hier für den Heizungstausch:
Bis Mitte 2026 bzw. 2028: Vermieter dürfen die defekte Anlage durch eine neue oder eine gebrauchte Heizung ersetzen. Bei der neuen Heizung gilt: Idealerweise sollte sie bereits 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Entscheidet man sich für die gebrauchte Heizung: Sie darf vorerst weiter mit fossilen Energien arbeiten. Ab 2029 müssen dann immer mehr Anteile erneuerbarer Energien hinzukommen.
Nach Mitte 2026 bzw. 2028: Innerhalb von fünf Jahren müssen Vermieter entscheiden, ob sie weiterhin auf Etagenheizungen setzen oder eine Zentralheizung wählen. Liegt kein Ergebnis vor, ist eine Zentralheizung verpflichtend. Die Frist verlängert sich auf zehn Jahre, falls das Haus in der Zeitspanne an ein Wärmenetz angeschlossen wird und ein Vertrag dafür vorliegt.
- Dezentrale Lösung: Alle neu eingebauten Etagenheizungen müssen zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Ab 2045 sind 100 Prozent Pflicht.
- Zentralheizung mit mindestens 65 Prozent regenerativen Energien: Für den Einbau haben Vermieter weitere acht Jahre Zeit. Alle Heizkörper im Gebäude müssen dann im Laufe eines Jahres angeschlossen werden. Ab 2045 muss auch diese Heizung zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. „Wer weiter auf Brennwertthermen setzt, sollte Modelle wählen, die mit Wasserstoff oder Biogas arbeiten können. Allerdings müssen diese Energieträger auch verfügbar sein“, sagt Tristan Leininger. Das gilt auch, falls die Therme Teil einer Hybridlösung sein soll – etwa in Kombination mit Wärmepumpe, Solarthermie oder Pelletheizung. Denn ab 2045 darf sie auschließlich mit Wasserstoff oder Biogas laufen. Ist das nicht möglich, fällt sie aus dem Heizsystem. „Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne, welche Lösung sich für Ihr Gebäude am besten eignet“, empfiehlt der Fachmann. Informationen zu den Wärmelösungen der Stadtwerke können Sie außerdem per Mail bei ihm anfordern.
Staatliche Förderung
Der Bund unterstützt den Einbau klimafreundlicher Heizungsanlagen mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude „Einzelmaßnahmen“ (BEG EM) über die KfW. Voraussichtlich ab Mai 2024 kann sie auch für Mehrfamilienhäuser beantragt werden. Förderungen für Contractinglösungen sind vermutlich ab Herbst 2024 an der Reihe. Die genauen Termine veröffentlicht die KfW auf ihrer Website. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gewährt weiterhin Zuschüsse für Effizienzmaßnahmen wie Dämmung, Anlagentechnik und Heizungsoptimierung. Aktuelle Informationen zu allen Förderungen stehen in der Förderdatenbank des Bundes.
Und sonst noch:
Prüfpflicht für Heizungen
Hat ein Haus mindestens sechs Wohnungen, müssen Vermieter die Effizienz der Heizungen von Fachfirmen überprüfen lassen. Wärmepumpen benötigen zudem einen hydraulischen Abgleich. Diese Prüftermine sind verbindlich: Heizungs-Baujahr vor Oktober 2009: Überprüfung bis September 2027 und Heizungs-Baujahr ab Oktober 2009: Überprüfung spätestens nach 16 Betriebsjahren.
GEG 2024 für Hallenheizungen
Auch für die Hallenheizung gilt: Lässt sie sich nicht mehr reparieren, muss innerhalb von fünf Jahren eine emissionsarme Lösung her. Bei Hallen mit einer Höhe von mehr als vier Metern sind die Übergangsfristen länger: Für den Tausch einzelner Heizgeräte haben Unternehmer zehn Jahre Zeit. Die Frist startet mit dem ersten neuen Strahler oder Warmluftgerät. Spätestens nach elf Jahren muss die Beheizung dann auf 65-Prozent erneuerbare Energien umgestellt sein. Wechseln Sie gleich die komplette Heizanlage aus und sparen damit 40 Prozent Energie ein, darf die neue Anlage bis Ende 2044 weiterlaufen. Das gilt auch, wenn sie fossile Brennstoffe nutzt. Bei beiden Varianten gilt: 2045 müssen die Heizungen zu 100 Prozent regenerative Energien einsetzen. Quelle: Stadtwerke Witten