Gastronomie und Einzelhandel in den Innenstädten leiden seit Monaten unter der Corona-Pandemie, den Lockdowns und den abgesagten Veranstaltungen. Wie sollen Werbegemeinschaften und Stadtmarketing das Jahr 2021 überhaupt planen?
Wie geht es weiter nach dem Coronajahr 2020? Sprockhövels Bürgermeisterin Sabine Noll spricht von der Pandemie als „Brandbeschleuniger für die Innenstädte“. Der Handel hat zwar nach Aussage des Statistischen Bundesamtes tatsächlich auch in der Pandemie um vier Prozent zugenommen – doch bezieht sich die Zunahme fast ausschließlich auf Online- und Versandhandel sowie Einrichtungs- und Baubedarf. Deutlich unter Vorjahresniveau dagegen schnitt der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren ab – er büßte von Januar bis November 21,5 Prozent des Umsatzes ein. Beim Einzelhandel mit Waren verschiedener Art – zum Beispiel Waren- und Kaufhäuser –betrug das Minus 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Wie soll und kann es weitergehen?
Bei Hattingen Marketing laufen Planungen für 2021, aber sehr vorsichtig. So will man den digitalen Marktplatz „Hattingen erleben“ vorantreiben, hofft aber natürlich auch auf Präsenzveranstaltungen. „Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass wir einen Frühlingsmarkt haben werden. Die Aufgabe von Hattingen Marketing ist es, Menschen zu einem Besuch unserer Stadt zu bewegen und genau das dürfen wir im Moment nicht tun. Der Bürgermeister hat ausdrücklich appelliert, noch nicht einmal von auswärts kommend zum Wandern in die Elfringhauser Schweiz zu fahren, weil dort die Parkplätze ausgelastet sind. Tagestourismus ist nicht erwünscht. Veranstaltungen sind ein Mittel zum Zweck, damit Menschen Hattingen besuchen und das sehe ich vor Ostern nicht. Allerdings planen wir das Altstadtfest im August und auch den Herbstmarkt. Hier hoffe ich, dass dann so viele Menschen bereits geimpft sind, dass die Pandemie zurückgedrängt werden konnte und Veranstaltungen wieder möglich sein werden. Und noch mehr hoffe ich darauf, dass ab dem Sommer Touristen wieder unsere Stadt erleben dürfen. Bis dahin dürfen sie sich aber gern digitalen Appetit holen und Hattingen online kennenlernen“, sagt Georg Hartmann, Geschäftsführer von Hattingen Marketing.
Der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Interessengemeinschaft Sprockhövel (WIS) Lutz Heuser, der zugleich auch Vorsitzender des Sprockhöveler Stadtmarketings ist, plant für 2021 mit Veranstaltungen – zumindest ab dem Frühjahr. Die WIS-Beträge der Mitglieder wurden für das erste Halbjahr 2021 nicht abgebucht. „Wir wissen ja noch nicht, wann konkret etwas stattfinden darf“, sagt Heuser. Dennoch... den Kopf in den Sand stecken will er nicht. „Die Planungen müssen laufen, denn wenn Veranstaltungen wieder erlaubt sein werden, rennen uns die Menschen die Bude ein. Alle sind hungrig nach Leben.“ Deshalb laufen die Vorbereitungen im Hintergrund. Ein Bauernmarkt ist angedacht, etwa im Wonnemonat Mai. Auch das Stadtfest im September hofft Heuser durchführen zu können. „Hier will ich so viel Platz wie möglich nutzen, also bis zum Busbahnhof in Niedersprockhövel. Wenn die Veranstaltung stattfindet, dann wird es voll werden.“ Skeptisch ist Heuser im Hinblick auf dann immer noch notwendige Schutzmechanismen. „Ja, ich kann mir eine Zugangskontrolle vorstellen. Aber das muss es dann auch gewesen sein. Mehr geht aus meiner Sicht nicht, denn das gibt der Charakter der Veranstaltung einfach nicht her.“
Auch die Veranstaltungsplanung beim Stadtmarketing läuft. „Wir sind ja gerade umgezogen in die Hauptstraße 4a und dort auch telefonisch erreichbar. Nach dem Lockdown haben wir wieder geöffnet. Unsere Osterveranstaltung an der Pausenstation Bossel kann sicherlich nicht so stattfinden wie in der Vergangenheit. Aber vielleicht finden wir eine andere Möglichkeit, Ostereier-Zählen entlang der Trasse zu realisieren. Das ist aber jetzt noch etwas früh, darüber nachzudenken. Ein virtuelles Ostereier-Zählen wird es mit mir aber nicht geben.“
Klasse findet Heuser die Kreativität der Einzelhändler und Gastronomiebetriebe. „Ich kenne unheimlich viele Unternehmen, die wirklich sehr kreativ sind. Obwohl die Geschäfte geschlossen sind, ermöglichen sie einen Thekenverkauf vor dem Geschäft, bieten über die verschiedensten elektronischen Medien auf unterschiedliche Weise ihre Waren an und liefern diese kontaktlos zu den Kunden. Hier hat sich viel getan und auch die WIS ist dabei, ihre Präsenz digital neu zu optimieren. Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass diese Bemühungen richtig in Fahrt gekommen sind.“ Sorgenfalten tauchen allerdings bei Lutz Heuser zum Thema Gutscheine auf. „Ich finde Gutscheine prinzipiell gut, aber sie haben gerade in der Pandemiesituation auch ihre Tücken. Zunächst hat der Händler oder der Gastronom den Erlös aus dem Gutschein eingenommen und kann damit wirtschaften oder davon leben. Wenn aber die Geschäfte und die Gastronomie irgendwann wieder geöffnet haben und die Menschen alle ihre Gutscheine in kurzer Zeit einlösen, dann ist der aktuelle Verdienst in den Betrieben sehr eingeschränkt – und das, obwohl Ware eingekauft werden muss und die Betriebs- und Personalkosten dann wieder in vollem Umfang existieren. Ich stelle mir das schwierig vor.“
In Witten will man beim Stadtmarketing mit der Rubrik „Shopping & Kulinarik“ auf dem neuen Erlebnisportal ebenfalls online örtliche Gastronomiebetriebe und die Wittener in Zeiten von Corona zusammenführen. Doch auch Dr. Silvia Nolte, Geschäftsführerin beim Wittener Stadtmarketing, erklärt: „Selbstverständlich hoffen wir auf Präsenzveranstaltungen in diesem Jahr. Unsere Planungen sind und müssen sehr flexibel sein, denn wir wissen natürlich nicht, wann wir was machen können. Aber wir planen ein coronakonformes Frühlingsvolksfest auf einem eingezäunten Gelände. Das wird wie ein Freizeitpark aussehen. Wir haben bei dieser Veranstaltung immer viele Schausteller dabei gehabt und hoffen, wir können das diesmal unter besonderen Auflagen auch umsetzen, vielleicht allerdings nicht im März, sondern etwas später in der Zeit. Sonst wird es im ersten halben Jahr aus meiner Sicht schwierig. Natürlich laufen die Wochenmärkte und ich sehe auch für die Trödelmärkte bei besserem Wetter eine realistische Chance. Im Sommer wird es besser und ganz fest bin ich davon überzeugt, dass wir uns in diesem Jahr wieder auf einen wunderschönen Weihnachtsmarkt freuen dürfen. Doch noch müssen wir etwas Geduld haben.“