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Gesundheit

Berufstätigkeit und Angehörige pflegen - wie geht das?

Zehn Jahre EN-Kampagne „arbeiten - pflegen - l eben“: 35 Unternehmen sind bis jetzt dabei.

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Freuen sich über zehn Kampagnenjahre und die Erfolge: Yvonne Grün (Agentur für Arbeit), Guido Knepper (hwg), Maren Windemuth (DRK), Christa Beermann (Demografiebeauftragte EN), Christel Hofschröer (Stadt Gevelsberg), Anke Baumann (AVU), Petra Bedow (EN-Kreis), Guido Zander (hwg), Andrea Stöhr (EN-Kreis), Klaus Reisinger (AVU), Landrat Olaf Schade und Ralf Stoffels, geschäftsführender Gesellschafter der BIW Isolierstoffe GmbH in Ennepetal, Präsident der Südwestfälischen IHK zu Hagen und Präsident von IHK NRW. Foto: Pielorz

Waschen, anziehen, beim Frühstücken helfen und pünktlich ins Büro oder an die Maschine. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Pflege ist schwer. Die EN-Kampagne „arbeiten - pflegen - leben“ hat das Ziel, Arbeitgeber zu sensibilisieren und Lösungswege aufzuzeigen. 35 Partner gibt es mittlerweile und die Kampagne feiert jetzt ihren zehnten Geburtstag. Der Ennepe-Ruhr-Kreis gehört zu den wenigen Kreisen in NRW, die ein solches Netzwerk bieten.
„Beim Thema Pflege denken wir nicht nur an Erwachsene, die ihre alt gewordenen Eltern im Alltag unterstützen. Andere Pflegende – etwa Eltern chronisch kranker Kinder oder Geschwister von Menschen mit Behinderungen – bleiben in der Debatte oft unsichtbar“, so Christa Beermann, Demografiebeauftragte der Kreisverwaltung und Kampagnenmanagerin. Sie ergänzt: „Innerhalb von zehn Jahren konnten wir 35 Unternehmen für unsere Kampagne gewinnen. Inzwischen arbeiten im Ennepe-Ruhr-Kreis rund 16.000 Personen in einem Unternehmen, das sich der Initiative angeschlossen hat.“ Verwaltungen und Seniorenheime, Kliniken und Bildungseinrichtungen, Banken und Industrieunternehmen - viele gehören zur Kampagne dazu. Und es müssen noch mehr werden.

Gründungsbetriebe AVU & hwg
Gründungsunternehmen waren die Hattinger Wohnstättengenossenschaft (hwg) und die AVU. „Wer einen Angehörigen pflegt, dem steht das nicht auf der Stirn geschrieben. Deshalb muss man im Unternehmen genau hinsehen, den Menschen ansprechen - und das geht nur, wenn Vertrauen zwischen dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern besteht. Man muss immer den ganzen Menschen im Blick haben. Wer privat Probleme hat, kann auf Dauer im Unternehmen nicht seine volle Leistungsfähigkeit einbringen,“ sagt Dr. David Wilde, Vorstand hwg. Das sieht auch Klaus Reisiger, langjähriger Betriebsrat der AVU, so: „Familie hört nicht an der Bürotür auf. Die privaten Herausforderungen nimmt man mit.“
Erleichterungen bieten die Unternehmen beispielsweise durch Flexibilisierung der Arbeitszeiten auf der gesetzlichen Grundlage des (Familien)Pflegezeitgesetzes. Einige Betriebe verfügen mittlerweile auch über einen Pflegelotsen im Unternehmen – beispielsweise die AVU mit Anke Baumann. Verstanden haben alle beteiligten Unternehmen: Es kommt auf die Art der Kommunikation an und man muss eine individuelle Lösung für jeden einzelnen Fall suchen.

Pflegen - Zeit im Job reduzieren
Das unterstreicht auch die Wissenschaft. Prof. Dr. Tanja Segmüller, Hochschule für Gesundheit in Bochum, analysiert seit Jahren den Stellenwert betrieblicher Lösungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. „Acht Millionen Menschen brauchen in Deutschland im Alltag Hilfe, davon sind vier Millionen Betroffene in der Pflegeversicherung. Zwei Drittel von ihnen werden zuhause von den Angehörigen versorgt und viele von ihnen sind gezwungen, ihre Arbeitszeiten im Job zu reduzieren, um die besondere Belastung überhaupt stemmen zu können. Die dauerhafte Verfügbarkeit, immer erreichbar sein zu müssen, führt nicht selten zu einer Überbelastung und manchmal in die Depression.“
Alle Kampagnenbeteiligten leisten einen Beitrag, um das Bewusstsein für die Bedürfnisse pflegender Angehöriger zu steigern, sie zum Thema in Betrieb und Öffentlichkeit zu machen. Das hat man auch in der Landespolitik gemerkt. Zum runden Geburtstag kam deshalb auch Georg Oberkötter vorbei, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter NRW. Er machte deutlich, dass das 2015 preisgekrönte Vorbildprojekt im EN-Kreis Pate gestanden hat für den aktuellen Aufbau eines Servicezentrums der Landesregierung zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Ralf Stoffels, geschäftsführender Gesellschafter der BIW Isolierstoffe GmbH in Ennepetal, Präsident der Südwestfälischen IHK zu Hagen und Präsident von IHK NRW, der auch als Familienmitglied mit dem Thema konfrontiert ist, bringt es auf den Punkt: „Bisher sind es aber vielfach Verwaltungsbetriebe, die sich an der Kampagne beteiligen. Es müssen auch mehr verarbeitende Unternehmen aus der Industrie mitmachen. Viele dieser Betriebe sehen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf nicht in ihrer Priorität, aber wenn Mitarbeiter dauerhaft mit dieser Belastung leben müssen, folgt irgendwann die innere Kündigung. Das darf nicht sein.“
Das kann die Kampagne verhindern. Deshalb hofft Christa Beermann natürlich auf weitere Beitritte zur Kampagne. Interessierte Unternehmen finden Informationen unter www.arbeiten-pflegen-leben.de. Bei Fragen können sie sich an Christa Beermann wenden, Tel.: 02336/932223, E-Mail: c.beermann@en-kreis.de.anja