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Gesundheit

Aorten(klappen)stenose: So wird der Herzfehler behandelt

IMAGE im Gespräch mit Oberärztin Dr. Thi Anh Phuong Cong vom Ev. Krankenhaus Witten.

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Oberärztin Dr. Thi Anh Phuong Cong

Zu den bekannten Herzfehlern gehört die Aortenklappenstenose. Bei diesem Herzfehler ist der Auslass aus dem Herzen in die Körperhauptschlagader (Aorta) verengt. Zu ihrer Behandlung gibt es unterschiedliche Techniken.
Die Klinik für Innere Medizin am Ev. Krankenhaus Witten versorgt Betroffene mit einer Herzschwäche, mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzrhythmusstörungen sowie Herzklappenfehlern. Sind eine weiterführende invasive Diagnostik oder Therapie nötig, kann diese am EvK-Standort in Herne erfolgen. Das EvK Witten gehört neben den EvKs in Herne und Castrop-Rauxel zur Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne und Castrop-Rauxel.

IMAGE: Was ist eine Aortenstenose?
CONG: Der Begriff „Aortenstenose“ wird meist synonym verwendet für die Aortenklappenstenose. In seltenen Fällen ist wirklich eine Stenose der Aorta gemeint. Die Aortenklappenstenose ist der häufigste Herzklappenfehler bei Menschen über 65 Jahre. Sie kann angeboren sein – das ist in der Regel bei jüngeren Patienten der Fall – oder entsteht im Laufe des Lebens. Wir unterscheiden bei angeborenen Stenosen auch nach der Form der Aortenklappen, die zu unterschiedlich starken Beschwerden und Manifestationsalter führen können. Eine erste Diagnostik kann hier also bereits im Säuglingsalter erfolgen.
Die erworbene Aortenklappenstenose beruht in der überwiegenden Zahl der Fälle auf krankhaften Vorgängen, beispielsweise einer Verkalkung, einer Entzündung an den Herzklappen –Endokarditis– oder rheumatischem Fieber. Sie wird in der Regel erst im fortgeschrittenen Alter nach dem 60. Lebensjahr symptomatisch.

IMAGE: Und diese Erkrankung muss behandelt werden?
CONG: In jedem Fall - auch dann, wenn zu Beginn noch keine Beschwerden auftauchen. Unbehandelt kann diese Stenose nach einigen Jahren zu einer Erweiterung der Herzkammern und/oder der Hauptschlagader führen, verbunden mit einem Abfall der Pumpleistung des Herzens. Sie kann sich nicht eigenständig zurückbilden.
Die Aortenklappenstenose verursacht eine Druckbelastung für die linke Herzkammer. Diese muss mehr arbeiten, um ausreichend Blut in den Körper zu pumpen. Durch diese Mehrarbeit verdickt sich der Herzmuskel (Linkshypertrophie). Dieser Kompensationsmechanismus erschöpft sich jedoch mit der Zeit und es kommt zur Erweiterung der linken Kammer mit konsekutivem Pumpleistungsabfall – Herzschwäche. Durch die Hypertrophie kommt es zudem zu einer zunehmenden Versteifung – diastolische Dysfunktion – und dadurch schließlich zur Lungenstauung/-ödem. Rhythmusstörungen wie z.B. Vorhofflimmern können auftreten. Es kann zum plötzlichen Herztod (meist bei körperlicher Belastung) führen.

IMAGE: Welche Beschwerden hat der betroffene Patient?
CONG: Es gibt in der Regel drei typische Symptome der Aortenklappenstenose: Synkopen, Dyspnoe und Angina pectoris – übersetzt bedeutet das Ohnmacht, Atemnot beziehungsweise Kurzatmigkeit und anfallsartige starke Schmerzen in der Herzgegend, beispielsweise bei körperlicher Anstrengung oder Stress. Die Beschwerden verschlimmern sich im Laufe der Zeit.
Um sie abzuklären, stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung. Die Echokardiographie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens, die der Erkennung krankhafter Veränderungen dient. Sie ist eines der wichtigsten bildgebenden Verfahren in der Kardiologie.
Sie kann durch den Brustkorb (TTE-transthorakale Echokardiographie) oder mit einer Kurznarkose über die Speiseröhre (TEE-trans–ösophageale Echokardiographie) erfolgen. Zur Diagnostik stehen am EvK in Witten alle üblichen EKG-Verfahren wie 12-Kanal-EKG, Belastungs-EKG (Ergometrie) und Langzeit-EKG zur Verfügung.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Rhythmusüberwachung durch einen Überwachungsmonitor (Intermediate-Care-Betten).
Sind eine weiterführende invasive Diagnostik oder Therapie nötig, kann diese am EvK-Standort in Herne erfolgen.

IMAGE: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
CONG: Das ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und der Symptomatik der Patienten.
Zu Beginn steht neben regelmäßigen Untersuchungen oft eine medikamentöse Therapie. Ist ein Aortenklappenersatz erforderlich, kann dieser offen oder minimalinvasiv operiert bzw. kathetergestützt (transfemorale/transapikale TAVI) durchgeführt werden. Bei der offenen Operation wird der Brustkorb geöffnet, der Patient an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen und das Herz stillgelegt. Dann entfernt der Herzchirurg die krankhaft veränderte Klappe und ersetzt sie durch eine Klappenprothese. Es stehen dabei biologische und mechanische Klappen zur Verfügung. Mechanische Klappen halten in der Regel ein Leben lang, biologische Klappen aus Rinder- oder Schweineherzbeutelgewebe halten zwischen zehn und zwanzig Jahren. Wird eine mechanische Aortenklappe verwendet, muss der Betroffene für den Rest seines Lebens Medikamente einnehmen, die die Blutgerinnung hemmt. Bei der Verwendung von biologischen Klappen ist das nicht der Fall.  
Handelt es um eine angeborene Aortenklappenstenose bei jungen Patienten oder ist der Patient in einem guten Allgemeinzustand und noch weit unter etwa sechzig Jahren, dann kann möglicherweise auch eine Ross-Operation am offenen Herzen durchgeführt werden. Sie bietet eine Möglichkeit, die erkrankte Aortenklappe durch die patienteneigene Klappe der Lungenschlagader (sog. Pulmonalklappe) zu ersetzen.
Die Pulmonalklappe ist der Aortenklappe vom Aufbau her sehr ähnlich und eignet sich daher besonders gut, um die Funktion der Aortenklappe zu übernehmen. Die Pulmonalklappe wiederum wird ersetzt durch eine Spenderklappe.
IMAGE: Können minimalinvasive Verfahren oft angewandt werden?
CONG: In einem sog. „Herz-Team“, bestehend aus interventionellen Kardiologen, Kardiochirurgen, Fachärzten mit spezieller Expertise in der Bildgebung, wird entschieden, welches Verfahren für den jeweiligen Patienten infrage kommt.
Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) wird vor allem bei älteren Patienten mit einem hohen Operationsrisiko angewandt. Die neue Herzklappe wird dabei über einen Katheter an die erkrankte Stelle geschoben. Sie drückt die defekte Aortenklappe, die im Körper verbleibt, in die Schlagaderwand und nimmt deren Platz am Ausgang der linken Herzkammer ein. Bei diesem Verfahren ist der Vorteil, dass der Brustkorb nicht geöffnet werden muss und auch kein Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine notwendig ist.
Bei einem sehr schlechten Gesundheitszustand kann ausnahmsweise auch eine Ballonvalvuloplastie erfolgen. Dabei wird die Aortenklappe zunächst mit einem Ballon aufgedehnt. Danach wird entschieden, ob eine herkömmliche Herzoperation notwendig ist oder die TAVI zum Einsatz kommt. anja