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Sprockhövel

„Meine Eltern haben mich selbstbewusst erzogen“

Neue IMAGE-Serie „Starke Frauen“: Sprockhövels Bürgermeisterin Sabine Noll.

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Obwohl Frauen in Bildungsabschlüssen gleichauf oder sogar voraus sind und im Führungsbereich nicht weniger erfolgreich als Männer sind, ist ihr Anteil in Führungspositionen in Deutschland in den letzten zehn Jahren kaum gestiegen. „Frauen sind im Berufsleben oft rücksichtsvoller und kooperativer als Männer und nehmen die Bedürfnisse des ganzen Teams in den Blick. Das ist gut für das Team, aber nicht immer für die eigene Karriere. Es ist paradox: Wichtige Kompetenzen einer Führungskraft wie Empathie, Gemeinsinn und ein ausgleichendes Verhalten innerhalb der Gruppe sind auf dem Weg nach oben nicht eben förderlich. Ohne ein gewisses Maß an Selbstdarstellung wird es niemand in die Führungsetagen schaffen, ganz gleich, ob Mann oder Frau. Für viele Frauen, die zu lange an ihren Fähigkeiten gezweifelt haben, hat diese Tatsache aber durchaus Positives: Denn es ist nur ein kleiner Schritt aus dem Kreislauf der Selbstkritik, um ganz neue Perspektiven für die eigene Laufbahn zu erschließen,“ sagt Oliver Haberger, geschäftsführender Gesellschafter des Manager Instituts.
Vor diesem Hintergrund startet IMAGE eine neue Serie zum Thema „Starke Frauen“. In der Politik sind Frauen immer noch unterrepräsentiert. Und je höher das Amt, desto weniger weiblich – nur zehn Prozent der Bürgermeister-Ämter in Deutschland sind von Frauen besetzt. Der Ennepe-Ruhr-Kreis ist mit drei Frauen an der Spitze in Ennepetal, Herdecke und Sprockhövel gut vertreten. Sabine Noll (55) ist seit 2020 Bürgermeisterin in Sprockhövel. Sie ist der Auftakt zur neuen IMAGE-Serie „Starke Frauen“.

IMAGE: Ihre Kindheit lag in den siebziger Jahren. Waren Sie typisch Mädchen oder wurden Sie so erzogen?
NOLL: Ich komme aus einem Vier-Mädels-Haus und bin die älteste Tochter. Ganz sicher war ich kein typisches Mädchen. Im Sport habe ich mich für Fußball, Speerwerfen, Diskus und Rugby begeistert und selbst aktiv gespielt. Pfeil und Bogen habe ich mir selbst geschnitzt. Meine Mutter hat zu uns immer gesagt, wir könnten das Gleiche wie die Jungs und wenn sie einen Sohn hätte, müsste der genauso wie die Mädels die Geschirrspülmaschine ausräumen. Sie hätte keinen Unterschied gemacht und mit dieser Überzeugung bin ich aufgewachsen.

IMAGE: Sie haben bei der Stadtverwaltung Düsseldorf angefangen und Wirtschaftswissenschaften studiert. Lange Jahre waren Sie Kämmerin, also eine Frau der Zahlen. Mathe und Wirtschaft sind oft nicht unbedingt Lieblingsfächer der Mädchen. Die MINT-Förderung will das ändern – ein richtiger Weg?
NOLL: Die MINT-Fächer - Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik - gelten als Kernkompetenzen für Entwicklung und Forschung. Die Mädchen sind hier unterrepräsentiert. Daher ist es wichtig und richtig, sie zu fördern und für diese Fächer zu begeistern. Meine Liebe zu Mathe begann erst in der Oberstufe. Das hing mit einem Lehrer zusammen, der mathematische Vorgänge unglaublich gut und faszinierend erklären konnte, sodass man sie wirklich verstand. Das hat damals nicht nur bei mir zu besseren Noten geführt, sondern auch bei meinen Mitstreitern im Kurs.

IMAGE: Oft heißt es: Frauen müssen härter arbeiten und verdienen weniger als Männer. Teilen Sie diese These?
NOLL: Ja, das ist oft so und wird durch zahlreiche Statistiken belegt. Wer sein Gehalt verhandeln muss, der weiß in der Regel nicht, wieviel der Vorgänger verdient hat, ob und welche Unterschiede es in dem Unternehmen zwischen Männern und Frauen gibt. Der Arbeitgeber weiß das aber und sollte gerade in einer Zeit des Arbeitskräftemangels ein besonderes Augenmerk darauf legen, für gleiche Leistung und Erfahrung auch den gleichen Lohn zu zahlen - unabhängig vom Geschlecht. Besser sieht das bei Jobs aus, die an einen Tarifvertrag gebunden sind. Gleicher Lohn für gleiche Leistung sollte aber immer selbstverständlich sein.
IMAGE: Haben Sie schon einmal berufliche Nachteile erfahren, weil Sie eine Frau sind?
NOLL: Nein, unmittelbar nicht. Ich bin selbstbewusst erzogen worden und so trete ich auch auf. Allerdings kenne ich abwertende Bemerkungen sehr wohl. Frauen werden oft über Äußerlichkeiten definiert - im Wahlkampf waren meine Pumps beispielsweise ein großes Thema. Und ich wurde auch schon von wartenden Männern, die mich nicht kannten und an denen ich einfach nur vorbeiging, zum Kaffeekochen aufgefordert. Ich habe nichts gegen Kaffeekochen, aber ich glaube nicht, dass man einen Mann dazu aufgefordert hätte.

IMAGE: Führen Frauen anders als Männer?
NOLL: Ich glaube, das ist nicht vom Geschlecht, sondern von der Person abhängig. Führung bedeutet für mich, eine Situation zu erkennen und darauf adäquat zu reagieren und die Mitarbeiterschaft durch die Situation zu begleiten.

IMAGE: Gibt es für Sie weibliche und männliche Eigenschaften?
NOLL: Nach meiner Erfahrung neigen Männer eher zu seinem selbstbewussten Auftreten und Frauen stellen ihr Licht eher unter den Scheffel. Hier ist also das Elternhaus gefragt, die Mädchen zu selbstbewussten jungen Frauen erziehen sollten.

IMAGE: Wie beurteilen Sie das Verhältnis von Familie und Berufstätigkeit? Gehen Kinder und Beruf/Karriere zusammen?
NOLL: Besser als früher. Das ist auch abhängig davon, welcher Beruf ausgeübt wird. Im öffentlichen Dienst klappt das Verhältnis von Familie und Beruf aus meiner Sicht besser als in der freien Wirtschaft. Hier ist noch Luft nach oben.

IMAGE: Was raten Sie jungen Frauen heute in Sachen Berufsfindung und Berufstätigkeit?
NOLL: Seien Sie selbstbewusst. Es gibt nichts, was Sie als Frau nicht schaffen können.anja

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